Denkmaldatenbank

Heinrich-von-Kleist-Park

Obj.-Dok.-Nr. 09045885,T
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Schöneberg
Adressen Potsdamer Straße
Denkmalart Gartendenkmal
Sachbegriff Parkanlage
Datierung 1909-1911
Umbau 1945
Entwurf & Ausführung Brodersen, Albert (Gartenarchitekt)
Entwurf Pniower, Georg Béla (Gartenarchitekt)
Bauherr Stadt Schöneberg (Stadtverwaltung)

Der heutige Heinrich-von-Kleist-Park, Potsdamer Straße, erhielt seine charakteristische Prägung durch die Neugestaltung von Georg Béla Pniower nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. (1) Der zehn Jahre mit Berufsverbot belegte Gartenarchitekt war im Juli 1945 von den Amerikanischen Streitkräften beauftragt worden, für den Alliierten Kontrollrat, der in das Gebäude des ehemaligen Kammergerichts einzog, eine repräsentative Grünanlage zu gestalten. Pniower beachtete dabei die vorhandene Raumstruktur des 1910-12 von Stadtgartendirektor Albert Brodersen angelegten Parks mit den an die Potsdamer Straße versetzten Königskolonnaden sowie den alten Baumbestand, der zu einem geringen Teil noch aus dem ehemaligen Botanischen Garten stammte, wobei er jedoch weder das Wegesystem Brodersens noch Einzelheiten der im gemischten Stil ausgeführten Gestaltung übernahm. (2) Nur einige Elemente der Raumstruktur - wie die Funktionstrennung in einen Gartenhof westlich der Kolonnaden oder das vertiefte Rasenoval - erinnern noch an die vorherige Gestaltung. (3) Die repräsentative Neugestaltung hob die räumliche Wirkung des Kontrollratsgebäudes hervor und war auf die neuen Nutzungsbedürfnisse ausgerichtet. 1991 übernahm das Berliner Kammergericht wieder sein ehemaliges Domizil. Der Park ist erneut eine stark frequentierte öffentliche Anlage, deren Kinderspielplätze am Nord- und Südrand inzwischen modernisiert und erweitert worden sind.

Das Entree von der Potsdamer Straße wird nach wie vor durch die beiden Kolonnadenreihen markiert. Der Hauptzugang führt über zwei parallele Wege auf den rechteckigen "Gartenhof" zu, in dessen Zentrum seit 1945 die Bronzefigur "Genius des Geistes" auf einem hohen kubischen Sockel inmitten einer formalen Beetfläche einen Blickpunkt bildet. (4) Der am Rasenoval durch eine niedrige Betonmauer begrenzte Gartenhof zeigt ebenso wie die vor dem ehemaligen Kontrollratsgebäude gelegene Fahnenterrasse noch die Pflasterung aus Granit-Kleinsteinen mit dunklen Bändern aus Betonplatten. Auf der schmalen Rasenfläche im Zentrum des Eingangsbereichs erinnert ein Gedenkstein an die Prozesse des Volksgerichtshofs. (5) Die Raumwirkung des Gebäudes ist durch die Ausmuldung der Rasenfläche nach Westen und die verbreiterte Vorfahrt akzentuiert. Der so entstandene Höhenunterschied gestattete die bauliche Betonung der Fahnenterrasse, deren frontale Balustradenmauer ein dreifaches Mauergewölbe aufweist. Zwei Treppen führen seitlich hinab in das eingefriedete, von einer Hecke umsäumte Rasenoval. Auf dieser heute zum Lagern und Spielen genutzten Fläche befinden sich mehrere Baumgruppen und Solitäre, darunter Ahorn und Pappeln, Rosskastanien- , Eichen- sowie Rotbuchengruppen. Auch einige Nadelgehölze und dendrologische Besonderheiten wie ein Zürgelbaum, eine Sumpfzypresse und eine Flügelnuss sind anzutreffen. Den Bodenaushub nutzte Pniower zur Anschüttung von Wällen nördlich und südlich der Wegeellipse. Diese weisen dichte Abpflanzungen aus Bäumen und Sträuchern auf, um die Parkplätze an den nördlichen und südlichen Grundstücksgrenzen zu verbergen. Auf den Böschungskronen gestaltete Pniower umpflanzte Ruheplätze, die Hänge schmücken noch heute Stauden und Sommerblumen. Von mehreren barocken Sandsteinfiguren, die 1910 aus dem Gebäude der Königlichen Bibliothek hierher versetzt wurden und zur Apollogruppe des ehemaligen Akademiegebäudes der Künste und Wissenschaften Unter den Linden gehörten, ist nur noch die überlebensgroße Skulptur der Melpomene, die 1749 vermutlich von Georg Franz Ebenhech geschaffen wurde, auf der südlichen Böschung vorhanden. (6) Einen imposanten Blickfang bilden auch die monumentalen Rossebändiger von Peter Jakob Clodt von Jürgensburg, die das Kammergerichtsgebäude seit 1945 an der Parkseite flankieren. (7) Die vom Berliner Stadtschloss hierher versetzten Originale akzentuieren heute die Fassade des Kammergerichts.


