Denkmaldatenbank

Wohnanlage Charlottenburg II

Obj.-Dok.-Nr. 09040509
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Horstweg
10, 10A, 11, 11A, 12, 12A, 13, 13A, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23

Danckelmannstraße 23, 39

Sophie-Charlotte-Straße 75

Vereinsweg 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7

Wundtstraße 6, 8
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Wohnanlage & Gartenhof
Datierung 1907-1910
Entwurf Mebes, Paul Louis Adolf (Architekt)
Bauherr Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin (Baugeschäft)
Ausführung Held und Francke AG

Zwischen den nach der Jahrhundertwende nördlich des Kaiserdamms entstandenen Mietshäusern fallen die einheitlich gestalteten Fassaden und die zur Straße geöffneten Gartenhöfe einer größeren Wohnsiedlung auf: Die Mietwohnanlage Charlottenburg II, Horstweg 10-23 u.a., die 1907-10 nach Entwurf von Paul Mebes für den Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin in zwei Bauabschnitten errichtet wurde, besteht aus 30 fünfgeschossigen Häusern, die sich auf einer Gesamtlänge von etwa 360 Metern den Horstweg zwischen Wundtstraße und Sophie-Charlotten-Straße, unterbrochen durch die Danckelmannstraße, entlang ziehen. (1) Bei diesem, seinem zweiten Projekt für den BWV schuf Mebes eine Anlage, die durch die Anordnung der Häuser mit großen, zum Teil zur Straße offenen Gartenhöfen gut belichtete und zweckmäßig aufgeteilte Wohnungen besitzt sowie durch die Fassadengestaltung im Stil der Baukunst um 1800 eine klare, schlichte und unprätentiöse Wirkung aufweist. (2) Der erste Bauabschnitt mit 140 Wohnungen, der 1907-08 westlich der Danckelmannstraße errichtete wurde, unterscheidet sich vom östlichen Teil in der Anordnung der Höfe und der Fassadengestaltung. Die Hausreihe ist in Mäanderform mit abwechselnd nach Norden und Süden geöffneten Höfen angelegt. Dadurch sind alle Wohnungen mit ihren Wohnräumen nach Süden zur Straße oder zu einem der beiden Gartenhöfe orientiert; Küchen, Kammern und Bäder wenden sich zu den drei Wirtschaftshöfen nach Norden. Die Treppenhäuser sind in den Hausecken zum Hof angeordnet. Alle Zwei- bis Vierzimmerwohnungen verfügen über die Möglichkeit der Querlüftung sowie über Loggien oder Balkone. Durch die Höfe wird die Straßenfront optisch in drei Blöcke unterteilt, die innerhalb einer einheitlichen Struktur - hellgelbe Putzflächen, Baudekor nur an Türrahmen, als einzelne Stuckmedaillons oder am durchlaufenden Gesims über dem zweiten Obergeschoss - jeweils individuell gestaltet sind: Mittel- oder Seitenachsen sind risalitartig vorgezogen und mit Walmdach, spitzen oder abgeflachten Dreiecksgiebeln betont, Erker- und Loggienachsen sind unregelmäßig verteilt, gliedern die Fassaden der einzelnen Abschnitte jedoch in sich symmetrisch.

Der nur zwei Jahre später ausgeführte zweite Bauabschnitt zeigt die Entwicklung, die sich bei Paul Mebes, aber auch allgemein im Wohnungsbau dieser Zeit vollzog: der Übergang vom individuell gestalteten Haus zur einheitlichen Blockfront. (3) Östlich der Danckelmannstraße war die Anordnung der 18 Wohnhäuser vom Verlauf des Horstweg bestimmt, der etwa in der Mitte nach Süden abknickt. Das Grundstück folgt nicht der Straße, sondern läuft in gerader Linie weiter bis zur Wundtstraße. Daher legte Mebes hier eine Privatstraße (Vereinsweg) an, die er als Gartenhof gestaltete und mit 12 Häusern umbaute; an der Nordseite ordnete er drei kleine Wirtschaftshöfe an. Westlich bis zur Danckelmannstraße schließt sich ein zur Straße offener Gartenhof sowie ein geschlossener Block mit einem innen liegenden Gartenhof und einem schmaleren Wirtschaftshof an. Dadurch erhielten alle der knapp 200, überwiegend Zwei- bis Dreizimmerwohnungen eine Ausrichtung zur Straße oder zum Gartenhof und verfügen über eine Loggia; auch hier werden durch die Treppenhäuser in den Hausecken Berliner Zimmer vermieden. In der Fassadengestaltung der Straßenfronten unterscheidet sich der zweite Bauabschnitt vom ersten durch seine einheitliche rhythmisierte Gliederung. Durchlaufende Gesimse trennen die Fassaden horizontal in eine Sockel-, eine mittlere und eine obere Zone und fassen so die einzelnen Häuser deutlich zusammen. Halbrunde Erker und Loggienachsen bilden den vertikalen Takt, der im Dach mit einer langen Reihe von Schleppgaupen und Dreiecksgiebeln über den Erkerachsen aufgenommen wird.


(1) Geßner, Albert: Das Deutsche Miethaus, Ein Beitrag zur Städtekultur der Gegenwart, München 1909, S. 18 f.; BAW (1910), S. 183-185; Baumeister 9 (1911), S. 110-112; Zeitschrift für Wohnungswesen 10 (1912), S. 109-115; BW 4 (1913), S. 31 f.; Haenel, Erich/Tscharmann, Heinrich: Das Mietshaus der Neuzeit, Leipzig 1913, S. 81-88; WMH 2 (1915/16), S. 12; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 430 f.; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. A, Die Voraussetzungen, Die Entwicklung der Wohngebiete, Berlin 1970, S. 249; Meyer, Edina: Paul Mebes, Mietshausbau in Berlin 1906-1938, Berlin 1972, S. 30-36; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. B, Die Wohngebäude, Mehrfamilienhäuser, Berlin-München-Düsseldorf 1974, S. 211-213; Berning, Maria/ Braum, Michael/ Lütke-Daldrup, Engelbert: Berliner Wohnquartiere, Ein Führer durch 40 Siedlungen, Berlin 1990, S. 49-54.

(2) Mebes, Paul: "Um 1800", Architektur und Handwerk im letzten Jahrhundert ihrer traditionellen Entwicklung, München 1908. In seinem Buch stellte Mebes eine Sammlung von Bauten aus der Zeit um 1800 vor, die er als vorbildlich ansah, und forderte damit eine Rückbesinnung auf die Schlichtheit und den Geschmack jener Epoche.

(3) Ehmann, Arne: Wohnarchitektur des mitteleuropäischen Traditionalismus um 1910 in ausgewählten Beispielen, Betrachtungen zur Ästhetik, Typologie und Baugeschichte traditionalistischen Bauens, Diss. Hamburg 2006, S. 384 ff

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 430-431
  • BusB IV B 1974 / Seite 211-213
  • BusB IV A 1970 / Seite 249
  • Berliner Architekturwelt 12 (1909/10) / Seite 183f.
  • Baumeister 9 (1911) / Seite 110-112
  • Bauwelt 4 (1913) / Seite 31-32
  • Zeitschrift für Wohnungswesen 10 (1912) / Seite 110-112
  • Wasmuths Monatshefte für Baukunst 2 (1915/16) / Seite 112
  • Meyer: Paul Mebes, 1972 / Seite 30f., 205
  • Geßner: Das Deutsche Mietshaus, 1909 / Seite 18-19

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Landesdenkmalamt Berlin
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