Die Hausgruppe Genthiner Straße 30 A-C, F-K wird als Begaswinkel bezeichnet. Obwohl vier der ehemals zehn Villen durch Neubauten ersetzt sind, vermitteln die Wohnhäuser mit ihren spätklassizistischen Proportionen und Stilformen eine Vorstellung von Lebensart und Wohnstil des wohlhabenden Bürgertums im "Alten Westen". Die 1872-73 erbaute Hausgruppe geht auf den Hofbaurat des Herzogs von Oldenburg, Ernst Klingenberg, zurück, der hier als Architekt und Bauherr auftrat und zur gleichen Zeit eine ganz ähnliche Wohnanlage an der Potsdamer Straße ausführte. Mit beiden Vorhaben sollten abseits vom Straßenverkehr ruhige exklusive Wohnungen für den gehobenen Anspruch geschaffen werden. Als Vorbild dienten Wohnhöfe in Paris, nur dass man hier mehr Platz zur Verfügung hatte, der für die Anlage von Vorgärten oder kleinen Hintergärten ausreichte. Die abgeschiedene Lage zog Künstler und Gelehrte an. Zu den ersten Bewohnern gehörte der Maler Adalbert Begas, der im Haus 30 I hinter den heute noch bestehenden hohen Bogenfenstern des Obergeschosses sein Atelier hatte. (1) Nach ihm wurde die Baugruppe Begaswinkel genannt. Dem Maler folgten prominente Künstler, zum Beispiel der Kunstkritiker und Maler Julius Meier-Graefe, der von 1903 bis 1910 im Begashaus wohnte. Zu seinen Gästen zählten Gerhart Hauptmann, Rainer Maria Rilke und Hugo v. Hoffmannsthal. (2) Das städtische Idyll schmückt ein Brunnen mit einer Narzissfigur von Kube & Starcke. Die Skulptur in der Mitte des Wendeplatzes wurde 1962 rekonstruiert.
1) Der Maler Albert Begas (1836-1888) war der Bruder des Bildhauers Reinhold Begas.
2) Voß, Karl: Reiseführer für Literaturfreunde. Berlin. Frankfurt am Main 1980, S. 237-238; Pomplun, Kurt: Von Häusern und Menschen. Berliner Geschichten. Berlin 1976, S. 80 ff.