Denkmaldatenbank

Schultheiss-Brauerei

Obj.-Dok.-Nr. 09050337
Bezirk Mitte
Ortsteil Moabit
Adressen Stromstraße 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17

Perleberger Straße 42
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Brauerei
Entwurf 1826
Datierung 1871-1904
Entwurf Koch, Friedrich (Baumeister)
Entwurf Lüdicke, G. (Baumeister)
Ausführung Rohmer, A. (Maurermeister)
Bauherr Actien-Brauerei-Gesellschaft Moabit

Hinter den flachen Behelfsbauten der Nachkriegszeit an der Ecke Turm- und Stromstraße, wirkt der blockhafte gelbe Backsteinbau der 1980 stillgelegten Schultheiss-Brauerei sehr imposant. (1) Die Brauerei an der Stromstraße 11-17, auf einem Gelände, das bis zur Perleberger Straße 42 reicht, gehört zu den markanten Bauwerken in Moabit. Bereits 1826-27 ließ Wilhelm Ludwig Crull, der Direktor der Preußischen Seehandlung, hier erste Brauereigebäude errichten. (2) Nach mehreren Besitzerwechseln firmierte die Brauerei unter Ahrens & Co. Bayerische Bierbrauerei zu Neu-Moabit. (3) Aber erst mit dem nächsten Eigentümer, der Actien-Brauerei-Gesellschaft Moabit, begann der Ausbau der heutigen Anlage. Zu den ältesten Bauteilen gehört das Sudhaus, das 1872-74 mit den nördlich anschließenden Kellereien von Friedrich Koch errichtet wurde. Der Architekt wählte für die Gestaltung der Backsteinfronten einen mittelalterlichen wehrhaften Burgenstil mit vorspringenden Ecktürmen, erkerartigen Türmchen, Giebeln und einem an Pechnasen erinnernden Bogenfries unter dem Dach. Die solide traditionelle und als typisch deutsch betrachtete Architektur sollte als Markenzeichen für die Qualität des hier gebrauten Bieres stehen. Zur Jahrhundertwende nahm G. Lüdicke eine größere Umgestaltung vor. Das Gebäude an der Stromstraße wurde 1898-99 verändert, aufgestockt und um ein neues Mälzerei- und Lagergebäude mit Kellerei erweitert, sodass sich eine lang gestreckte Straßenfront ergab. Mit Giebeln, Türmchen und Zinnen wurde der Burgenstil fortgesetzt. Das alte Sudhaus zeichnet sich durch vier hohe Bogenfenster ab. Dort wurde nach der Stilllegung der Brauerei 1980 eine Gaststätte eingerichtet, wobei man die alten kupfernen Braukessel in die Innenausstattung integrierte. An der Hofseite sind niedrige Backsteinbauten angeordnet. Dem Sudhaus folgen Mälzerei und Fassspeicherlager, dann schließt sich ein Lager- und Böttchereigebäude an, das man 1904 umbaute und 1898 um die Spül- und Pichhalle erweiterte. Der schmale, straßenartige Hof wird von weiteren Gebäuden an der rückwärtigen Grundstücksgrenze eingefasst. Neben den 1904 erbauten Pferdeställen, Remisen und Werkstätten macht das 1900-01 ausgeführte Kessel- und Leutehaus mit gotisierenden Giebeln auf sich aufmerksam. Die Actien-Brauerei-Gesellschaft Moabit wurde zur Jahrhundertwende von Patzenhofer übernommen. 1920 bildete sich die Schultheiss-Patzenhofer AG, die die Brauerei in Moabit als Auslieferungslager nutzte, bis sie 1980 stillgelegt wurde. Der gut erhaltene Gebäudekomplex dokumentiert die Entwicklung des Brauereiwesens in Berlin und verweist auf das Wachstum der Großstadt im 19. Jahrhundert, das die Ansiedlung von Brauereien dieser Größe erst ermöglichte.


(1) Koch, Friedrich: Die baulichen Anlagen der Brauerei Moabit bei Berlin. In: Deutsche Bauzeitung 9 (1875), S. 251-252; BusB 1877, Bd. 2, S. 196-199; BusB 1896, Bd. 1, S. 651; Wirth 1955, S. 254; Streich 1981, S. 415-417; Schwarz 1981, Bd. 2, S. 96-100; Hildebrandt/Lemburg/Wewel 1988, S. 88-89; Dehio Berlin 2000, S. 444-445.

(2) 1819 war dem Gärtner und Ackerbürger Joachim Friedrich Matthes für das dahin unbewohnte Terrain der Kämmereiheide ein Nutzungsrecht in Erbpacht eingeräumt worden. 1828 ließ er sich ein Haus an der Einmündung der Turmstraße erbauen, das, später aufgestockt, als Wohn- und Geschäftshaus der Brauerei diente und im Kern noch heute erhalten ist. Vom Ackerbürger und Gärtner Matthes übernahm Wilhelm Ludwig Crull das Gelände.

(3) zur früheren Besitzergeschichte siehe Schwarz 1981, Bd. 2, S. 99. Der Geheime Oberfinanzrat und Direktor der Preußischen Seehandlung Crull errichtete 1826 eine Brauerei, die nach seinem Tod 1832 der Porzellanfabrikant Johann Friedrich Ferdinand Schumann erwarb. Schumanns Sohn Ferdinand verkaufte sie 1840 an den Garde-Dragoner-Leutnant a. D. Freiherr Waldemar v. Wimpfen. 1841 wurde L. A. Ahrens, ein Verwandter des Freiherrn, stiller Teilhaber und 1853 Alleininhaber. Die Brauerei hatte sich schon seit ihrer Gründung auf die Herstellung des hellen bayerischen Biers spezialisiert. Seit 1851 firmierte die Brauerei als Ahrens & Co, Bayerische Bierbrauerei zu Neu-Moabit.

Literatur:

  • Deutsche Bauzeitung 9 (1875) 51 / Seite 251-252
  • Inventar Tiergarten, 1955 / Seite 254
  • Hildebrand/ Lemburg/ Wewel: Historische Bauwerke, 1988 / Seite 88
  • Reclam Berlin, 1991 / Seite 189
  • Berlin/ Residenzstadt, 1981 / Seite 415-417
  • Topographie Mitte/Tiergarten, 2005 / Seite 260f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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