Denkmaldatenbank

Parkring Neu-Tempelhof

Obj.-Dok.-Nr. 09046266
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Tempelhof
Adressen Bäumerplan & Boelckestraße & Loewenhardtdamm & Manfred-von-Richthofen-Straße & Paradestraße & Rumeyplan & Schreiberring & Werner-Voß-Damm & Wintgensstraße & Wolffring & Wüsthoffstraße
Denkmalart Gartendenkmal
Sachbegriff Grünanlage
Datierung 1911-1913, 1914, 1924-1931, 1952-1953, 1961
Entwurf & Ausführung (?) Fischer, Rudolf & Möhring, Bruno & Jatzow, Paul (Architekt)
Entwurf & Ausführung Kniebe, Walter (Gartenarchitekt)
Entwurf & Ausführung Bräuning, Fritz & Fischer, Rudolf
Entwurf & Ausführung Cablitz, Cuno
Entwurf & Ausführung (?) Fischer, Rudolf & Kynast, Bernhard & Cablitz & Guhl
Bauherr Tempelhofer Feld Heimstätten GmbH

Der 1911-13 und 1924-31 von Rudolf Fischer, Fritz Bräuning, Bruno Möhring und Paul Jatzow in Segmenten gestaltete Parkring Neu-Tempelhof umzieht den Kern einer 1920-28 nach dem Vorbild englischer Gartenstädte errichtete Kleinhaussiedlung von Fritz Bräuning und wird an elf Stellen von Straßen gekreuzt. In seiner heutigen Form stellt der fast hufeisenförmige Grünzug eine Synthese aus der ursprünglichen Gestaltung und späteren Überarbeitungen bis in die 1970er Jahre dar.

