Denkmaldatenbank

Friedrichs-Werderscher Kirchhof

Obj.-Dok.-Nr. 09046150,T
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Bergmannstraße 42, 44

Jüterboger Straße
Denkmalart Gartendenkmal
Sachbegriff Friedhof
Datierung 1844
Umbau 1879
Bauherr Friedrichs-Werdersche Gemeinde (Kirchengemeinde, evangelisch)

Friedhöfe an der Bergmannstraße

An der Bergmannstraße beginnt ein ausgedehntes Friedhofsgelände, das bis zur Jüterboger und Züllichauer Straße reicht und dabei die Hangkante der Tempelhofer Berge bedeckt. (1) Es markiert die zweite Entwicklungsstufe in der Randwanderung der Berliner Friedhöfe. Nachdem die Friedhöfe am Halleschen Tor im frühen 19. Jahrhundert weitgehend belegt waren, mussten die innerstädtischen Kirchengemeinden neue Begräbnisplätze erschließen. Da die innenstadtnahen Friedhöfe nicht mehr erweitert werden konnten, wich man an den südlichen Stadtrand aus, wo es noch große unbebaute Flächen gab. Den Anfang machte die Dreifaltigkeitsgemeinde, die 1823 einen Weinberg in den Tempelhofer Bergen kaufte. Es folgten die Luisenstadtgemeinde, die Friedrichswerdersche Gemeinde und zuletzt die Gemeinde der Jerusalems- und Neuen Kirche, bis 1852 der gesamte Geländestreifen an der Bergmannstraße in kirchlichen Besitz übergegangen war. Bei der Gestaltung der Friedhöfe folgte man einer 1811 erlassenen Regierungsanordnung für die Mark Brandenburg, die eine geometrische Gliederung der Friedhofsflächen in Hauptwege und viereckige Grabfelder vorsah. Dahinter stand die Idee eines von der Außenwelt abgeschirmten, gärtnerisch gestalteten Campo santo. Die Friedhöfe bedeckten ursprünglich noch nicht das gesamte Gelände. Einige Flächen, vor allem im Hinterland, wurden anfangs noch landwirtschaftlich genutzt und erst allmählich mit Gräbern belegt, was eine Erweiterung des ursprünglichen Wegenetzes zur Folge hatte. Die vier Friedhöfe verfügen über eigene Kapellen und Totengräberhäuser, die an der Bergmannstraße stehen. Dort befinden sich auch die Zugänge.

(...)

Die Friedrichswerdersche Gemeinde verfügte über eine neogotische Kirche, die Karl Friedrich Schinkel 1824-31 auf dem Friedrichswerder errichtet hatte, besaß aber keinen eigenen Begräbnisplatz. Benutzt wurde der 1762 angelegte Friedhof der Dorotheenstädtischen Gemeinde vor dem Oranienburger Tor. Nachdem 1838 eine vollständige Trennung der beiden Gemeinden erfolgt war, musste ein neuer Friedhof gesucht werden. Auf dem Weinbergsland, das die Gemeinde zwischen 1840 und 1843 am südlichen Stadtrand kaufte, wurde der Friedrichs-Werdersche Kirchhof angelegt, der heute von der Bergmannstraße 42-44 bis zur Jüterboger Straße reicht. (2) Der durch zwei Hauptalleen untergliederte Begräbnisplatz wurde am 17. Januar 1844 eingeweiht. Belegt wurde zunächst nur der vordere westliche Bereich, der an den Dreifaltigkeitsfriedhof II angrenzt. Dabei legte man ungleich große rechteckige Gräberfelder an. Im Unterschied zum ältesten Teil des Dreifaltigkeitsfriedhofs II sind alle Gräber in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet. Nach dem Verkauf des Nachbargrundstücks, auf dem der Friedhof IV der Jerusalems- und Neuen Kirche entstand, wurde 1870 das noch unbelegte östliche Drittel des Grundstücks in Nutzung genommen. Ab 1879 erfolgte die Belegung mit Gräbern auf der Erweiterung nach Süden bis zur Jüterboger Straße. An der Bergmannstraße, wo der Friedhof durch eine Ziegelsteinmauer mit Gitteraufsatz begrenzt wird, errichtete J. Hin 1875-77 eine Leichenhalle und eine Kapelle nach einem Entwurf des Königlichen Baumeisters Gustav Erdmann . Ebenfalls nach dessen Entwurf ergänzte J. Hin 1884 ein Totengräberhaus. Fritz Haack baute 1903 die Wartehalle, die als großzügig verglaste Eisenkonstruktion die beiden Bauteile verbindet.

