Denkmaldatenbank
Poststadion
09050275 | |
Bezirk | Mitte |
Ortsteil | Moabit |
Adressen | Lehrter Straße 59 |
Denkmalart | Gesamtanlage |
Sachbegriff | Sportanlage & Stadion & Schwimmhalle |
Datierung | 1926-1929 |
Entwurf | Demmler, Georg (Architekt) |
Entwurf | Daniel (Architekt) |
Bauherr | Postsportverein |
Der Exerzierplatz wurde nach dem Ersten Weltkrieg im Rahmen der vom Versailler Vertrag festgelegten Abrüstung aufgegeben. Im östlichen Abschnitt errichtete der Postsportverein der Reichspost 1926-29 das Poststadion, Lehrter Straße 59, das mit einem weiträumigen Sportpark verbunden ist. (1) Die von Georg Demmler entworfene Anlage, bei der Rasen-, Wasser- und Hallensportarten in einer großen "Volkssportstätte" zusammengefasst sind, war Vorbild für ähnliche Sportparks, die in den Jahren der Weimarer Republik in deutschen Städten angelegt wurden. Die Mustersportanlage dokumentiert anschaulich die sozial motivierte Freiflächenpolitik, die in Berlin von Stadtbaurat Martin Wagner betrieben wurde. (2) Die Mitte der Sportstätte beansprucht ein großes Wettkampfstadion mit Tribünengebäude. Die Arena war von zehn Tennisplätzen, einem Tennisstadion, vier Fußballplätzen, einer Schwimm- und Ruderhalle und einem Sommerbad umgeben. Während das Poststadion und die Schwimmhalle die Kriegsereignisse überstanden haben, sind die Sportplätze mit dem Sommerbad, das nach 1945 neu entstand, nur noch in Resten erhalten. Auf dem Gelände wurden in der Nachkriegszeit größere Sport- und Übungsflächen angelegt.
Der Haupteingang an der Lehrter Straße ist in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten geblieben. Der Vorplatz wird von Kassenhäuschenreihen eingefasst, die einen trichterförmigen Eingangsbereich flankieren. Die backsteinsichtigen Häuschen sind mit Walmdächern versehen, während die Eingangsecken mit Haubendächern hervorgehoben wurden.
Das Sportstadion, das zu den größten Sportanlagen Berlins gehört, besteht aus einer ovalen Arena mit Laufbahn, umgeben von einem ansteigenden aufgeschütteten Erdwall mit Zuschauerstehstufen, und einem Tribünengebäude an der südlichen Längsseite. Das blockhafte Gebäude, das im Erdgeschoss eine Kegelbahn besaß und zugleich als Vereinshaus fungierte, präsentiert sich mit seiner weithin sichtbaren Rückfassade. Architekt Kleefeld gestaltete eine symmetrische Fassade, die, scheinbar durchdrungen von kubischen, vorgezogenen Baukörpern, durch vertikale, spitz geformte lisenenartige Ziegelbänder rhythmisch gegliedert wird. Die Lisenen und die nicht mehr vorhandenen zackigen Dachaufsätze sind der zeitgenössischen expressionistischen Architektur verhaftet. Zur Arena öffnet sich die Tribüne mit einer stählernen Dachkonstruktion. (3) Das feingliederige Tragwerk erinnert an das von August Endell gestaltete Tribünenhaus der Trabrennbahn Mariendorf.
