Denkmaldatenbank

ev. St. Matthäus-Kirche

Obj.-Dok.-Nr. 09050277
Bezirk Mitte
Ortsteil Tiergarten
Adressen Matthäikirchplatz
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Kirche ev.
Entwurf 1843
Datierung 1844-1846
Umbau 1909, 1956
Entwurf Stüler, Friedrich August (Architekt)
Entwurf Emmerich, Paul & Emmerich, Jürgen (Architekt)
Bauherr Friedrich Wilhelm IV. (König)

Auf dem Matthäikirchplatz, inmitten des Kulturforums, steht die 1844-46 erbaute evangelische St. Matthäus-Kirche, die an das Villenviertel zwischen Tiergarten und Landwehrkanal erinnert, das durch die nationalsozialistische Umgestaltung und die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs ausgelöscht wurde. (1) Der rechteckige Platz in der Art eines englischen chapel close, der sich im Grundriss noch immer deutlich abzeichnet, war ursprünglich von schmalen Vorgärten gesäumt und von einer geschlossenen Bebauung aus vornehmen klassizistischen Stadtvillen umgeben. Die evangelische Pfarrkirche wurde auf Anregung der wohlhabenden Bewohner des Tiergartenviertels errichtet, wobei König Friedrich Wilhelm IV. das Patronat übernahm. Friedrich August Stüler entwarf eine dreischiffige, nach Süden orientierte Hallenkirche im Rundbogenstil, die durch Lisenen und waagerechte dunkelrote Ziegelstreifen gegliedert wird. Mit der Backsteinverkleidung, dem sparsamen Terrakottaschmuck und den stereometrischen Grundformen ist St. Matthäus ein typisches Beispiel für die klassizistische Baukunst der Schinkelschule. Die Kirchenschiffe zeichnen sich außen durch drei parallel angeordnete Satteldächer ab. An den beiden Fensterreihen der Längsseiten und den gestaffelten Dreifenstergruppen kann man erkennen, dass die Seitenschiffe durch Emporen geteilt sind. An das Mittelschiff schließt sich eine halbrunde Hauptapsis an, die von Nebenapsiden flankiert wird. Aufgrund der geringen Größe des Matthaikirchplatzes konnte kein freistehender Campanile errichtet werden. Friedrich August Stüler stellte den Kirchturm daher in das Mittelschiff ein. Mit der Arkadengalerie über dem Turmschaft, den Ecktürmchen, dem achteckigen Aufsatz und dem kupfergedeckten Spitzhelm erinnert er an den ähnlichen, einige Jahre später errichteten Kirchturm von St. Johannis in Moabit. Der Dekor der Apsis mit quadratischen Feldern und lombardischen Rosetten ist durch St. Maria della Grazie in Mailand angeregt. Auch der offene Dachstuhl folgte frühchristlichen Vorbildern. Die Pfarrkirche des Tiergartenviertels sollte der geplanten Nord-Süd-Achse weichen, blieb aber am alten Standort stehen. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs brannte sie aus. (2) Beim Wiederaufbau 1956-61 durch Paul und Jürgen Emmerich wurde der Innenraum dem Zeitgeist entsprechend neu gestaltet, sodass die Hallenschiffe heute durch nüchterne Betonbinder gegliedert werden.


1) Hegel, Immanuel: Die Geschichte der Gründung und ersten 25 Jahre der St. Matthäus-Kirche zu Berlin. Dargestellt zur Feier des Kirchweihfestes 1871. Berlin 1871; BusB 1877, Bd. 1, S. 131; BusB 1896, Bd. 2, S. 161; Geschichte der Gründung und der ersten fünfzig Jahre der St. Matthäus-Kirche zu Berlin. Im Auftrage der Gemeindeorgane dargestellt zur Feier des Kirchweihfestes am Sonntage Rogate 1896. Berlin 1896; Lütkemann 1926, S. 121-123; Wirth 1955, S. 46-48; Kühne/Stephani 1978, S. 268-270; Schmidt 1981, S. 142-145; Badstübner, Ernst und Badstübner-Gröger, Sibylle: Kirchen in Berlin. Berlin 1987, S. 65; Klinkott 1988, S. 97-101; Burger, Wilhelm: Zur Geschichte der St. Matthäus-Gemeinde. In: Vom Alten Westen zum Kulturforum. Das Tiergartenviertel in Berlin - Wandlungen einer Stadtlandschaft. Hrsg. v. Olav Münzberg. Berlin 1988, S. 60-68; Krüger, Jürgen: Rom und Jerusalem. Kirchenbauvorstellungen der Hohenzollern im 19. Jahrhundert. Berlin 1995, S. 157-158, 160, 171, 174; BusB VI, S. 60-62;

Börsch-Supan/Müller-Stüler 1997, S. 532-534; Dehio Berlin 2000, S. 423;

Goetz/Hoffmann-Tauschwitz 2003, S. 145-146.

2) Vom Altar, 1859 gemalt von Carl Hermann, blieb ein Seitenflügel erhalten, der heute außerhalb des Kirchenraums aufbewahrt wird. In der Kirche ist ein Christuskopf von Gerhard Marcks und ein spätgotischer Schmerzensmann der Werkstatt von Tilman Riemenschneider zu sehen, außerdem gehören ein Kruzifix von Gerhard Schreiter und eine Leuchtergruppe von Rudi H. Wagner zur Ausstattung.

Literatur:

  • Inventar Tiergarten, 1955 / Seite 46-48 (mit ausf. Lit.-Angaben)
  • Klinkott: Backsteinbaukunst, 1988 / Seite 97-101
  • Krüger, Jürgen: Rom und Jerusalem. Kirchenbauvorstellungen der Hohenzollern im 19. Jahrhundert, Berlin 1995 / Seite 157f., 160, 171, 174
  • Topographie Mitte/Tiergarten, 2005 / Seite 123f.
  • Geschichte der Gründung und der ersten fünfzig Jahre der St. Matthäus-Kirche zu Berlin, Berlin 1896 / Seite .
  • Börsch-Supan, St. Matthäus, 1991

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

Verkehrsanbindungen