Denkmaldatenbank
Auer-AG
09050292 | |
Bezirk | Mitte |
Ortsteil | Moabit |
Adressen | Friedrich-Krause-Ufer 24 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Fabrik |
Fertigstellung | 1938 |
Entwurf | Eiermann, Egon (Architekt) |
Bauherr | Auer-AG |
Am Südufer des Berlin-Spandauer Schiffahrtskanals erstreckt sich eine heterogene Stadtlandschaft, bei der Brachflächen mit einzelnen Fabrik- und Gewerbegebäuden wechseln. Auf dem verkehrsgünstig gelegenen Geländestreifen hatten sich mehrere Industrieunternehmen angesiedelt. Dazu gehörte auch die 1892 gegründete Auer-Gesellschaft, die mit der Herstellung von Glühlampen großen wirtschaftlichen Erfolg hatte. (1) Das 1934 zu Degea AG umbenannte Unternehmen ließ auf dem heutigen Grundstück Friedrich-Krause-Ufer 24 1937-38 einen modernen viergeschossigen Fabrikbau errichten, der Laboratorien, Verwaltungsräume und Produktionsflächen enthielt. (2) Mit der Planung wurde Egon Eiermann beauftragt, der hier erstmals einen größeren Industriebau ausführen konnte. Der Architekt entwarf ein winkelförmiges Gebäude, das sich mit beiden Flügeln der Torfstraße zuwendet, einer aus Wedding kommenden Straßenachse, die unmittelbar vor dem Fabrikgebäude rechtwinklig abknickt. (3) Die klare, sachliche Gestaltung des kubischen, mit Flachdach versehenen Gebäudes überrascht in Anbetracht des Baujahres. Die Architekturvorstellungen der nationalsozialistischen Machthaber, die zum Beispiel bei Staats- und Parteibauten durch schwere neoklassische Formen Macht demonstrieren wollten, schlossen im Industriebau eine funktionalistische Bauweise nicht aus. Hier konnten technischer Fortschritt und moderne Materialien offen gezeigt werden. Eine Baugenehmigung für diesen Komplex wurde aber von dem Generalbaudirektor Albert Speer nur mit der Auflage erteilt, dass das Gebäude nach 1942 gegebenenfalls wieder abzureißen sei, weil es im Einzugsbereich des neu zu erbauenden Nordbahnhofes lag. (4) Egon Eiermann ließ alle Wandflächen mit hellroten Ziegeln im Prüßverband verkleiden. Das weiße Fugennetz steht in einem spannungsvollen Kontrast zu den vollkommen flächigen Fassaden und den bündig eingesetzten, weiß gerahmten Fenstern. Die in Vierergruppen aufgereihten Rechteckfenster, die das Raster des tragenden Stahlbetonskeletts erkennen lassen, geben als einziges rhythmisierendes Element dem Bau ein elegantes Aussehen. Besonders die durchgängig verglasten Treppenhäuser im nordwestlichen Eckrisalit und die Dachaufbauten aus Sichtbeton mit den Ausblasöffnungen der Lüftung zeigen aus den 1920er Jahren bekannte Motive. Die Dachaufbauten sind in ihrer skulpturalen Form zugleich als Gegenpol zur harten Kontur des kubischen Gebäudes gedacht. Der Fabrikbau der Auer-Gesellschaft wurde 1987 grundlegend saniert. Heute dient das Gebäude als Sozialhilfestelle für Asylbewerber. Walter A. Noebel fügte 1994-96 einen Erweiterungsbau an, der mit seiner Fassadenverkleidung aus dunkelblauer Basaltlava einen eigenständigen Akzent setzt.
1) Der Chemiker Carl Freiherr Auer von Welsbach, dem 1885 die Erfindung des Glasglühkörpers gelungen war, gründete 1892 die Deutsche Gasglühlicht Aktiengesellschaft (Auer-Gesellschaft). Der Firmensitz lag in Berlin-Friedrichshain an der Warschauer Brücke, siehe Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Baudenkmale in Berlin. Bezirk Friedrichshain. Berlin 1996, S. 126-132. Die Auer-Gesellschaft gründete 1919 gemeinsam mit AEG und Siemens die Osram GmbH. Zur Firmengeschichte siehe Hildebrandt/Lemburg/Wewel 1988, S. 232.
2) Ein Fabrikbau im Norden Berlins. In: Bauwelt (29) 1938, Heft 35, Beilage, S. 4-8; Ein Fabrikbau im Norden Berlins. Architekt: Egon Eiermann, Berlin. In: Monatshefte für Baukunst und Städtebau 22 (1938), S. 340-344; A Factory near Berlin. In: The Architect and Building News 158 (1939), Nr. 3669, S. 42-43; Egon Eiermann 1904-1970. Bauten und Projekte. Hrsg. v. Wulf Schirmer. Stuttgart 1974, S. 22, 44, 287; Hildebrandt/Lemburg/Wewel 1988, S. 232-233; Dehio Berlin 2000, S. 443; Donath 2004, S. 97-98.
3) Die Torfbrücke, die den Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal überquerte, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.
4) Hildebrand, Sonja, Egon Eiermann, Die Berliner Zeit, Das architektonische Gesamtwerk bis 1945, Braunschweig, Wiesbaden 1999, S. 154-166.
Literatur:
- N.N./ Ein Fabrikbau im Norden Berlins. Arch. Egon Eiermann =Bauwelt 29 (1938) 35 / Seite 4-8
- Egon Eiermann (1904-1970). Bauten und Projekte, hrsg. v. Wulf Schirmer, Stuttgart 1984 / Seite 44 (dort weitere Lit.)
- Hildebrand, Lemburg, Wewel/ Historische Bauwerke, 1988 / Seite 70
- Hildebrandt, Sonja, Industriebauten Egon Eiermanns bis 1945 (oder ähnl. Titel), Magisterarbeit FU Berlin, 1993Topographie Mitte/Tiergarten, 2005 / Seite 309f.
Kontakt
Juliane Stamm
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