Seine Anlage beruht auf einer nicht ausgeführten Idee eines übergeordneten Grünzuges zwischen dem Viktoriapark in Berlin-Kreuzberg/Britz und dem Genshagener Forst, den Hermann Jansen 1911 in einem Bebauungsplan für das Tempelhofer Feld vorschlug. Im Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbs, den die Tempelhofer Feld AG für Grundstücksverwertung für den Westteil des ehemaligen Militärübungsgeländes ausgeschrieben hatte, wurde jedoch ein Bebauungsplan von Friedrich Gerlach von 1911 mit einem ringförmigen Grüngürtel festgesetzt. (1) Die Gesellschaft formulierte für den folgende Wettbewerb "Parkring Tempelhofer Feld" in gleichem Jahr Bedingungen für dessen gartenkünstlerische und architektonische Gestaltung, die bei der späteren Ausführung beachtet wurden. Der mindestens 60 Meter breite Parkgürtel sollte an zwei bis drei Straßenkreuzungen unterhalb von Brücken verlaufen. Gefordert war weiterhin eine überwiegend landschaftlich gestaltete Anlage mit integrierten Schmuck- und Spielplätzen sowie einem für Bootsfahrten benutzbaren Wasserbecken. Auch ein Wechsel "strenger stilisierter und idyllischer Teile", von Rasenflächen und beschatteten Ruheplätzen wurde angestrebt. (2) Schon 1911 begann die bauliche Erschließung und Straßenregulierung. Die ab 1912 ausgeführte Parkringgestaltung nahm nur Motive des ersten Preisträgers Fritz Bräuning und des dritten Preisträgers Alfred Hensel auf, wie etwa die rahmenden Baumreihen des Rings und die spiegelbildliche Gestaltung am Bundesring. (3) Der maßgebliche Gartenarchitekt von Siedlungsgrün und Parkring war der Bezirksgartendirektor Rudolf Fischer, der von 1912 -31 Entwürfe erstellte und ab 1913 bei der Tempelhofer Feld AG als Gartendirektor arbeitete. (4) Der reformorientierte Gartenarchitekt gestaltete den Parkring abwechselnd in reduzierter landschaftlicher sowie streng architektonischer Formgebung und fügte Schmuck- und Spielplätze ein. Die Eingänge zum Parkring wurden architektonisch und gartenkünstlerisch sowie durch Bildwerke akzentuiert. Am ersten, bis 1914 fertig gestellten nördlichen Bauabschnitt waren auch die Architekten Bruno Möhring und Paul Jatzow beteiligt.Im nordöstlichen Parksegment am Wolff- und Schreiberring entstand ein geometrischer, von Bäumen eingefasster Schmuckplatz mit innerem ovalen Spielbereich. Die Anlage erschlossen ein Mittelweg sowie vier Diagonalwege. Sie wurde seit 1915 durch Schulhausbauten, einen Bunkerbau um 1940 und Umgestaltungen nach 1945 verändert. Die zwei anschließenden Parksegmente zwischen Manfred-von Richthofen-Straße und Loewenhardtdamm wurden vertieft angelegt. Die Straßenbrücken und Dämme zwischen den nördlichen Segmenten gestaltete Paul Jatzow. Zwischen Loewenhardtdamm und Manfred-von-Richthofen-Straße entstand ein Weiher, der östlich der Boelcke-Brücke als geometrische Anlage mit Plansch- und Ruderbecken, westlich davon als See mit natürlichen Ufern ausgebildet war. Die Plansche umzogen ein Umgangsweg sowie Sitzmauern, Rasenböschungen und bepflanzte Bermen an den Längsseiten. An der Ostseite gab es Holzspaliere mit Banknischen vor einer bepflanzten Böschungswand. An den durch Säulen-Pappeln betonten Platzecken wurden Treppenanlagen zum erhöhten Hohenzollern-Korso (Manfred-von-Richthofen-Straße) angelegt. Die begleitenden Ringstraßen säumte eine Baumreihe. Von dieser Gestaltung sind Promenadenwege und Bepflanzungsreste, auch ein Toilettenhäuschen von 1938 und Kalksteinmauern bewahrt. Dazu gehört eine hohe Stützmauer am Aussichtsplatz vor dem Rundbau der Kirche auf dem Tempelhofer Feld. Hier bietet sich heute ein Blick über den 1952/53 von Bernhard Kynast gestalteten Garten der Blumen und Wasserspiele anstelle des 1947 geschlossenen Planschbeckens. Ein weiterer Aussichts- und Ruheplatz in Form einer Bastion, der Sichten auf die beiden nordwestlichen Straßenbrücken des Parkrings eröffnet befindet sich am Randweg oberhalb des nördlichen Teichufers. Die Mittelpfeiler der zweibogigen mit Bossenwerk verkleideten Boelcke-Brücke schmücken Kindergruppen von Ernst Seger, dem Schöpfer des Storchenbrunnens am Adolf-Scheidt-Platz. Über mächtigen Steinblöcken erscheinen seit 1914/15 zwei Knaben an der West- und ein sich umarmendes Pärchen an der Ostseite der Brücke. Die konservative Figurengestaltung nimmt Bezug zur Spiel- und Erholungsfunktion der Anlage. Gestalterischer Höhepunkt dieses Segments ist die Brücke von Paul Jatzow im Verlauf des Loewenhardtdamms. Zur Überwindung der Höhenunterschiede zum angrenzenden Bäumerplan ist sie an der Ostseite staumauerartig ausgebildet und mit einer Wasserkunst in Kaskadenform von Bruno Möhring geschmückt. Die neubarocke Anlage mit einem Bärenkopf unter dem Wasserspeier ziert die Schauwand am geschwungenen Mittelteil der Brücke, an deren Fuß ein Fontänenbecken liegt. Den krönenden oberen Abschluss der Wasserkunst bildet an der östlichen Brückenbrüstung eine, dem Teich zugewandte monumentale Figurengruppe "Mutter mit zwei Kindern" aus Muschelkalk von Walter Kniebe von 1914. (5) Die Figurengruppe der unbekleideten Mutter und ihrer spielenden Kinder über einem mit der Brüstung verbundenen quaderförmigen Steinsockel ist auf Fernwirkung bedacht. Die Motivwahl entspricht der bildkünstlerischen Ausstattung der Gartenstadt. Wasserkunst und Figurengruppe sind gelungene Beispiele für die dekorative Bildhauerkunst am Ende der Kaiserzeit. Der in der Nachkriegszeit etwas verkleinerte Teich präsentiert sich heute nicht mehr mit den bepflanzten Rosenböschungen Fischers, sondern mit einer natürlichen, 1974-75 eingebrachten Vegetation aus Seerosen und Wasserpflanzen. Die Ufergehölze stammen noch teilweise aus den 1960er Jahren. Von den ursprünglichen Anpflanzungen sind einige flankierende Säulenpappeln an der Brücke bewahrt. Der Terrassenplatz und ein begrünter Mittelstreifen des Loewenhardtdamms leiten zum letzten der 1914 eröffneten Abschnitte im Norden des Bäumerplans ein. Dieser noch immer landschaftlich geprägte Bereich erhielt einen geschwungenen Randweg und einen Halbrundplatz im hügelig modellierten Gelände sowie einen noch nachzuvollziehenden Bachlauf als wichtiges Gestaltungsmotiv. Dessen Areal wurde 1961 umgestaltet. Anstelle teichartiger Erweiterungen befinden sich heute Spielplätze. Noch immer beeindrucken hier großkronige Laubbäume, darunter Rot-Buchen, Eichen, Linden, Zucker-Ahorn und ein Feld-Ahorn aus der Entstehungszeit.