(1) Georg Béla Pniower (1896-1960), Gartenarchitekt, Professor, war von 1922-24 Leiter des Entwurfsbüros der Firma Ludwig Späth und 1924/25 der Abteilung Gartengestaltung der Firma Hermann Rothe GmbH in Berlin Zehlendorf, ab 1925 freischaffender Gartenarchitekt in Berlin, 1935 Berufsverbot auf Grund seiner jüdischen Abstammung, 1938/39 Englandaufenthalte, 1944 Verhaftung und Zwangsarbeit. Nach Kriegsende Aufträge der Alliierten in Berlin. Ab 1951 Lehrstuhl für Gartenkunst und Landschaftsgestaltung, Direktor des Instituts für Garten- und Landeskultur an der Humboldt-Universität zu Berlin. Zur Biographie und zum Werk siehe: Gröning, Gert/Wolschke-Bulmahn, Achim: Grüne Biographien, Biographisches Handbuch zur Landschaftsarchitektur des 20. Jahrhunderts in Deutschland, Berlin, Hannover 1997, S. 291-294; Nied, Angelika: Georg Béla Pniower, Bausteine zu seiner Biographie als Gartenarchitekt, Diplomarbeit TU Berlin 1992, S. 80-88.

(2) Albert Brodersen (1857-1930), Königlicher Gartenbaudirektor, Gartendirektor der Stadt Berlin (1910-25), Amtsnachfolger von Hermann Mächtig. Vgl. Gröning, Gert/Wolschke-Bulmahn, Achim: Grüne Biographien, Biographisches Handbuch zur Landschaftsarchitektur des 20. Jahrhunderts in Deutschland, Berlin, Hannover 1997, S. 53. Parkeröffnung am 24.05.1912, Fertigstellung erst im Frühjahr 1913 mit Anpflanzungen im Kolonnadenbereich (Akte Nr. 52 des Städtischen Parkreviers, Bot. Gart. - Kleistpark, Bl. 159, 208). Brodersens Gestaltung umfasste einen formalen Vorplatz westlich der Kolonnaden, der nach Westen von einer Balustrade begrenzt war. Zwei Treppen führten zu einem vertieften Rasenrechteck mit breiten, auf das Gericht ausgerichteten Randwegen. Ein fast ovaler Weg umzog die Parkmitte mit einer nur locker bepflanzten Querachse. An deren Enden befanden sich ein Brunnenhäuschen und ein regelmäßiger Platz mit "Spielgrube". Weitere formale Plätze, Blumenanlagen, wie eine Rosenlaube, sowie Kinderspielplätze waren in den Ecken eines äußeren Wegerechtecks angeordnet, während eine dichte Randbepflanzung die Anlage nach außen abschirmte. Vgl. Heise/Kaupp 1994, S. 41 ff.

(3) Ein Weg um das Oval wurde 1945 als Zufahrtsstraße für den Alliierten Kontrollrat neu angelegt.

