Denkmaldatenbank
ev. Reformationskirche
09050229 | |
Bezirk | Mitte |
Ortsteil | Moabit |
Adressen | Beusselstraße 35 Wiclefstraße 33, 35 |
Denkmalart | Gesamtanlage |
Sachbegriff | Kirche ev. & Pfarrhaus & Gemeindehaus |
Entwurf | 1901 |
Datierung | 1904-1910 |
Umbau | 1974 |
Entwurf | Schwartzkopff, Ernst |
Entwurf | Dinklage und Paulus (Architektengemeinschaft) |
Ausführung | Heinrich Eicke (Baugeschäft) |
Bauherr | Gemeindekirchenrat der Heilandsgemeinde |
Das Wahrzeichen des Beusselkiezes ist die evangelische Reformationskirche, die 1905-07 auf dem Eckgrundstück Beusselstraße 35 und Wiclefstraße 33-35 errichtet wurde. (1) Die Baugruppe besteht aus einem markanten Kirchturm an der Straßenkreuzung, dem nach Osten orientierten Kirchenschiff sowie Pfarr- und Gemeindehäusern, die zu den benachbarten Mietshäusern überleiten. Den Entwurf hatte Dombaumeister Ernst Schwartzkopff geliefert, der jedoch kurz nach der Grundsteinlegung verstarb, sodass die Planung von August Dinklage und Ernst Paulus grundlegend überarbeitet wurde. Die evangelische Pfarrkirche konnte 1907 geweiht werden, die Pfarr- und Gemeindehäuser waren erst 1910 fertig gestellt. Durch die Kriegszerstörungen hat der Kirchturm seine raumbeherrschende Dominanz teilweise verloren, denn beim vereinfachten Wiederaufbau, der bis 1953 dauerte, wurde der steile, außerordentlich hohe Turmhelm nicht wiedererrichtet. (2) Die sich kreuzenden Dächer der Turmgiebel erhielten einen kleinen Dachreiter. August Dinklage und Ernst Paulus verstanden es, durch eine geschickte Anordnung der Bauteile und eine differenzierte Anwendung neogotischer Stilelemente das Bild einer historisch gewachsenen Baugruppe zu vermitteln. Angeregt vom damaligen Leitbild des malerischen Städtebaus wurde versucht, die Dichte der mittelalterlichen Stadt nachzubilden. An der Beusselstraße setzt das Pfarrhaus die Fluchtlinie der benachbarten Mietshäuser fort, während ein Treppenturm zum zurückgesetzten Westgiebel der Kirche vermittelt. Das Gemeindehaus lehnt sich noch hinter dem Chor mit einem zum Teil wieder aufgebauten Seitenflügel an das Kirchenschiff an. Der kriegszerstörte vordere Bauteil wurde 1970 durch ein neues Gemeindezentrum mit Kindergarten ersetzt. Die Architekten Peter Lehrecke und Siegfried Radtke versuchten dabei, die städtebauliche Situation wieder herzustellen. Der Kirchturm verleiht den gestaffelten Bauten einen engen Zusammenhalt. Deren Geschlossenheit ergibt sich auch aus der einheitlich roten Backsteinverkleidung. Die dreischiffige Hallenkirche zeigt nach beiden Straßenseiten lebhaft gegliederte Backsteinfassaden mit spitzbogigen, weiß gefassten Putzblenden und großen markanten Rundfenstern am Querhaus sowie am Westgiebel. Die Balkone des Kirchturms, die über vertikal aufstrebenden gitterartigen Blendfeldern hervorwachsen, erinnern an mittelalterliche Wehrbauten. Im Bogenfeld über dem Doppelportal an der Beusselstraße ist ein Standbild Martin Luthers angebracht. Die Sandsteinskulptur, die auf den Namen der Kirche hinweist, zitiert das 1868 aufgestellte Lutherdenkmal von Ernst Rietschel in Worms. (3)
1) [Reformationskirche] in: Berliner Architekturwelt 8 (1906), S. 317; Schmidt, Carl: Evangelische Kirchen und kirchliches Gemeindeleben in Moabit. Berlin 1925, Nr. 4; Hach 1925, S. 14; Lütkemann 1926, S. 89-92; Hach 1925, S. 14; Wirth 1955, S. 56-57; Kühne/Stephani 1978, S. 275-276; BusB VI, S. 386; Kuckuck, Anke: Geschichten aus der Reformationsgemeinde. In: Beusselkiez und Hutteninsel. Hrsg. v. S.T.E.R.N. Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung Berlin mbH. Berlin 1993, S. 70-75; Goetz/Hoffmann-Tauschwitz 2003, S. 131.
2) Der Wiederaufbau erfolgte bis 1953 unter der Leitung von H. Brokerhoff und Walter Jarchow, wobei der Dachreiter über dem Kirchturm erst später aufgesetzt wurde.
3) Das von Ernst Rietschel geschaffene Standbild Martin Luthers, zugehörig zum Reformationsdenkmal in Worms, prägte das Lutherbild im 19. und 20. Jahrhundert. Wiederholungen den Denkmals wurden in vielen deutschen Städten aufgestellt. In Berlin steht Ernst Rietschels Lutherdenkmal vor der Marienkirche.
Literatur:
- Hach: Moabit / Seite 14
- Schmidt, Karl: Evangelische Kirchen und kirchliches Gemeindeleben in Moabit, Berlin 1925 Lütkemann, Wilhelm: Die evangelischen Kirchen Berlins (Alte Stadt), Berlin 1926 / Seite 89-92
- Inventar Tiergarten, 1955 / Seite 56-57
- Beusselkiez und Hutteninsel, Berlin 1993 / Seite 70ff.
- Schneider, Peter (Hrsg.): Berlin - Bauwerke der Neugotik, Berlin 1984 / Seite 51, 112
- Katamon Exposé / Seite 290f.
- Topographie Mitte/Tiergarten, 2005
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem
- Tel.: (030) 90259-3653
- Fax: (030) 90259-3700
- E-Mail juliane.stamm@lda.berlin.de
Verkehrsanbindungen
-
U-Bahn
-
Bus
-
Jüdenstr.
- 248
- 300
-
Nikolaiviertel
- N8
- N40
- N60
- N65
-
Jüdenstr.