Denkmaldatenbank

Dreifaltigkeitskirchhof II

Obj.-Dok.-Nr. 09046149
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Bergmannstraße 39, 41

Jüterboger Straße
Denkmalart Gartendenkmal
Sachbegriff Friedhof
Datierung 1825
Umbau 1855
Bauherr Dreifaltigkeitskirchengemeinde (Kirchengemeinde, evangelisch)

Friedhöfe an der BergmannstraßeAn der Bergmannstraße beginnt ein ausgedehntes Friedhofsgelände, das bis zur Jüterboger und Züllichauer Straße reicht und dabei die Hangkante der Tempelhofer Berge bedeckt. (1) Es markiert die zweite Entwicklungsstufe in der Randwanderung der Berliner Friedhöfe. Nachdem die Friedhöfe am Halleschen Tor im frühen 19. Jahrhundert weitgehend belegt waren, mussten die innerstädtischen Kirchengemeinden neue Begräbnisplätze erschließen. Da die innenstadtnahen Friedhöfe nicht mehr erweitert werden konnten, wich man an den südlichen Stadtrand aus, wo es noch große unbebaute Flächen gab. Den Anfang machte die Dreifaltigkeitsgemeinde, die 1823 einen Weinberg in den Tempelhofer Bergen kaufte. Es folgten die Luisenstadtgemeinde, die Friedrichswerdersche Gemeinde und zuletzt die Gemeinde der Jerusalems- und Neuen Kirche, bis 1852 der gesamte Geländestreifen an der Bergmannstraße in kirchlichen Besitz übergegangen war. Bei der Gestaltung der Friedhöfe folgte man einer 1811 erlassenen Regierungsanordnung für die Mark Brandenburg, die eine geometrische Gliederung der Friedhofsflächen in Hauptwege und viereckige Grabfelder vorsah. Dahinter stand die Idee eines von der Außenwelt abgeschirmten, gärtnerisch gestalteten Campo santo. Die Friedhöfe bedeckten ursprünglich noch nicht das gesamte Gelände. Einige Flächen, vor allem im Hinterland, wurden anfangs noch landwirtschaftlich genutzt und erst allmählich mit Gräbern belegt, was eine Erweiterung des ursprünglichen Wegenetzes zur Folge hatte. Die vier Friedhöfe verfügen über eigene Kapellen und Totengräberhäuser, die an der Bergmannstraße stehen. Dort befinden sich auch die Zugänge.

Der 1825 angelegte Dreifaltigkeitsfriedhof II in der Bergmannstraße 39-41 ist der älteste Friedhof des Quartiers. (2) Die Dreifaltigkeitsgemeinde in der nördlichen Friedrichstadt nutzte ihn in Ergänzung zum Dreifaltigkeitsfriedhof I vor dem Halleschen Tor, auf dem seit 1739/40 begraben wird. Da im innerstädtischen Gemeindebezirk bekannte Kaufleute, Gelehrte und Universitätsangehörige wohnten, geben die Grabdenkmäler einen Einblick in die Berliner Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Auf dem Begräbnisplatz liegen unter anderem zahlreiche Mitglieder der philologisch-historischen Klasse der Preußischen Akademie der Wissenschaften.

Die Friedhofsgestaltung folgt in idealtypischer Umsetzung der Regierungsanweisung für die Friedhöfe der Mark Brandenburg von 1811 und 1817. Die nahezu quadratische Fläche des alten Friedhofsgeländes wird durch umlaufende Alleen und zwei sich kreuzende Hauptalleen erschlossen Abb. 393). Dadurch entstanden vier gleich große, wiederum quadratische Abteilungen. Die Wegekreuzungen gestaltete man als Rondelle. 1855 erfolgte eine Friedhofserweiterung nach Süden zur Jüterboger Straße. Dabei wurden die Hauptwege verlängert und durch eine zusätzliche Querachse verbunden. Die alte Begrenzung zeichnet sich aber noch immer ab, weil dort, an der höchsten Stelle der Hügelkette, die größten Mausoleen und Grabmonumente errichtet wurden. Während im ältesten Teil die Gräber nach Osten orientiert sind, wie es alter kirchlicher Tradition entspricht, wurde bei der Erweiterung die Richtung der Reihen und Gräber gewechselt.