Zusammen mit dem Poststadion wurde das Hallenbad errichtet, dem eine Ruderhalle angegliedert ist. (4) Die technische Leitung lag in den Händen von Georg Demmler, während die künstlerische Ausführung Regierungsbaumeister Daniel oblag. 1992-94 wurde das Hallenbad in eine Turnhalle umgebaut. Das brachte zwar gravierende Veränderungen, aber die charakteristische Bau- und Konstruktionsform blieb bewahrt. Nicht erhalten sind die transparenten Fensterbänder am umlaufenden zweigeschossigen Anbau sowie die expressive Farbigkeit, die außen wie innen auf dem Kontrast von blauen und weißen Elementen beruhte. So waren die Fassaden mit einem dunkelblauen Putz versehen, von dem sich die weiß gestrichenen Fenster und Türen deutlich abhoben. Heute sind die Fronten einheitlich weiß gestrichen. Die in der Mitte herausragende spitzbogige Überdachung deutet auf die Konstruktion des Hallenbades hin. Steil aufstrebende, freiliegende Eisenbetonbinder überspannen den Hallenraum, der expressiv übersteigert an gotische Kathedralen denken lässt. Mit der sachlichen Gestaltung ohne dekorative Staffage erweist sich das Hallenbad als modernes Volksbad der 1920er Jahre. Das Wasserbecken ist heute nicht mehr zu sehen, es wurde beim Umbau zur Turnhalle beseitigt. Die Ruderhalle im hinteren Teil des Gebäudes hat dagegen ihre ursprüngliche Raumgestaltung bewahrt.
Westlich des Sportstadions blieb ein Teil des alten Exerzierplatzes erhalten. Das Gelände wurde in der Nachkriegszeit genutzt, um Trümmerschutt aus dem kriegszerstörten Berlin anzuschütten. Über den Trümmerhügeln gestaltete das Gartenbauamt Tiergarten mit seinem Leiter Willy Alverdes 1949-55 den Fritz-Schloß-Park, eine weitläufige Grünanlage mit geschwungenen Wegen.
1) Maul, Maximilian: Architekt Georg Demmler und seine Sportplatzanlagen. In: Neue Baukunst 3 (1927), Heft 23, S. 3-10; Handbuch der Architektur. Vierter Teil. Entwerfen, Anlage und Einrichtung der Gebäude. 4. Halbband. Gebäude für Erholungs-, Beherbergungs- und Vereinszwecke. Heft 3. Anlagen für Sport und Spiel. Leipzig 1928, S. 58-60; Rund um den Tiergarten. Fünf Jahre Aufbau. Bericht des Verwaltungsbezirks Tiergarten. Hrsg. v. Bezirksamt Tiergarten von Berlin. Berlin 1950, S. 77-79; Wirth 1955, S. 111-112; Verloren, gefährdet, geschützt. Baudenkmale in Berlin. Hrsg. v. Norbert Huse. Berlin 1988, S. 206; Becker/Jacob/Hellweg/Schmoll 1991, S. 66-69, 102-105; BusB VII C, S. 16-18, 179-180.
2) Verloren, gefährdet, geschützt. Baudenkmale in Berlin. Hrsg. v. Norbert Huse. Berlin 1988, S. 206; siehe auch Wagner, Martin: Städtische Freiflächenpolitik. Berlin 1915; Wagner, Martin: Freiflächenpolitik. In: Denkschrift 2 des Amtes für Stadtplanung. Berlin 1929.
3) Die Dachkonstruktion wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, aber identisch wiederaufgebaut.
4) Maul, Maximilian: Architekt Georg Demmler und seine Sportplatzanlagen. In: Neue Baukunst 3 (1927), Heft 23, S. 3, 13; [Hallenbad des Post-Sportvereins in Berlin] in: Bauwelt 20 (1929), S. 1245, Bauten für Leibesübungen. In: Bauwelt 21 (1930), Heft 10, Beilage, S. 1-3; BusB VII C, S. 200.
Literatur:
- Bauwelt 21 (1930) 10 / Seite 328ff.
- N.N./ Neue Sportanlagen von Architekt Georg Demmler, Berlin-Wilmersdorf, Rudolstädter Straße in Neue Baukunst (o.J.) / Seite Sonderdruck
- Der Leichtathlet 8 (1931) / Seite 1, Georg Demmler (+)
- Inventar Tiergarten, 1955 / Seite 111-112
- Katamon Exposé / Seite 247
- Topographie Mitte/Tiergarten, 2005
Kontakt
Juliane Stamm
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