Denkmaldatenbank

Hamburger Bahnhof, Museum zum Verkehrs- und Baumuseum, Museum für Gegenwart

Obj.-Dok.-Nr. 09050268,T
Bezirk Mitte
Ortsteil Moabit
Adressen Invalidenstraße 50, 51
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Bahnhof (F) & Ausstellungsgebäude & Museum
Datierung 1846-1847
Umbau 1905-1906, 1910-1911, 1914-1916, 1984-1987, 1992-1996, 2003-2004
Entwurf Neuhaus, Georg Ernst Friedrich & Holz, Ferdinand Wilhelm (Architekt)
Entwurf Schwartz, Ernst (Architekt)
Entwurf Kampmann, Winnetou & Weström, Ute (Architekt)
Entwurf Kleihues, Josef Paul (Architekt)
Entwurf Kuehn, Wilfried & Kuehn, Johannes & Simona, Malvezzi (Architekt)
Bauherr Berlin-Hamburger-Eisenbahngesellschaft (Eisenbahngesellschaft)
Bauherr Preußisches Ministerium der Öffentlichen Arbeiten (Ministerium)
Stiftung Preußischer Kulturbesitz Stiftung

Unmittelbar neben dem Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal steht der Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße 50, 51, der seit 1996 ein Museum für zeitgenössische Kunst beherbergt. (1) Der 1845-47 außerhalb der damaligen Stadtmauer erbaute Endbahnhof der Berlin-Hamburger Eisenbahngesellschaft ist als einziger Kopfbahnhof Berlins aus der Frühzeit des Eisenbahnverkehrs erhalten geblieben. Alle anderen Berliner Fernbahnhöfe der ersten Generation wurden später durch repräsentative Neubauten ersetzt. Diese Kopfbahnhöfe, die einst das Stadtbild prägten, sind im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach abgerissen worden. Der Hamburger Bahnhof, der zu den ältesten Bahnhöfen Deutschlands gehört, wirkte typenbildend und beeinflusste die Architektur der großen Kopfbahnhöfe in Berlin und in den preußischen Provinzen. Der Begründer und Direktor der Berlin-Hamburger Eisenbahngesellschaft, Friedrich Neuhaus, entwarf gemeinsam mit Baumeister Ferdinand Wilhelm Holz ein funktionelles Bahnhofsgebäude in spätklassizistischen Formen mit Einflüssen aus der italienischen Renaissance. (2) Friedrich Neuhaus verstand es, die eisenbahntechnischen Erfordernisse mit den Wunsch der Eisenbahngesellschaft nach einem repräsentativen Erscheinungsbild zu vereinen. Die Anlage umfasste einen als Riegel ausgebildeten Kopf mit Schaufassade zur Stadt und eine von Seitenflügeln umschlossene Bahnsteighalle. Der Mittelbau beherrscht mit den beiden monumentalen Rundbogenportalen, einst geöffnet für die Durchfahrt der Lokomotiven zur davorliegenden Drehscheibe, der Rundbogenloggia des Obergeschosses und den beiden blockhaften Türmen den Stadtraum an der Invalidenstraße.

Facettenreich ist die Nutzungs- und Baugeschichte des Bahnhofs. Nach der Verstaatlichung der Berlin-Hamburger Eisenbahn genügte die Station nicht mehr dem gewachsenen Verkehrsaufkommen, sodass sie 1885 geschlossen werden musste. In den Seitenflügeln wurden Wohn- und Verwaltungsräume eingerichtet, die Bahnsteighalle brach man ab. An ihre Stelle trat 1905-06 die noch heute vorhandene dreischiffige Ausstellungshalle. Sie wurde für das 1906 eröffnete Verkehrs- und Baumuseum errichtet. Mit Bedacht ließ Ernst Schwarz, der für den Museumsumbau zuständig war, das äußere Erscheinungsbild des Hamburger Bahnhofs unberührt, denn das Gebäude sollte als Dokument der Eisenbahnentwicklung selbst ein Bestandteil des Museums sein. 1911 und 1916 kamen seitlich des Hauptbaus zwei Seitenflügel hinzu, die bis zur Invalidenstraße reichen und einen Ehrenhof ausbilden. Mit ihren zurückhaltend gestalteten klassizistischen Fassaden passen sie sich einfühlsam ein, sodass ein harmonisches Ensemble von großer architektonischer Geschlossenheit entstand.

Der Bahnhof wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, das Bau- und Verkehrsmuseum musste geschlossen werden. 1984 übernahm der West-Berliner Senat den ruinösen Museumsbahnhof. 1996 wurde dort das Museum für zeitgenössische Kunst eröffnet, eine Abteilung der Neuen Nationalgalerie unter dem Dach der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz. Betritt man das Gebäude, dann blickt man in eine beeindruckende dreischiffige Halle. Schön geschwungene Eisenfachwerkbinder, deren Untergurte unmittelbar über dem Fußboden ansetzen, gliedern das Mittelschiff, während weitgespannte Rundbogen zu den flach gedeckten Seitenschiffen überleiten. Oberlichter und Obergadenfenster sowie die komplett verglaste Nordwand geben dem Hallenraum ausreichend Licht. Die Neugestaltung des Museums geht auf Josef Paul Kleihues zurück, der östlich der Mittelhalle eine lang gestreckte Galerie anfügte. (3) Sie präsentiert sich außen mit einer äußerst sachlichen Metallplattenverkleidung, während der fugen- und fensterlose Innenraum mit seinem teilweise verglasten Tonnendach eine einfache wie großartige Raumperspektive bietet.