Die teils mit Linden, teils mit Kastanien bepflanzten Hauptachsen wurden bewusst mit herausragenden Monumenten besetzt. Am Ende der mittleren Hauptallee steht auf der höchsten Stelle das Grabmal für Christiane Charlotte Sophie Fürstin von der Osten-Sacken, verwitwete Gräfin Hoym, geb. Freiin von Dieskau (1733-1811) und für ihren Ehemann, den preußischen Kriegsminister Fürst Karl von der Osten-Sacken (1725-1794) . Das Ehepaar wurde erst in der Dreifaltigkeitskirche beigesetzt, 1826 jedoch durch Adolph Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen-Koschentin (1797-1873), Enkel der Fürstin aus erster Ehe, hierher umgebettet. Das Grabdenkmal wurde nach einem Entwurf Karl Friedrich Schinkels 1826-27 von der Königlichen Eisengießerei Berlin aus Gusseisen gefertigt. Es besteht aus einem durchbrochenen, mit Gitterwerk versehenen Sockel, in dem der Prunksarkophag des Fürstenpaars steht, und einem antikisierenden altarartigen Aufbau. Christian Friedrich Tieck modellierte die Figur der Nox und die ringförmige Schlange als Symbol der Ewigkeit. Die östliche Hauptachse läuft auf das 1828 erbaute, im ägyptischen Stil gehaltene Mausoleum Oppenfeld zu. Mit den geneigten Wänden, der trapezförmigen Tür und dem vorkragenden ornamental verzierten Dach ist es ein seltenes Beispiel für das "Egyptian Revival" im frühen 19. Jahrhundert. Hier ruht der jüdische Bankier Georg Moritz Oppenheim (1794-1861), der 1822 in der Jerusalemskirche zum Christentum übertrat und 1827 nach dem Erwerb der Rittergüter Rheinfeld und Ritzerow in Hinterpommern den Namen Oppenfeld annahm . 1859 erhielt er den Adelstitel. An der westlichen Allee steht das Mausoleum der Familie Cuno Horkenbach (um 1880), das sich durch eine klassische Tempelfront auszeichnet. Kapelle und Totengräberhaus wurden 1856 an der westlichen Grundstücksgrenze errichtet, wo sich heute die fensterlosen Brandwände der angrenzenden Mietshäuser erheben. Es handelt sich um einfache Putzbauten im klassizistischen Rundbogenstil.