(4) Die geflügelte Figur hält eine Fackel in der linken Hand. Sie stammt vom Sockel des Reiterdenkmals für Friedrich Wilhelm III. im Lustgarten, das 1863-71/76 von Albert Wolff geschaffen und im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Die ab 1871 entstandene Figur beugte sich einst über die Allegorie der Wissenschaft. Eine der vier überlebensgroßen Sitzfiguren von den Ecken des Denkmals befindet sich heute vor der Nikolaikirche in Berlin-Mitte. Vgl. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Denkmale in Berlin, Ortsteil Mitte, Petersberg 2003, S. 187 f.; Simson, Jutta von: Der Bildhauer Albert Wolff 1814-1892, Berlin 1982, S. 86-95.

(5) Im Gebäude des Preußischen Kammergerichts wurden u.a. die Urteile gegen die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 gefällt. Vgl. Elßholzstraße 30-33.

(6) 1910 fand der Transport von sieben Sandsteinfiguren vom Neubau der Königlichen Bibliothek zum Kleistpark statt. Die noch vorhandene barocke Plastik ist offensichtlich die einzige erhaltene der zum Kleistpark versetzten Gruppe. Weitere Figuren der Apollogruppe befindet sich seit 1910 im Schillerpark in Berlin-Wedding und auf dem Gelände der UdK in der Hardenbergstraße. Vgl. Akte Nr. 52 des Städtischen Parkreviers, Bot. Gart. - Kleistpark, Bl. 43-44.

(7) Zar Nikolaus I. hatte die bronzenen Dioskuren in St. Petersburg beauftragt und sie 1842 seinem Schwager König Friedrich Wilhelm IV. und den Berlinern geschenkt. Die Bronzegruppe, deren meisterhafte Modellierung für die Berliner Bildhauerschule vorbildhaft wurde, war auf der zum Lustgarten gerichteten Terrasse des Berliner Schlosses aufgestellt. Baron Peter Jakob Clodt von Jürgensburg (1805-1867) wurde 1838 Professor an der Petersburger Akademie der Künste, 1852 Direktor der dortigen Gießerei und war bekannt für seine Pferdedarstellungen. Vgl. Bloch, Peter/Grzimek, Waldemar: Das Klassische Berlin, Die Berliner Bildhauerschule im 19. Jahrhundert, Frankfurt am Main, Berlin, Wien 1978, S. 436 f.; Börsch-Supan u. a. 1991, S. 247; Ethos und Pathos 1990, Bd. I, Kat. Nr. 375, S. 399; Ethos und Pathos 1990, Bd. II, S. 434 f.; Müller-Bohn, Hermann: Die Denkmäler Berlins in Wort und Bild, Berlin 1905, S. 14 f.; Thieme/Becker: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, hg. von Ulrich Thieme und Felix Becker, Bd. 7, Leipzig 1912, S. 112; Wille 1981, S. 29.

Literatur:

  • BusB II/III 1896 / Seite 138-140 & 252-256
  • BusB I/II 1877 / Seite 94-96
  • BusB XI 1972 / Seite 263
  • N.N./ Ein Markusplatz für Berlin (Überbauung des alten Botanischen Gartens bei Schöneberg) in
    Leipziger Bauzeitung 2 (1906) / Seite 88-89
  • Zentralblatt der Bauverwaltung 41 (1921) / Seite 65f.
  • Denkmalpflege und Heimatschutz 31 (1929) / Seite 12f.
  • Reclam Berlin, 1987 / Seite 392-394
  • Ländliches und städtisches Grün, Ausstellungskatalog, Berlin 1987 / Seite 27ff.
  • Wendland/ Berlins Gärten und Parke, 1979 / Seite 186-196
  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite 96f.

Teilobjekt Pferdebändiger (nördliche Gruppe)

Teil-Nr. 09045885,T,001
Sachbegriff Plastik
Datierung 1844
Ausführung Clodt von Jürgensburg, Peter Jakob

Teilobjekt Pferdebändiger (südliche Gruppe) & Rossbändiger

Teil-Nr. 09045885,T,002
Sachbegriff Plastik
Datierung 1842
Ausführung Clodt von Jürgensburg, Peter Jakob

Teilobjekt Genius des Geistes

Teil-Nr. 09045885,T,003
Sachbegriff Plastik
Datierung 1871-1876
Entwurf & Ausführung Wolff, Albert

Teilobjekt Plastik

Teil-Nr. 09045885,T,004
Sachbegriff Plastik
Datierung um 1750

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