Denkmaldatenbank

Volkspark Wuhlheide mit der Alleeachse des Eichgestells

Obj.-Dok.-Nr. 09046019
Bezirk Treptow-Köpenick
Ortsteil Oberschöneweide
Adressen An der Wuhlheide & Eichgestell & Straße zum FEZ
Denkmalart Gartendenkmal
Sachbegriff Volkspark & Allee
Datierung ab 1730, 1923, 1932
Umbau 1949
Entwurf Harrich, Ernst (Gartenarchitekt)

Die Wuhlheide war schon um 1900 ein stark frequentiertes Erholungsgebiet des Berliner Ostens nahe der Rennbahn Karlshorst. Mit dem raschen Bevölkerungswachstum in Oberschöneweide wurde die Anlage geeigneter Erholungsflächen dringlicher. (1) Als 1911 der Zweckverband Groß-Berlin die Wuhlheide für die Trinkwassergewinnung erwarb, wurde er verpflichtet, den Wald zu erhalten und einen Park anzulegen. Die Planungen für den Volks- und Waldpark Wuhlheide (2) wurden jedoch erst ab 1919 durch die Treptower Gartenamtsverwaltung weiter verfolgt. Für das von der Stadtverordnetenversammlung 1922 beschlossene Projekt legte Gartendirektor Ernst Harrich ein Jahr später einen ersten Entwurf vor, dem 1924 ergänzende Pläne folgten. Pflanz- sowie Detailpläne für die gartenarchitektonische Ausstattung erstellte auch der Garteninspektor Karl Hennig. Die Pläne wurden mit Unterstützung der Berliner Stiftung "Park, Spiel und Sport" unter Einbeziehung von Arbeitslosen bis 1932 ausgeführt. Die wirtschaftliche Situation zwang zu kostengünstiger Materialverwendung und einer Reduzierung des Ausstattungsprogramms. Waldtheater und Restaurant entfielen. Diese Einrichtungen gehörten zum Programm des Volksparks, dessen Gestaltung und Ausstattung sich an den von Ludwig Lesser 1910 propagierten Leitsätzen für Volksparke orientierte. (3) Neben der sozialhygienischen Bedeutung der Anlage als Teil einer Grünflächenverbindung im Stadtgefüge wurde der Gesundheitsfürsorge und physischen Stärkung der Besucher eine hohe Wertigkeit zugemessen. Im ausgedehnten Waldpark entstanden teils auf natürlich belassenen Lichtungen und Waldwiesen, teils neu in geometrischen Formen gestaltet, zahlreiche Anlagen zum Sport und Spiel für alle Altersgruppen. Außerdem wurden Themengärten und Freiräume für den beschaulichen Aufenthalt angelegt. Die spezifische Formensprache der Anlage, die Einfügung formaler Partien in einen naturnahen Wald mit "bodenständigen" Baumpflanzungen wie Buchenhainen erlaubt Vergleiche zu den in den 1920er Jahren von Erwin Barth gestalteten Berliner Volksparken Jungfernheide in Charlottenburg und Rehberge in Wedding. (4)

Ernst Harrich konzipierte einen kombinierten Wald- und Volkspark, in dem landschaftliche Szenerien mit heimischen Vegetationsbildern nicht nur der Erholung dienen, sondern auch anschaulich Bildungswerte und somit eine Identifikation mit der heimatlichen Flora und Fauna vermitteln sollten. (5) Bei der Gestaltung der Anlage orientierte er sich an der Topographie des Geländes mit dem Niederungsbereich der Rohrlake, einer Sanddüne und dem Wald mit seinem Jagdwegenetz aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Das im 18. Jahrhundert angelegte Eichgestell, mit einer Eichenallee eingefasst, bildet die zentrale Achse und den Hauptweg des Volksparks. Nördlich davon sind die Mehrzahl der Spiel- und Sportanlagen sowie Themengärten zum Teil in axialer Zuordnung disponiert, während südwestlich des zentralen Wegekreuzes Großer Sternplatz noch Rodelbahn und Heckengarten angeordnet sind.