Die Grabdenkmale auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof II geben einen Überblick über die Entwicklung der Grabmalskunst im 19. und 20. Jahrhundert. Die ältesten Wandgräber sind sehr schlicht gehalten, aus Backstein gemauert und mit gusseisernen Namenstafeln versehen. Beispiele dafür sind das Erbbegräbnis der Familie Westphalen (1833) oder die Grabtafel für den Maler Carl Blechen (1798-1840). Einen gotischen Anklang zeigen die Grabwand der Familie Hesse (1842) und das in Backstein ausgeführte Mausoleum der Familie Epenstein (1843), das möglicherweise von Eduard Knoblauch oder unter seiner Mitwirkung errichtet wurde. Ein herausragendes Beispiel für die klassizistische Bautradition ist das Mausoleum, das der Baumeister Wilhelm Kunzemann 1868 für sich und seine Familie in Gestalt eines dorischen Tempels errichtete. Obwohl sich das Mausoleum an die östliche Friedhofsmauer anlehnt, ist die Tempelfront zur Bergmannstraße gerichtet. Nicht weit davon entfernt befindet sich das Erbbegräbnis des Architekten Martin Gropius (1824-1880), das der Baumeister 1868 selbst entworfen hat Eine vierseitige Pergola mit geschlossener Brüstungszone, dorischen Säulen und Gebälk umgibt die Grabstelle. In die Grabarchitektur, die ursprünglich allseits offen stand, wurde 1883 ein Marmorrelief von Rudolf Siemering eingefügt, das Allegorien des Todes und der Kunst zeigt. Die Nordseite der Pergola wurde 1899 verbaut, als man hier das in neogotischen Formen gestaltete Mausoleum für den Ingenieur Carl Kneipp errichtete. Nach 1870 verbreiteten sich aufwendige Grabgestaltungen in übersteigerten Neorenaissanceformen. Eines der größten und teuersten Grabdenkmäler, das im 19. Jahrhundert im Deutschen Reich errichtet wurde, ist die offene Grabhalle des geadelten Großunternehmers Friedrich Wilhelm von Krause (1802-1877) und seiner Frau Flora von Krause, geb. Gallisch (1816-1873). Das raumgreifende Monument wurde 1874-79 nach Plänen des Architekten Friedrich Hitzig errichtet. Der offene Hallenbau mit hoher Mittelkuppel ruht auf massiven Granitsäulen und -pfeilern. Während die Firma Eduard Puls die geschmiedeten Gitter fertigte, schuf der Bildhauer Julius Moser die Marmorfigur des segnenden Christus, die in der Kuppelhalle steht. Die Kuppel ist mit einem Glasmosaik ausgekleidet, das die Mosaikanstalt von Antonio Salviati in Venedig nach Entwurf von Anton von Werner herstellte. Auf den seitlichen Lünetten sind die Grablegung sowie die drei Frauen am Grab dargestellt. Die Fabrikantenfamilie Gilka leistete sich um 1880 eine beeindruckende Grabhalle. Diese besteht aus einem zentralen Kuppelbau und nicht überdachten Seitenhallen auf ionischen Säulen. An Arthur Kube (1854-1893) und Friedrich Wilhelm Kube erinnert eine üppig dekorierte Grabwand mit vorgestellten dorischen Säulen, Bildreliefs und einem Engel aus weißem Marmor, der sich vor einem Kreuz erhebt. Eine ungewöhnliche Architekturmischung zeigt das Grabmal der Familie Schultze-Zitelmann (um 1880). Es besteht aus einem Grufthaus und einem asymmetrisch erweiterten, mit Rückwand und Balustrade umgebenen Binnenbereich. Daran lehnt sich ein Tempelfragment an, das als Ruine eines antiken Bauwerks inszeniert wurde. Die korinthischen Säulen und das Gebälk sind dem Castor-Pollux-Tempel auf dem Forum Romanum in Rom nachgebildet. An die Familienangehörigen erinnern Porträtbüsten, die innen im Grufthaus stehen. Drei Büsten schuf der Bildhauer Walter Schott. Eine andere Stilrichtung zeigt das Mausoleum der Arztfamilien Süersen und Walther-Süersen. Es wurde um 1900 nach dem Vorbild byzantinischer Kirchen errichtet.

Die Einzelmonumente wurden überwiegend als Grabstelen gestaltet. Oftmals sind sie mit Bildnismedaillons aus Marmor oder Bronze versehen. An den evangelischen Theologen Friedrich Schleiermacher (1768-1834) erinnert eine von Ludwig Ferdinand Hesse entworfene Stele mit Giebel und Marmorbüste im Tondo. Das Bildnis schuf Christian Daniel Rauch, der Begründer der Berliner Bildhauerschule. Schleiermacher, der sich als Philosoph und Mitglied der Akademie der Wissenschaften einen Namen machte, war Pfarrer der Dreifaltigkeitskirche in der Friedrichstadt. Als solcher nahm er 1815 die erste Bestattung auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof II vor. Granitstelen mit Bildnismedaillons erinnern an den Theologen Philipp Konrad Marheineke (1780-1846), an den Philologen Ferdinand Ranke (1802-1876) und an den Archivar Georg Heinrich Pertz (1795-1876). Die reich gestaltete Stele für die Schauspielerin Marie Seebach (1829-1897) enthält nicht nur ihr Bildnis, sondern ist zusätzlich mit einem Bronzeengel geschmückt. Eine Büste von Otto Geyer ehrt den Schriftsteller August Kopisch (1799-1853), während für Gertrud Gräfin Pfeil (1857-1889) eine runde Marmorstele mit Bildnismedaillon geschaffen wurde. Dem Unternehmer Johann Georg Halske (1814-1890), der 1847 mit Werner Siemens die Telegraphenbauanstalt Siemens & Halske gründete, ist eine Marmorbüste von Julius Moser gewidmet. Die Gräber des Verlegers Georg Andreas Reimer (1776-1842), des Dichters Heinrich Steffens (1773-1845), des Germanisten Karl Lachmann (1793-1851), des Sprachforschers Franz Bopp (1791-1867), des Dichters Ludwig Tieck (1773-1853) und des Geschichtsschreibers Friedrich von Raumer (1786-1873) sind mit einfachen Stelen versehen. In einer schmucklosen Grabstelle ruht der Historiker Theodor Mommsen (1817-1903).