Die Friedhofsmauern im Osten, Süden und Westen sind mit Wandgräbern besetzt. Dabei markiert die südliche Erbbegräbniswand die ursprüngliche Ausdehnung des Begräbnisplatzes. Vor dem Mittelteil der Südwand befinden sich sehr tiefe Grabstellen, die teils um 1850 nach der Eröffnung des Friedhofs, teils nach der Jahrhundertwende belegt wurden. In die Erbbegräbniswand sind schlichte Namenstafeln aus Marmor eingelassen. Diese nüchterne Einfachheit zeigt auch das 1847 aus gelblichen Ziegeln errichtete Mausoleum der Familie Dieffenbach. Mit der schmucklosen Backsteinverkleidung und der Betonung der Gebäudeecken lehnt es sich an die Entwürfe Karl Friedrich Schinkels für die Berliner Vorstadtkirchen an. Im Grabhaus ruht der Arzt Johann Friedrich Dieffenbach (1792-1847), an den eine Gedenktafel und seit 1992 auch eine Bronzebüste des Bildhauers Fritz Becker erinnert . Ein Beispiel für den aufkommenden Terrakottaschmuck ist das Wandgrab für den Baubeamten Carl Busse (1802-1868), ehemals Direktor der Bauakademie. Die Grabwand ist mit Klinkern, Keramikfliesen und Terrakottasteinen geschmückt. Für die Familie Seeger entwarfen Hermann von der Hude und Julius Hennicke 1862 eine aufwendigere Grabarchitektur in spätklassizistischen Formen. Das Mausoleum, das heute zur Ruine verkommen ist, besitzt einen vorgelegten Portikus mit ionischen Säulen und Dreiecksgiebeln. Die seitlichen Engelstondi bestehen aus Terrakotta. Die Berliner Tonwarenfabrikanten lieferten eine große Vielfalt an Formsteinen, was unterschiedliche Grabgestaltungen ermöglichte. So setzt sich die Grabwand der Unternehmerfamilie Kunheim aus Formziegeln und Sandsteinsäulen zusammen. Hugo Kunheim (1838-1897), der hier begraben liegt, verlegte die Chemische Fabrik Kunheim & Co. 1871 von den Tempelhofer Bergen nach Niederschöneweide. Das Erbbegräbnis der Familie C. F. Wienstruck (um 1890) zeigt eine neogotische Stilfassung, wobei Giebel, Fialen und Blendfelder aus Terrakottasteinen bestehen. Dagegen wurde die neogotische Grabwand der Familie Beysing (um 1890) aus Sandstein errichtet.

Nach 1890 setzten sich reichere Gestaltungen durch. Gotthilf Ludwig Möckel, bekannt durch seine neogotischen Kirchenbauten in Sachsen, Mecklenburg und Berlin, errichtete 1893-94 das Mausoleum der Fabrikantenfamilie Spinn in Gestalt einer freistehenden frühgotischen Kapelle. (3) Der aufwendige Bau aus rotem Rochlitzer Porphyr hat gotische Maßwerkfenster, die ehemals verglast waren, ein steiles Kupferdach und ein vergoldetes Dachgitter. Über dem Eingang an der Westseite ist im Tympanon ein Engel angebracht. An Familie Rönnebeck erinnert eine offene Grabpergola aus Sandstein, die um 1890 errichtet wurde. Das Mosaik im Mittelfeld der Rückwand zeigt einen Engel mit Palmzweig auf Goldgrund. Zwei ähnlich gestaltete Mausoleen mit kupfergedeckten Kuppeln tragen die Namen der Familien Spengler und Klempau. Eines der bedeutendsten Grabmonumente im neoromanischen Stil ist das 1897-99 erbaute Mausoleum des Großkaufmanns Julius Heese (1819-1897). Der Entwurf für die stark bewegte Grabarchitektur geht auf den Architekten Lothar Krüger zurück.