Der Park zeigt heute infolge der Eingriffe nach 1945 ein verändertes Bild. Große Flächen im nordwestlichen Teil, die Sportwiese und die Große Waldwiese, wurden durch die Sowjetische Armee in Anspruch genommen. Abholzungen des Waldes, Fremdnutzungen sowie mangelhafte Pflege, auch die Umgestaltungen für den Pionierpark führten zu neuen Strukturen. Harrichs Gestaltungskonzept ist heute vor allem noch in der westlichen Wuhlheide erlebbar. Der noch erhaltene Waldparkbereich zeichnet sich durch einen Alteichenbestand mit eingestreuten Kiefern und Unterpflanzungen von Buchen, Ahorn, Linden und Birken, auch Robinien, Pappeln und verschiedenen Ziersträuchern aus. Nordwestlich und nordöstlich des Großen Sterns beeindrucken alte Buchenhaine. Von der Inszenierung heimischer Waldbilder zeugen auch noch Eichen-Kiefern-Mischbestände südlich des Eichgestells. Der Waldpark wird heute noch durch den Wechsel landschaftlicher Waldbereiche und offener Flächen in Form von Wiesen oder Rasenflächen geprägt. Auch die geometrischen Strukturen der Haupt- und Nebenachsen und der Sport- und Spielanlagen zeichnen sich noch im Gelände ab. Im Westen der Wuhlheide befinden sich nahe der Treskowallee Tennisplätze der 1930er Jahre. Östlich schließt sich das 1932 eröffnete Licht- und Luftbad, heute ein Freibad, mit seiner weiten Liegewiese an. Am nördlichen Rand der Anlage bildet eine Terrasse, bepflanzt mit Kugelahorn und Eiben, einen erhöhten Aussichtspunkt. Vom Bad führt ein Weg, den ehemaligen Kinderspiel- und Turnplatz berührend, zum Eichgestell. Südwestlich des Großen Sterns nutzte Harrich eine Sanddüne für die Anlage einer Rodelbahn in gekurvter Form. Ihr halbkreisförmiges, von Eichen eingefasstes oberes Plateau eröffnet nach Süden einen Blick auf Oberschöneweide und den Turm der Christuskirche. In der Umgebung der Bahn befinden sich zahlreiche alte Eichen. Östlich der Bahn zeichnen sich noch Strukturen des 1927 eröffneten Heckengartens ab. Drei Treppenanlagen mit integrierten Bankplätzen verbinden drei Terrassen, die durch Böschungen von einander getrennt sind. (6) Der in geometrischer Grundform ausgebildete Rasenplatz mit Freilichtbühne im unteren Teil ist heute weit gehend zerstört. Ein Weg verbindet diesen Bereich mit dem Rundplatz des Großen Stern. Eine hier beginnende Roteichenallee erschloss ursprünglich in nordwestlicher Richtung axial die großen Sportanlagen im nordwestlichen Bereich. Östlich der Allee ist am Standort des Ernst-Thälmann-Stadions der ehemalige Sportübungsplatz erhalten. Die hippodromförmige Anlage mit Laufbahn und Spielfeld befindet sich in vertiefter Lage hinter mit Hecken bepflanzten Wällen. Südöstlich ragen Kunststeinmauern hinter gestaffelten Terrassen als Abschluss auf.

Nördlich des Waldfriedhofs Wuhlheide legte Ernst Harrich einen formalen, symmetrisch gegliederten Terrassengarten an. Die Schmuckanlage mit Blumengärten und Ruheplätzen ist nur noch anhand einer Aufschüttung und eines Lindenkarrees zu entdecken. Nördlich davon erstreckt sich ein weiter Wiesengrund, die ehemalige Volkswiese mit Auenwaldbereichen entlang der Rohrlake. Diese speist einen kleinen, schon verlandenden Teich. Einen wirkungsvollen Blickpunkt in der Wiesenlandschaft bildet der Wasserturm des Wasserwerks Wuhlheide mit seinem Zeltdach. Er ragt nordöstlich des Teichs hinter der hufeisenförmig von einem Weg umschlossenen "Blumigen Wiese" und einer erhöhten Terrasse auf.


1) Schon 1903 beabsichtigte die Preußische Regierung, die Wuhlheide in einen Volkspark umzugestalten, vgl. Die Wuhlheide bei Berlin als Volkspark, in: Die Gartenkunst 6 (1904), S. 16. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurden erste Ansätze zum Naturschutz in der Wuhlheide entwickelt, vgl.: Zur Erhaltung der Pflanzenwelt in der Wuhlheide, in: Die Gartenkunst 14 (1912), S. 67.

2) Neumann, C.: Neuere und neueste Volksparks von Berlin, in: Die Gartenwelt 31 (1927), S. 514-517, 671-673, hier S. 671-672; Harrich, Ernst: Volks- und Waldpark Wuhlheide in Berlin-Treptow, in: Die Gartenkunst 42 (1929), S. 24-26; Architekturführer 1974, S. 138; BusB XI, S. 93-94, 269; Zappe 1993, S. 57 ff.; Becker/Giseke/Mohren/Richard, Büro Landschaftsplanung & Gartenarchitektur: Wuhlheide. Entwicklungskonzept und Grundlagen für ein Parkpflegewerk für den Kernbereich. Zwischenberichte. Gutachten im Auftrag des Bezirksamtes Köpenick, Naturschutz- und Grünflächenamt. Berlin 1994; Kowarik, Ingo: Historische Gärten und Parkanlagen als Gegenstand eines Denkmal-orientierten Naturschutzes. in: Naturschutz und Denkmalpflege. Wege zu einem Dialog im Garten. Zürich 1998, S. 111-139.

3) Lesser, Ludwig: Volksparke heute und morgen, Berlin [1927], S. 6.

4) Bei den bestandserhaltenden und gestaltenden Maßnahmen in Waldparken bevorzugten einige Gartenarchitekten auch unter dem Einfluss der Heimatschutzbewegung deutsche Vegetationsbilder.

5) Zum Begriff des Waldparkes bzw. Parkwaldes vgl. von Salisch, Heinrich: Forstästhetik. Berlin 1902; Kowarik, Ingo: Historische Gärten und Parkanlagen als Gegenstand eines Denkmal-orientierten Naturschutzes. in: Naturschutz und Denkmalpflege. Wege zu einem Dialog im Garten. Zürich 1998, S. 120 ff.; Zappe 1993, S. 11-16, 29-36.

6) Geschnittene Hecken begrenzten die obere Terrasse und die halbkreisförmige Freilichtbühne, eine Anlage für kulturelle- und Tanzveranstaltungen.

Literatur:

  • Becker GiesekeTopographie Treptow-Köpenick/Nieder- und Oberschöneweide, 2003 / Seite 140ff.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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