Denkmaldatenbank

Shellhaus

Obj.-Dok.-Nr. 09050287
Bezirk Mitte
Ortsteil Tiergarten
Adressen Reichpietschufer 60

Stauffenbergstraße
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Verwaltungsgebäude
Entwurf 1929
Datierung 1930-1932
Entwurf Fahrenkamp, Emil (Architekt)
Ausführung Siemens Bauunion (Baugesellschaft)
Bauherr Rhenania-Ossag Mineralölwerke

Das Shell-Haus am Reichpietschufer 60, Ecke Stauffenbergstraße, beherrscht mit seiner geschwungenen und gestaffelten Travertinfassade den Stadtraum am Landwehrkanal. Das zehngeschossige Hochhaus über einem trapezförmigen Grundriss, das 1930-32 nach Plänen des Düsseldorfer Architekten Emil Fahrenkamp für das zum Shell-Konzern gehörende Mineralölunternehmen Rhenania-Ossag errichtet wurde, gehört zu den bekanntesten Bürobauten der Weimarer Republik. (1) Mit seiner sachlichen Eleganz, der sicheren Linienführung und der gediegenen Werkstoffauswahl gilt das Shell-Haus als architektonisches Meisterwerk. Die sich wellenförmig aufbauende Architektur ist in dieser Art einzigartig, sie zeugt von der künstlerischen Leistung Emil Fahrenkamps, der nicht zur Avantgarde zählte, hier aber moderne Formen aufgriff und in eine moderate, gefällige Ausdrucksweise umsetzte. Der Stahlskelettbau, der durch eine Travertinverkleidung und asymmetrisch geteilte Fenster mit Stahlrahmung streifenförmig gegliedert wird, besitzt am Landwehrkanal eine wellenförmige, um je eine Fensterachse verspringende Fassade mit abgerundeten Ecken, wobei die Gebäudehöhe von sechs bis auf zehn Geschosse ansteigt. (2) Bemerkenswert ist die neuartige Konstruktion, die Gerhard Mensch entwarf, um das Geschäftshaus vor den Erschütterungen des Straßenverkehrs zu schützen. Das Shell-Haus, das einen innen liegenden Hof umschließt, ist auf einer bis etwa 9 m unter Straßenniveau reichende Eisenbetonwanne gegründet. Um Schwingungen zu absorbieren, sind die Seitenwände der Wanne durch einen 2 cm breiten Luftschlitz von den darüber liegenden Bauteilen getrennt, sodass das mit Gasbeton ausgefachte Stahlskelett praktisch erschütterungsfrei dasteht. Das Geschäftshaus wird durch drei große Treppenhäuser erschlossen, denen Fahrstühle beigeordnet sind. Es ist zweigeschossig unterkellert, wobei sich im ersten Kellergeschoss eine Tiefgarage erstreckt. Die Obergeschosse enthalten in ihrer Größe variable, überwiegend ein- und zweiachsige Büroräume. Im ersten Stockwerk befindet sich ein Sitzungssaal, im zehnten Geschoss sind das Kasino und die Küchenräume angeordnet. Die zeittypischen Flachdächer sind als Terrasse begehbar. Das Gebäude, das 1998-2000 umfassend restauriert wurde, (3) ist heute der Verwaltungssitz der GASAG.