Die Einzelgrabmäler sind vorwiegend als Stelen gestaltet. Ein typisches Beispiel ist die Grabstätte des Komponisten und Musikpädagogen Eduard Grell (1800-1886), Direktor der Singakademie und Gründer des Domchors. Auf der dunklen Granitstele ist ein Bildnismedaillon aus weißem Marmor angebracht, das der Bildhauer Fritz Schaper 1886 schuf. Eine große Grabgitterstelle ist dem Weinhändler Heinrich Ernst Ferdinand Schmidt (1823-1868) gewidmet. Aurelio Micheli, Mitinhaber der Gipsvervielfältigungswerkstatt Gebr. Micheli, schuf hierfür eine gotisierende Stele mit bekrönenden Fialen. Paul Köthner (gest. 1902) erhielt ein wuchtiges Erbbegräbnis aus poliertem Granit mit geschwungenen Wänden, Seitenpfosten, kuppelartigen Rosenbekrönungen und einem Bildnisrelief aus Bronze. Die eingelassenen Mädchenfriese stammen von Lilli Fenzelberg. Dem Bankier Georg Fromberg (1854-1915) ist eine monumentale Grabanlage aus bossierten und geschliffenen Muschelkalkplatten gewidmet . Seitlich besitzt die Grabstelle eine Sitznische, in der ein Marmorrelief mit der Grablegung Christi zu sehen ist. Einfache Grabsteine erinnern an die Ärzte Moritz Heinrich Romberg (1795-1873) und Ernst Viktor von Leyden (1832-1910) sowie an Baurat Hermann Weigand (1854-1926). Auf einer Erbbegräbnisstelle sind die Diakonissen des 1843 gegründeten Elisabeth-Kinder-Hospitals beigesetzt, aus dem 1910 das Königin-Elisabeth-Hospital in Oberschöneweide hervorging.


(1) Zu den Friedhöfen an der Bergmannstraße vgl. "O ewich ist so lanck". Die Historischen Friedhöfe in Berlin-Kreuzberg. Ein Werkstattbericht, hrsg. v. Christoph Fischer und Renate Schein, darin v. a. Fischer, Christoph: Die historischen Friedhöfe in Berlin-Kreuzberg. Zur Entstehungsgeschichte, S. 17-52, Lemburg, Peter: Repräsentative Architekturgrabmäler auf den Kreuzberger Friedhöfen in ihrer stilistischen Entwicklung, S. 73-104, Einholz, Sibylle: Die Berliner Bildhauerschule und die Kreuzberger Friedhöfe, S. 105-125 sowie Kleines Künstlerlexikon der Berliner Bildhauerschule für die Kreuzberger Friedhöfe am Halleschen Tor und in der Bergmannstraße, S. 125-128; Hammer 2001, S. 86-93; Gartendenkmale in Berlin. Friedhöfe, Petersberg 2008, S. 56-67, 72-75.

(2) BusB X A (3), S. 93; Gartendenkmale in Berlin. Friedhöfe, Petersberg 2008, S. 61-64.

(3) Die Kapelle wurde für Carl Georg Otto Spinn (1835-1893) errichtet. Er war Inhaber der Bronze- und Spiegelwarenfabrik J. C. Spinn und Sohn und der Kunstgewerbehandlung Spinn & Comp. Das Mausoleum wurde 1985-86 restauriert. Die Verglasung der Maßwerkfenster ist leider bis auf Reste verloren.

Literatur:

  • BusB X A 3 1981 / Seite 93
  • Gartendenkmalpflege 7 (1992) / Seite .
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 422, 425 f.

Teilobjekt Friedhofskapelle

Teil-Nr. 09046150,T,001
Sachbegriff Friedhofskapelle
Entwurf 1874
Datierung 1875-1877
Entwurf Erdmann (Baumeister)
Ausführung Hin, J. (Baumeister)
Bauherr Magistrat Berlin

Teilobjekt Leichenhalle

Teil-Nr. 09046150,T,002
Sachbegriff Leichenhalle
Entwurf 1874
Datierung 1875-1877
Entwurf Erdmann (Baumeister)
Ausführung Hin, J. (Baumeister)
Bauherr Magistrat Berlin

Teilobjekt Totengräberhaus

Teil-Nr. 09046150,T,003
Sachbegriff Totengräberhaus
Entwurf 1874
Datierung 1875-1877
Entwurf Erdmann (Baumeister)
Ausführung Hin, J. (Baumeister)

Teilobjekt Wartehalle

Teil-Nr. 09046150,T,004
Sachbegriff Wartehalle
Datierung 1903
Entwurf & Ausführung Haack, Fritz
Bauherr Friedrichs-Werdersche Gemeinde

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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