Denkmaldatenbank

Epiphanienkirche

Obj.-Dok.-Nr. 09040512
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Westend
Adressen Knobelsdorffstraße 72, 74
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Kirche ev.
Datierung 1904-1906, 1930, 1957
Entwurf Kröger, Jürgen (Architekt)
Entwurf Krüger, Walter & Krüger, Johannes (Architekt)
Entwurf Otto, Carl (Baugeschäft)
Bauherr Gemeinde der ev. Epiphanienkirche

Am östlichen Ende der Knobelsdorffstraße erhebt sich die Evangelischen Epiphanienkirche, Knobelsdorffstraße 72/74 mit Gemeindehaus. (1) Das historische Backsteinensemble hat eine außergewöhnliche Lage: unmittelbar neben der Verkehrsschneise Bundesautobahn/Ringbahntrasse und vis-a-vis mehrstöckiger Verwaltungskomplexe sowie Wohnblöcken der 1970-90er Jahre.

Die von Osten weitansichtige Epiphanienkirche stammt in seiner Grundsubstanz von 1904-06 und besaß auch damals eine kiezferne Lage, die zur Benennung "Kirche auf dem Sandberg" führte. Heute ist das Gotteshaus mit seinem markanten, breit gelagerten Ostturm ein "eindrucksvolles Beispiel eines zeitgemäß modifizierten Wiederaufbaus mit modernen Materialien". (2) Der eklektizistische Kernbau über kreuzförmigem Grundriss nach Plänen des Baurats Jürgen Kröger wurde 1945 in Brand geschossen. Der Wiederaufbau begann 1953 durch Erich Ruhtz, der das Ostwerk - einst mit hohen, helmverzierten Doppeltürmen - durch das einfache Satteldach abschloss. Damals wurde auch der Eingang vom Ostwerk an die Südseite verlegt, weil die Rognitzstraße in diesem Abschnitt dem Autobahnbau zum Opfer fiel. 1957-60 erfolgte der Neuaufbau der Kirche und ein tiefgreifender Umbau durch Konrad Sage und Karl Hebecker. (3) Aufällig sind die versachlichenden Veränderungen am ehemals sattelgedeckten Querhaus, das seit 1960 durch eine damals völlig neuartige Aluminium-Faltwerk-Dachkonstruktion abgeschlossen ist. Die Nordseite der Kirche besitzt eine zweiseitige, virtuos aus Backstein und Glas gestaltete Apsis, die ein im Kirchenraum beginnendes, auf die Spitze gestelltes Quadrat fortsetzt. In dessen Mitte befindet sich der Altar. Der Innenraum wird von Dreiecksformen bestimmt, das Gestühl ist dreiteilig aufgestellt. Die Besonderheit des Umbaus der späten 1950er Jahre besteht in der Neuausrichtung des Kirchenraumes nach Nord-Süd, mit dem Altar im Norden und den Eingängen im Süden. Durch das virtuose Faltdach ist das ehemalige Querhaus zum Hauptschiff geworden. Die Nebenkreuzarme sind durch ihre flache Deckung dem hell belichteten Altarraum untergeordnet. Die ursprüngliche Grundrissform des griechischen Kreuzes bleibt erkennbar. Im Südwesten ergänzt die Kirche ein giebelständiger Anbau für Sakristei und Konfirmandensäle von 1904-06 mit zahlreichen Öffnungen, hell verputztem Segmentbogenfeld und seitlichem Turmanbau mit Haube.

Daran schließt sich das 1929-30 errichtete Gemeindehaus von Walter Krüger und Johannes Krüger an. (4) Es in Charlottenburg das einzige aus der Epoche der Weimarer Republik. Durch seine kubischen Baukörper, die reduzierte Gestaltung und offensichtliche Zweckbindung zeigt es Anklänge an die Stilrichtung der Neuen Sachlichkeit. Das kompakte Gemeindehaus bildet ein wirkungsvolles Komplement zum höhendominierenden Kirchenbau. Zugleich verbinden sich Gemeindehaus und Kirche optisch durch die gleichartige Materialität ihrer Fassaden: hier wie dort sind Ziegelverblender gewählt. Der L-förmige Baukörper des Gemeindehauses fügt sich an der Knobelsdorffstraße durch einen sattelgedeckten Bauteil dezent an den Kirchenanbau aus der Kaiserzeit. Der nach Westen ausgerichtete Haupttrakt zeigt zwei turmartige, viergeschossige blockartige Kuben. Zwischen sie ist der zweigeschossige Gemeindesaal eingespannt, auf dessen Funktion die sechs hochrechteckigen Fensterbänder mit Quersprossen hinweisen. Die Fensteröffnungen der Wohnungen, Gemeinderäume und des Kindergartens zeigen typische Formate der 1920er Jahre. Von besonderem Reiz sind die waagerecht gesetzten, rotbraunen Klinkerstreifen der Fassaden, die sich von den orangeroten Ziegeln effektvoll abheben und eine elegante Vertikalstruktur erzeugen. Neben dem Eingang zum Kindergarten setzt eine Dreifenstergruppe, gerahmt von blauen Keramiken, einen besonderen Akzent: Zwei Dekorkeramikplatten des Bildhauers Paul Birr zeigen die figürliche Darstellung der "Flucht nach Ägypten" und der "Anbetung der Könige".


(1) Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Textband u. Tafelband, Berlin 1961, S. 88-91; Kühne, Günter/Stephani, Elisabeth: Evangelische Kirchen in Berlin, Berlin 1978, S. 38-40; Beseler, Hartwig/Gutschow, Niels: Kriegsschicksale Deutscher Architektur, Bd. I: Nord Neumünster 1988, S. 140; BusB VI, 1997, S. 115, 267, 385, 418; Goetz, Christine/Hoffmann-Tauschwitz, Matthias: Kirchen Berlin Potsdam, Berlin 2003, S. 43 f.; Beeskow, Angela: Die Ausstattung in den Kirchen des Berliner Kirchenbauvereins (1890-1904), Berlin 2005, S. 346, Kat. Nr. 10 (dort weiterführende Literatur genannt); Architekturführer Berlin, hrgs. v. Wörner, Martin/Hüter, Karl-Heinz/Sigel, Paul/ Mollenschott, Doris, Berlin 2013, S. 238, Nr. 373.

(2) Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VI, Sakralbauten, Berlin 1997, S. 267.

(3) Die Architekten Sage und Hebecker war zeitparallel am Kirchenneubau in der Villenkolonie Westend (Verweis zu Eichenallee 47-53) beteiligt.

(4) Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VI, Sakralbauten, Berlin 1997, S. 317 f., S. 443 (hier weiterführende Literatur genannt); Blauert, Elke: Walter Krüger (1888-1971), Johannes Krüger (1890-1975), Berlin 2004, S. 125, dem Werkverzeichnis zufolge: "1932/Wettbewerb (1. Preis) und Ausführung Gemeindehaus der Epiphaniengemeinde"; Geschichte der Epiphanien-Kirchengemeinde, hrsg. v. Gemeindekirchenrat der Epiphaniengemeinde Berlin-Charlottenburg, 1992.

Literatur:

  • Kraatz, Wilhelm, Geschichte der Luisengemeinde zu Charlottenburg, Charlottenburg 1916 / Seite 220-224
  • Lütkemann, Wilhelm, Die evangelischen Kirchen Berlins (Alte Stadt), Berlin 1926 / Seite 151ff.
  • Bauwelt 23 (1932) / Seite 177f.
  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 88-91

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

Verkehrsanbindungen