1) Hoffmann, Herbert: Emil Fahrenkamp. In: Moderne Bauformen 28 (1929), S. 306-307; Ein Bürohausneubau in Berlin. In: Bautechnik 8 (1930), S. 743; Wieder ein Hochhaus im alten Westen Berlins. In: Deutsche Bauhütte 34 (1930), S. 361; Dietz: Rhenania-Ossag-Haus. In: Deutsche Bauhütte 35 (1931), S. 188; Mensch, Gerhard: Die Aussteifung von Stahlskeletthochhäusern. In: Der Stahlbau 4 (1931), S. 43-48; Die neuesten Bauten von Emil Fahrenkamp. In: Wasmuths Monatshefte für Baukunst und Städtebau 15 (1931), S. 145-146; Fahrenkamp, Emil: Das Shell-Haus in Berlin. In: Monatshefte für Baukunst und Städtebau 16 (1932), S. 361-376; Dürr: Das Shell-Haus in Berlin. In: Bauwelt 23 (1932), Heft 29, Beilage, S. 1-8; Mensch, Gerhard: Die Konstruktion des Verwaltungsgebäudes der Rhenania-Ossag. In: Zentralblatt der Bauverwaltung 52 (1932), S. 548-552; Schroeter, Alfons: Die Sicherung des Bürohauses der Rhenania-Ossag in Berlin gegen Verkehrserschütterungen. In: Bautechnik 11 (1933), S. 63-64; Wirth 1955, S. 265-266; Hüter 1987, S. 317-320; Geist, Jonas: Maritimer Schwung. Das Haus für die Shell AG von Emil Fahrenkamp. In: Das XX. Jahrhundert. Ein Jahrhundert der Kunst in Deutschland. Architektur in Berlin. Hrsg. v. Andres Lepik und Anne Schmedding. Köln 1999, S. 44-45; Dehio Berlin 2000, S. 442-443; Shell-Haus. Meilenstein Berliner Architektur. Eine Dokumentation. Hrsg. v. GASAG. Berlin 2000.

2) Die Abtreppung des Gebäudes war auch bedingt durch die Proteste der am Landwehrkanal wohnenden Villenbesitzer, die gegen das Hochhaus vor ihrer Tür protestiert hatten.

3) Die Fassade wurde wärmegedämmt, die Travertinverkleidung in modifizierter Bauart und die korrodierten Stahlfenster durch Bronzefenster ersetzt.

Literatur:

  • Inventar Tiergarten, 1955 / Seite 265-266
  • BusB IX 1971 / Seite 155-157, 202 (dort ausf. Lit.)
  • Dehio, Berlin, 1994 / Seite 236
  • Hüter: Architektur 1900-1933, 1987 / Seite 317-320
  • Hoffmann, Herbert: Emil Fahrenkamp, in: Moderne Bauformen 28 (1929) / Seite 306-307
  • Ein Bürohausneubau in Berlin, in: Bautechnik 8 (1930) / Seite 743
  • Wieder ein Hochhaus im alten Westen Berlins, in: Deutsche Bauhütte 34 (1930) / Seite 361
  • Dietz: Rhenania-Ossag-Haus, in: Deutsche Bauhütte 35 (1931) / Seite 188
  • Mensch, Gerhard: Die Aussteifung von Stahlskeletthochhäusern, in: Der Stahlbau 4 (1931) / Seite 43-48
  • Die neuesten Bauten von Emil Fahrenkamp, in: Wasmuths Monatshefte für Baukunst und Städtebau 15 (1931) / Seite 145-146
  • Fahrenkamp, Emil: Das Shell-Haus in Berlin, in: Monatshefte für Baukunst und Städtebau 16 (1932) / Seite 361-376
  • Dürr: Das Shell-Haus in Berlin, in: Bauwelt 23 (1932) 29 / Seite 1-8 (Beilage)
  • Mensch, Gerhard: Die Konstruktion des Verwaltungsgebäudes der Rhenania-Ossag, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 52 (1932) / Seite 548-552
  • Schroeter, Alfons: Die Sicherung des Bürohauses der Rhenania-Ossag in Berlin gegen Verkehrserschütterungen, in: Bautechnik 11 (1933) / Seite 63-64
  • Geist, Jonas: Maritimer Schwung. Das Haus für die Shell AG von Emil Fahrenkamp, in: Lepik, Andreas; Schmedding, Anne (Hrsg.): Das XX. Jahrhundert. Ein Jahrhundert der Kunst in Deutschland. Architektur in Berlin, Köln 1999 / Seite 44-45
  • Dehio Berlin 2000 / Seite 442-443
  • Topographie Mitte/Tiergarten, 2005 / Seite 127f.
  • GASAG (Hrsg.): Shell-Haus. Meilenstein Berliner Architektur. Eine Dokumentation, Berlin 2000 / Seite .
  • Lorenz, Werner; May, Roland; Staroste, Hubert: Ingenieurbauführer Berlin, Petersberg 2020 / Seite 264f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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