Denkmaldatenbank
Deutschlandhaus (ehem.), Amerikahaus (ehem.), Edinburgh-House (ehem.)
09040624 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Westend |
Adressen | Theodor-Heuss-Platz 5, 7 Heerstraße 1, 3 Pommernallee 1, 2, 4 Thüringerallee 1 |
Denkmalart | Gesamtanlage |
Sachbegriff | Geschäftshaus & Bürogebäude |
Datierung | 1927-1930 |
Umbau | 1935, 1955, 1960-1962 |
Entwurf | Straumer, Heinrich (Architekt) |
Entwurf | Roth, Alfred (Architekt) |
Entwurf | Düttmann, Werner (Architekt) |
Bauherr | Berlinische Industrie-GmbH (Heinrich Mendelssohn) |
Bauherr | Sender Freies Berlin |
Das ehemalige Amerikahaus, Heerstraße 1/3, Pommernallee 2/4, errichtet 1927-31, ist durch seine exponierte Ecklage, seine kubisch Erscheinung und den zu einem Turm aufwachsenden Risalit an der Heerstraße ein Urban Icon im Westen Berlins. Seinen eigenwilliger, gerüstkorbartiger Turmaufbau für Leuchtreklame (1935 entfernt, 1951 wieder angebracht) kann man von weither sehen. Die einst feingliedrige Durchbildung des weiß verputzten Hauses ist durch Kriegseinwirkungen, Leerstand, den Austausch der Fenster und die partielle Verkleidung der Geschosszone heute beeinträchtigt. Dennoch kündet das fünfgeschossige Haus von der neusachlichen Modernität der Vorkriegszeit und bezeugt als wichtiger Bau - neben Deutschlandhaus und Funkturm - das vielfältige architektonische Schaffen Heinrich Straumers. Er verwirklichte mit dem ehemaligen Amerikahaus einen in den späten 1920er Jahren neuen glanzvollen Bautyp, der Freizeiteinrichtungen ins Bürohaus integrierte: ein Kabarett, ein Kino, eine Gaststätte für 800 Personen, sechs Läden und 60 Kegelbahnen. In den Turmrisalit zog 1938 der weltweit erste reguläre Fernsehsender Paul Nipkow, dessen Studio im benachbarten ehemaligen Deutschlandhaus untergebracht war. Von baugeschichtlicher Bedeutung ist auch die fortgeführte Gebäudemischnutzung aus Verwaltung und Kultur nach Beschlagnahmung durch die Britischen Streitkräfte: Der 1951 unter dem Namen Summit House eröffnete Bau beherbergte unter anderem das Einkaufszentrum der NAAFI (Navy, Army and Air Force Institutes), den NAAFI-Club, Restaurants, eine Kegelbahn und das Globe Cinema. (1) Seit 1991 ist das ehemalige Amerikahaus Eigentum des Landes Berlin und seit 2000 als Standort des Berliner Kabarett-Theaters Die Wühlmäuse überregional bekannt. Im ehemaligen Verwaltungstrakt ist seit 2018 der Dienstsitz Pommernallee des Bundesministeriums des Inneren für Bau und Heimat ansässig.
Das ehemalige Deutschlandhaus, Theodor-Heuss-Platz 7, Pommernallee 1, errichtet 1927-30 nach Plänen von Heinrich Straumer, zeigt einen zum Platz hin lang gestreckten, sechsgeschossigen Baukörper. Die hohe Qualität und Differenziertheit der Fassadengestaltung ist auch heute noch deutlich erkennbar - ungeachtet der Modernisierung aller Fenster und der Veränderung von Rahmungen. Das Haus zeichnet sich durch zwei in der Tiefe gestaffelte Ladengeschosse, drei mit Rechteckfenstern gegliederte Etagen und eine zurückversetzte, flachgedeckte Dachebene aus. Der turmartige Risalit, der zum Nachbargebäude überleitet, wurde ursprünglich für die mit Licht inszenierte Bewerbung des Hauses genutzt. Ein besonderes Detail ist der umlaufende Balkon der ersten Etage, der weich ausschwingend seinen Abschluss an der Pommernallee findet. Hier, an der Seitenfront, fällt die dekorative Verwendung von hochwertigem Werkstein auf, dessen Materialität auch dem repräsentativen, großzügig gestalteten Empfangsbereich Vornehmheit verleiht.
Für das Deutschlandhaus war ursprünglich eine Nutzung für Läden, ein großes Café, eine Gaststätte sowie Büros vorgesehen. 1936 wurden erste Fernseh-Versuche durch die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft unternommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzten die Briten vorübergehend das Gebäude als Military Government House. 1954 erwarb es der Sender Freies Berlin (SFB), wodurch das Haus zu einer Keimzelle des deutschen Fernsehens wurde und sich seine kulturhistorische Bedeutung begründet. 1970 verlegte man die Fernsehproduktion ins neue SFB-Fernsehzentrum zwischen Masurenallee und Kaiserdamm. Seitdem dient das 2002-03 sanierte Deutschlandhaus dem Einzelhandel und der Büronutzung.