Mit der Umsetzung des Bebauungsplans von Fritz Bräuning von 1920-28 sowie Errichtung der Schul- und Krankenhausgruppe an Boelckestraße und Bäumerplan zum Ende der 1920er Jahre wurde die Erstanlage des Parkrings südlich reduziert. Zwischen den neuen Erschließungsstraßen (Wintgens-und Wüsthoffstraße) entstand um 1930 westlich des Schulgebäudes und des Ehrenhofs eine formale "Schulspielwiese", die straßenseitig Hecken und Platanen einfassten. Das 1968 mit einer Turnhalle bebaute Areal dient auch heute dem Schulsport. Im südlich der Wintgensstraße anschließenden Parkringsegment sind noch rahmende Gehölze und ein geschwungener Weg aus der Entstehungszeit nach 1930 bewahrt. Hier befindet sich ein 1961 angelegter Heidegarten des Gartenamtsleiters Cuno Cablitz. Der folgende Bereich zwischen Werner-Voß-Damm und Boelckestraße blieb Kleingartenkolonie.

Am Rumeyplan gestaltete Fischer mehrere, nicht erhaltene Sondergärten mit Bankplätzen. Am östlichen Ende des Rings entstand 1926 inmitten eines Platzes ein quadratischer Rosengarten mit vier Kompartimenten, Rundbeet und Venusstatue im Achsenkreuz. Am westlichen Ende folgten 1931 ein Stauden-Senkgarten, (6) ein formaler Wiesen/Staudenbereich und ein geometrischer Spielplatz, jeweils durch Wege getrennt. Davon sind nur einfassende Baumreihen sowie Promenadenwege erhalten geblieben. Auch die große, von Hecken und einer Ahornreihe gerahmte regelmäßige Spiel - und Festwiese ist nur in der Grundform bewahrt. Bunkerbauten der 1940er Jahre und spätere Umgestaltungen beeinträchtigen hier und am Bundesring die künstlerische Aussage des Parkrings. Anstelle von Staudenrabatten flankieren sie den Eingang der Paradestraße zum Bundesring. Die Struktur der beiden 1924-25 spiegelbildlich gestalteten Flächen mit einer sich zu geometrischen Ruheplätzen aufweitenden Promenade ist noch an Kastanienreihen, rahmenden Fliedern und Heckensträuchern ablesbar. Die Anlagen dienen nach den letzten Umgestaltungen von 1976-77 auch als Spielbereiche.

Eine eigenständige künstlerische Bedeutung kommt dem 1952-53 von Bernhard Kynast angelegten Garten der Blumen und Wasserspiele östlich der Boelcke-Brücke zu. Der Gartenamtsleiter gestaltete den 1947 geschlossenen Planschbeckenbereich Fischers zu einer vielfältig nutzbaren Erholungsanlage für Kinder und Erwachsene um. Dabei entstand eine im Kern fast symmetrische Anlage, die zahlreiche bauliche Elemente aus der Vorkriegszeit integriert. So erhielt er die flankierenden Kalksteinmauern mit Banknischen und den Umgangsweg, der vor der östlichen, neu gestalteten Böschungswand halbrund ausgebildet wurde. Über ein Staubecken im Bereich der Boelcke-Brücke wurde das Wasser aus der Kaskade am Loewenhardtdamm in zwei schmale Kanäle unterhalb des Umgangswegs geleitet. Danach gelangte es über mehrere Staustufen bis zu einem vertieften Rundplatz mit Sprühdüsen am Ende der Anlage. Vom Rundplatz und dem Sprühbereich vor der Boelke-Brücke wurde es zur Wasserkunst zurückgepumpt. Der Wasserkreislauf ist heute reduziert. Brücken und ein Randweg erschließen noch immer die Kanäle. In den Sprühbereichen sind die Beläge aus Natursteinplatten durch neue Pflasterungen ersetzt. Einen Blickpunkt bilden noch immer die Tierplastiken von Friedrich Zuchantke, eine Schildkröte am Treppenpodest vor der Brücke und ein im Zentrum des Rundplatzes 1954 aufgestelltes "Flusspferd" aus Kalkstein. (7) Mit seinen vereinfachten Körperformen ist es ideal zum Klettern. Davor befindet sich seit 1989 ein Murmeltierbrunnen von Rose-Marie Stiller. Von den Bankplätzen im Hintergrund ergibt sich eine Sicht über die in der Mittelachse angeordneten Plastiken, zwei spiegelbildlich gestaltete Beete und die Liegewiese mit bepflanzten Ecken. Trotz modifizierender Umgestaltungen von 1967-85 ist die regelmäßige Gestaltung Kynasts einschließlich der Pflanzenverwendung noch ablesbar. (8)