1) Hoffmann, Friedrich: Der Bahnhof der Berlin-Hamburger Eisenbahn in Berlin. In: Zeitschrift für das Bauwesen 6 (1856), Sp. 487-496, Atlas, Bl. 54-59; BusB 1877, Bd. 2, S. 89-93; Berlin und seine Eisenbahnen 1896, Bd. 1, S. 210-223; BusB 1896, Bd. 1, S. 266-268; Brüstlein: Das neue Verkehrs- und Baumuseum in Berlin. In: Zentralblatt der Bauverwaltung (26) 1906, S. 648-650; Wirth 1955, S. 177-178; BusB X B (2), S. 130, 139; 135 Jahre Hamburger Bahnhof - 75 Jahre Verkehrs- und Baumuseum Berlin (1846-1906-1981). Berlin 1981; Steinle, Holger: Ein Bahnhof auf dem Abstellgleis. Der ehemalige Hamburger Bahnhof in Berlin und seine Geschichte. Berlin 1983; Steinle, Holger: Eine Zukunft für die Vergangenheit. Was geschieht mit dem ehemaligen Hamburger Bahnhof in Berlin? in: Der Bär von Berlin 33 (1984), S. 67-78; Gottwald, Alfred und Steinle, Holger: Verkehrs- und Baumuseum Berlin. Der "Hamburger Bahnhof". Berlin 1984; Der Hamburger Bahnhof. Geschichte und Gegenwart. Berlin 1987; Reissig, Harald: Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße 51/52. In: Geschichtslandschaft 1987, S. 300-310; Dehio Berlin 2000, S. 448.

2) Die Bauleitung übernahm Baumeister Arnold. Der in spätklassizistischen Formen ausgeführte Bahnhof lehnte sich an Vorbilder der italienischer Renaissance an. Das betrifft vor allem die im Villenstil entworfenen Türme und Rundbogenhallen. Stilbildend könnte der nicht ausgeführte Entwurf von Friedrich August Stüler und Heinrich Strack für den Bahnhof Pawlowsk gewesen sein, siehe Börsch-Supan 1977, S. 42.

3) Die erste Instandsetzung und Wiederherstellung der Seitenflügel des Hauptbaus erfolgte unter Leitung von Winnetou Kampmann und Ute Weström.

Literatur:

  • Reissig, Harald: Hamburger Bahnhof, in: Geschichtslandschaft, Tiergarten 2, 1987 / Seite 300-310
  • Hamburger Bahnhof kriegt Flügel. Joseph Kleihues gewann den Architekten-Wettbewerb für das neue Kunstmuseum, in: Die Tageszeitung, 05.12.1989 / Seite .
  • Steinle, Holger: Ein Bahnhof auf dem Abstellgleis..., Berlin 1983 / Seite .
  • Tomisch, Jürgen: Die Geschichte des Hamburger Bahnhofs in Berlin, Berlin 1984 / Seite .
  • Topographie Mitte/Tiergarten, 2005 / Seite 305f.
  • Architekten- und Ingenieursverein Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil X, Band B, 2, Fernverkehr, Berlin 1984 / Seite .
  • Costanzo, Michele: Josef Paul Kleihues: Die Museumsplanung als Erfahrungsweg; in: Costanzo, Michele; Giorgi, Vincenzo: Josef Paul Kleihues. Archietture museali. Mailand 1991 / Seite 14-99
  • Gottwald, Alfred; Steinle, Holger: Verkehrs- und Baumuseum Berlin. Der Hamburger Bahnhof, Berlin 1984 / Seite .
  • Hoffmann, Friedrich: Der Bahnhof der Berlin-Hamburger Eisenbahn in Berlin; in: Zeitschrift für das Bauwesen, 6, 1856 / Seite 487-496
  • Kleihues, Josef Paul: Hamburger Bahnhof. Abteilung für zeitgenössische Kunst der Nationalgalerie; in: Katalog Standorte - Standpunkte 1994 / Seite 94-99
  • Rumpf, Peter: Der Hamburger Bahnhof als Museum für Gegenwart; in: Bauwelt, 47, 1996 / Seite 2664-2670

Teilobjekt Güterhalle (Rieckhallen)

Teil-Nr. 09050268,T,001
Sachbegriff Lagerhalle
Datierung 1961/1969

Teilobjekt Galerieflügel

Teil-Nr. 09050268,T,002
Sachbegriff Ausstellungsgebäude
Datierung 1992-1996
Entwurf Kleihues, Josef Paul (Architekt)

Teilobjekt Verbindungsbau

Teil-Nr. 09050268,T,003
Sachbegriff Übergang
Datierung 2003-2004
Entwurf Kuehn, Wilfried & Kuehn, Johannes & Malvezzi, Simona (Architekt)

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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