Nach der Jahrhundertwende entstanden eindrucksvolle Grabwände. Das monumentale, aus poliertem Labradorgranit gefügte Wandgrab des Malers Adolph von Menzel (1815-1905) enthält in einer Bogennische eine naturalistische Büste der "kleinen Exzellenz", dessen Begräbnis Kaiser Wilhelm II. anführte . Es handelt sich um einen Bronzeabguss nach der Marmorbüste, die Reinhold Begas um 1874 für die Nationalgalerie schuf. Der Bildhauer Georg Wrba gestaltete 1907 das Grabmal für den Bankier Arthur von Gwinner (1856-1931). Die streng gegliederte Hauptfront zeigt einen Christuskopf, umgeben von einer ornamentalen Dornenkrone, während zwei verschleierte Karyatiden den wuchtigen Dreiecksgiebel tragen. Das neoklassizistische Wandgrab für den Architekten Heinrich Kayser (1842-1917) geht auf einen Entwurf von Arnold Hartmann zurück, während der Bildhauer Gerhard Janensch die Büste des Verstorbenen schuf. Nach dem Ersten Weltkrieg setzten sich sachliche Gestaltungen durch. So ist die Grabstelle des AEG-Vorstandsmitglieds Georg Klingenberg (1870-1920) durch eine schlichte Grabwand aus feingefügtem Muschelkalk gekennzeichnet. Die eingelassene Bronzeplakette schuf der Bildhauer Fritz Klimsch. Das mit billigen Spaltklinkern verkleidete Mausoleum Siekerka (um 1925) ist in seiner strengen Einfachheit und absoluten Schmucklosigkeit der neuen Sachlichkeit verpflichtet. Unter den Persönlichkeiten, die auf dem Friedhof ruhen, ist noch Georg Wertheim (1857-1939), der Gründer des Kaufhauskonzerns Wertheim, zu nennen.


(1) Zu den Friedhöfen an der Bergmannstraße vgl. "O ewich ist so lanck". Die Historischen Friedhöfe in Berlin-Kreuzberg. Ein Werkstattbericht, hrsg. v. Christoph Fischer und Renate Schein, darin v. a. Fischer, Christoph: Die historischen Friedhöfe in Berlin-Kreuzberg. Zur Entstehungsgeschichte, S. 17-52, Lemburg, Peter: Repräsentative Architekturgrabmäler auf den Kreuzberger Friedhöfen in ihrer stilistischen Entwicklung, S. 73-104, Einholz, Sibylle: Die Berliner Bildhauerschule und die Kreuzberger Friedhöfe, S. 105-125 sowie Kleines Künstlerlexikon der Berliner Bildhauerschule für die Kreuzberger Friedhöfe am Halleschen Tor und in der Bergmannstraße, S. 125-128; Hammer 2001, S. 86-93; Gartendenkmale in Berlin. Friedhöfe, Petersberg 2008, S. 56-67, 72-75.

(2) BusB X A (3), S. 49, 92; Hammer 2001, S. 86-90; Gartendenkmale in Berlin. Friedhöfe, Petersberg 2007, S. 56-60.

Literatur:

  • BusB X A 3 1981 / Seite 92
  • Gartendenkmalpflege 7 (1992) / Seite .
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 422-425

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