1) BusB IV A, S. 125 f., 159-162; BusB XI, S. 111-114; Gross-Berlin, seine künstlerische Einheit und die Einfügung des Tempelhofer Feldes. Eine Denkschrift, hrsg. vom Ausschuss Gross-Berlin; Die Bebauung des Tempelhofer Feldes, in: Bauwelt 2 (1911), S.21-28; Die Siedlung auf der Westseite des Tempelhofer Feldes in Berlin, in: Deutsche Bauzeitung 58 (1924), S.185 ff.; Hegemann, Werner: Die Rettung des Tempelhofer Feldes, in: Wasmuths Monatshefte für Baukunst 8 (1924), S. 343 ff.; Delius, H.: Die städtebauliche Bedeutung des Tempelhofer Westfeldes, in: Der Neubau 10 (1928), S. 245-251, 259-264; Huth, Friedrich: Die Gartenvorstadt Tempelhofer Feld, in: Bauamt und Gemeindebau: 8 (1926), S.277-280; 10 Jahre Siedlung Tempelhofer Feld, hrsg. von der Gemeinnützigen Tempelhofer Feld-Heimstätten-GMBH, Berlin 1930.

2) Osborn, Max: Der Parkgürtel im Tempelhofer Feld, in: Die Bauwelt 2 (1911), Nr. 123, S. 19 ff; Deutsche Bauzeitung 45 (1911), S. 572; Zahn, F.: Wettbewerb "Parkring Tempelhofer Feld", in: Die Gartenkunst 14 (1912), S. 1-14; Deutsche Bauhütte 17 (1913), S. 682.

3) Pallmann, Kurt: Der Neu-Tempelhofer Parkgürtel, in: Die Gartenkunst 15 (1913), S. 370-374; Osborn, Max: Neue Berliner Parkanlagen, in: Die Bauwelt 4 (1913), Kunstbeilage 1913, S. 77-80; Die Gartenwelt 15 (1911), S. 717-720; Gartenkunst 49 (1936), S. 9 f.; Solmsdorf, Hartmut: Untersuchung des Denkmalwertes von Grünflächen in Berlin (West). Parkring Tempelhofer Feld, Gutachten i. A. des Senators für Bau- und Wohnungswesen, Abt. III, Berlin 1978; Teske, Hartmut: Der Parkring Neutempelhof in Tempelhof-Schöneberg. Erfassung und Dokumentation eines innerstädtischen Grünzuges aus der Zeit der Reformbewegung. Gutachten i. A. des Landesdenkmalamtes Berlin, FB Gartendenkmalpflege, Berlin 2006; Findbuch Tempelhof (LDA), Pläne S. 9-25, 29-36, Akte Nr.: 11110, S. 159.

4) Rudolf Fischer(1883-1942) war gleichzeitig von 1919- 1936 Gartendirektor von Tempelhof, seit 1933 mit Unterbrechungen. Er lieferte u.a. auch Entwürfe für den Mariendorfer Volkspark und den Franckepark und leitete um 1938 den Botanischen Schulgarten Blankenfelde. Von 1919-31 Ausübung einer Nebentätigkeit für die Siedlung Neu-Tempelhof.

5) Die Wasserkunst ist zur Zeit außer Betrieb. Zur bildkünstlerischen Ausstattung diese Bereichs mit Quellenangaben s.: Kuhn/Kähler 2004, Objekt-Nr. 4-8.

6) Fischer, Rudolf: Ein Senkgarten im Parkgürtel auf dem Tempelhofer Felde, in: Die Gartenkunst 49 (1936), S. 9 f.

7) Eine Affengruppe von Zuchantke wird vermisst. Vollmer, Hans (Hrsg.): Künstlerlexikon des zwanzigsten Jahrhunderts, Bd. V, Leipzig 1961, S. 217; Kuhn/Kähler 2004, Objekt-Nr. 4-8.

8) Bernhard Kynast (1890-1981), 1947-56 Gartenamtsleiter in Tempelhof. 1974 Rollschuhbahnanlage unter der Brücke. Akte NGA Tempelhof: I-11116.

Literatur:

  • BusB XI 1972 / Seite 267
  • Topographie Tempelhof, 2007 / Seite 82
  • BusB IV A 1970 / Seite 159-162 & 340f.
  • Gartenkunst 14 (1912) / Seite 1-14
  • Gartenkunst 15 (1913) / Seite 370-374
  • Gartenkunst 49 (1936) / Seite 9f.
  • Gartenwelt 15 (1911) / Seite 717-720
  • Der Neubau 10 (1928) / Seite 245-261
  • Deutsche Bauhütte 30 (1926) / Seite 268ff.
  • Bauwelt 4 (1913) 31 / Seite 21-28

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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