Denkmaldatenbank

Fabrik Bruno-Bürgel-Weg I

Obj.-Dok.-Nr. 09045278
Bezirk Treptow-Köpenick
Ortsteil Niederschöneweide
Adressen Bruno-Bürgel-Weg 9, 10, 11
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Fabrik
Datierung um 1897
Umbau um 1905
Entwurf & Ausführung Buntzel, Robert (Maurer & Zimmermann)
Entwurf & Ausführung Obrikat, H. O. (Maurer)
Bauherr Schneider, Otto (Fabrikant)

Im späten 18. Jahrhundert eröffneten Kattunbleichen die Besiedlung des Landstreifens an der Oberspree. Später zogen große Textilfabriken an das verkehrlich erschlossene Flussufer. Der Strukturwandel in der Berliner Industrie führte jedoch im frühen 20. Jahrhundert zu einer vollständigen Verdrängung der Textilbranche. An die einstmalige Bedeutung dieses Industriezweigs erinnert heute nur noch die Textilverarbeitungsfabrik Otto Schneider am Bruno-Bürgel-Weg 9-11. (1). Die Fabrikanlage entstand 1896/97 im Zuge der zweiten Randwanderung der Berliner Industrie. Färbereibesitzer Otto Schneider verlagerte seinen Betrieb von Charlottenburg an die Oberspree, wo ausreichend Wasser entnommen werden konnte und die Spindlersfelder Vorortbahn den Transport der Waren vereinfachte. Mauermeister Robert Buntzel aus Niederschöneweide errichtete eine mustergültige Fabrikanlage, die alle Produktionsbereiche in einem einheitlichen, klar geordneten Bauwerk zusammenfasst. Neugotische Bauformen bereichern die Fassaden.

Robert Buntzel bildete für den zweistöckigen Kopfbau am Bruno-Bürgel-Weg eine repräsentative Fassade aus, die selbstbewusst in den Straßenraum wirkt. Ein neugotischer Giebel mit gestaffelten Türmchen betont die mittlere Achse. Hinter dem Verwaltungsgebäude beginnt die eigentliche Produktionsstätte, eine eingeschossige Halle mit verglasten Sheds. Außen deutet die sägezahnartige Giebelreihe auf die Shedkonstruktion. In der Fabrikationshalle wurden die angelieferten gewebten Stoffe in mehreren Arbeitsgängen gewalkt, gewaschen und geraut, um unterschiedliche Oberflächenqualitäten zu erhalten. In Färbekufen erhielten die Stoffe die gewünschte Farbe. An der Wasserseite beschließt das Kesselhaus den Fabrikbau. Eine Dampfmaschine sorgte für den Antrieb der technischen Geräte, während ein Dampfkessel heißes Wasser für die Arbeitsgänge erzeugte. Zur Spree weist eine giebelbekrönte Schaufassade. Vom Schornstein verblieb nur ein mächtiger Sockel, der über das Dach der Fabrikationshalle ragt. Der Wasserturm hingegen ist vollständig erhalten. Robert Buntzel gab dem Turmbau das Gepräge eines mittelalterlichen Stadtturms. Krüppelwalmdach, Ecktürmchen, Luken und auskragenden Querdächer formen eine malerische Turmspitze. Von Oberschöneweide aus ist der Wasserturm als aufmerksam gestalteter Akzent wahrnehmbar.

Die Textilfabrik wurde schon 1905 stillgelegt und von einer Metallfirma übernommen. Seit 1993 dient die Fabrik als Schulgebäude. Die Freie Waldorfschule Berlin-Südost richtete im Verwaltungsbau und in der Shedhalle Klassenräume, Turnhalle und Festsaal ein. Der rückwärtige Teil mit Kesselhaus und Wasserturm steht hingegen leer.


1) Bau- und Kunstdenkmale Berlin II, S. 395; Dunger, Matthias: Umnutzung eines Fabrikgebäudes in Berlin-Niederschöneweide. In: Denkmalschutz und Denkmalpflege in Berlin. Jahrbuch 1994. Berlin 1996, S. 105-107; Dehio Berlin 2000, S. 471

Literatur:

  • Topographie Treptow-Köpenick/Nieder- und Oberschöneweide, 2003 / Seite 74 f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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