An das Deutschlandhaus schließt unmittelbar das ehemalige Edinburgh House, Theodor-Heuss-Platz 5, an. (2) Es entstand in bester Platzlage 1960-62 als Gästehaus der britischen Militärregierung und Hotel für britische Offiziere mit 50 Ein- beziehungsweise Zweibettzimmern. Die Entwürfe stammen von Werner Düttmann, dem damaligen Senats-Baudirektor der Stadt Berlin. (3) Auftraggeber war das Bundesamt für Besatzungslasten, das für Kosten von stationierten Alliierten aufkommen musste. Seit dem Abzug der britischen Streitkräfte 1991 ist es ein internationales Studierendenwohnheim (heute genannt Max-Kade-Haus), sein durchfenstertes Erdgeschoss zum Platz hin wird gewerblich genutzt.
Fast 30 Jahre liegen zwischen der Errichtung des ehemaligen Hotels und der Entstehung des benachbarten Deutschlandhauses. Düttmann gelingt eine wirkmächtige Symbiose von Bestand und Neubau: Den kubischen Stahlbetonskelettbau mit sechs Geschossen und Dachterrasse gliedert ein strenges Sichtbetonraster, das deutlich Bezug auf die gleichförmigen Öffnungen der benachbarten Geschäftshäuser der 1920er Jahre nimmt. Das Gästehaus besticht durch eine klare Gliederung und eine bemerkenswerte Plastizität, erzeugt durch die deutlich vorkrangenden kleinen Balkone, die an Walter Gropius Studierendenwohnheim in Dessau von 1926 erinnern.
Das Gästehaus ist aus der Perspektive des von der Masurenallee Kommenden sehr präsent. Damals, zur Bauzeit, bildete ein Leuchtschriftzug Edingburgh House an der Dachkante einen besonderen Eyecatcher. Die einst reich durchfensterte Seitenfassade zur Masurenallee ist durch einen Fahrstuhlanbau von 1989 verändert, wodurch sie ihre ortsbildprägende Wirkung eingebüßt hat. Doch ungeachtet dessen findet mit dem Edinburgh House die südliche Bebauung des Theodor-Heuss-Platzes sowohl ihren markanten Auftakt als auch ihren städtebaulich wirksamen Endpunkt. Hier führt die Thüringerallee ins kleinteiligere Wohnquartier rund um den Karolingerplatz, das vom Trubel und Lärm durch die südliche Bauzeile des Theodor-Heuss-Platzes abgeriegelt ist.
(1) Instandsetzung und Umbau erfolgten durch Hans Schoszberger (1907-97).
(2) Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Textband u. Tafelband, Berlin 1961, S. 656-58; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IX, Industriebauten - Bürohäuser, Berlin-München-Düsseldorf 1971, S. 147 f., 194 f.; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VIII, Bauten für Handel und Gewerbe, Bd. B, Gastgewerbe, Berlin 1980, S. 47;
(3) Ochs, Haila (Bearb.): Werner Düttmann, Verliebt ins Bauen, Architekt für Berlin 1921-1983, Basel-Berlin-Boston 1990, S. 280; Antonia Putzger: Das Edinburgh House. In: Buttlar, Adrian von u. a. (Hrsg.): Baukunst der Nachkriegsmoderne, Berlin 2013, S. 318; Schmidt, Lisa Marei und Wittmann-Englert, Kerstin (Hrsg.): Werner Düttmann, Berlin, Bau, Werk, Berlin, 2021, S. 285 f.
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 656-658 (dort weitere Lit.)
- BusB IX 1971 / Seite (dort weitere Lit.) 147-148, 194-195
- BusB VIII B 1980 / Seite 117
- 100 Berliner Bauten der Weimarer Republik, 1977 / Seite 9
- Johannes, Neues Bauen, 1931 / Seite 30
- Moderne Cafés, Restaurants und Vergnügungsstätten. Außen- und Innenarchitektur, Berlin o.J. (um 1930) / Seite 139ff.
- Deutsche Bauzeitung 62 (1928) / Seite 487ff. T1
- Moderne Bauformen 30 (1931) / Seite 281-283, 289
- Bau- und Werkkunst 7 (1930/31) / Seite 293-299
- Bauwelt 22 (1931) / Seite 624/25
- Deutsche Bauhütte 35 (1931) / Seite 459
- Wasmuths Monatshefte für Baukunst 14 (1930) / Seite 434-35
- Die Bauzeitung 28 (41) (1931) / Seite 459
- Kreuter, Marie-Luise/ Das Deutschlandhaus, Theodor-Heuss-Platz 1 =Geschichtslandschaft, Charlottenburg 2, 1985 / Seite 59-75
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Juliane Stamm
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