Denkmaldatenbank

Luisenkirchhof III.

Obj.-Dok.-Nr. 09040489,T
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Westend
Adressen Fürstenbrunner Weg 37, 67
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Friedhof
Datierung 1891-1892, 1893-1894, 1920
Entwurf
Bauherr Luisengemeinde Charlottenburg

Der Kapelle auf dem Luisenkirchhof III, Fürstenbrunner Weg 37/67 war bereits zur Eröffnung des Friedhofes 1891 ein provisorischer Fachwerkbau an der Straße vorausgegangen. (1) Das niedrige Gebäude, das neben dem Andachtsraum auch eine Leichenkammer, Toiletten und Personal- wie Lagerräume enthielt, lag an Stelle des straßenseitigen Wirtschaftsgebäudes neben der Friedhofsverwaltung. Die heutige Kapelle wurde hingegen 1891-92 nach einem Entwurf von Johannes Vollmer (2) und Heinrich Jassoy errichtet und ist das Ergebnis eines vorausgegangenen Wettbewerbes, den die hier erstmals gemeinsam auftretende Architektengemeinschaft gewann. (3) Als Bauplatz des von Heinrich Franssen ausgeführten Sichtziegelbaus wurde ein wichtiges Wegekreuz der Friedhofsanlage gewählt, so dass die Eingangsfassade in Sichtachse des Friedhofsportales liegt. Die Kapelle ist daher auch gewestet und dem dreijochigen Saal im Westen ein leicht eingezogener Rechteckchor mit großem Rundfenster und im Osten die offene, ursprünglich über schmiedeeiserne Gitter verschließbare Vorhalle angesetzt. Reiche neogotische Formen zieren die Ziegelfassaden, die zudem breite Lisenen und Fensterguppen gliedern. Dabei werden gedrückt spitzbogige Doppelfenster innerhalb von Blendnischen jeweils von einem großen Rundfenster überfangen. Bänder aus schwarzen Glasurziegeln und weiß verputzte Blendfelder wirken zusätzlich gliedernd auf den Fassadenaufbau ein. Die Ostfassade mit Zackenfries und mehrfach getrepptem Giebel mit Glockenreiter ist als repräsentative Rahmung der sich im großen Rundbogen öffnenden Vorhalle des Haupteinganges gestaltet. Ein Kreuzrippengewölbe auf in Laubdekor geformten Terrakottakonsolen überfängt die Vorhalle und das Tympanon des Kapelleneingangs besetzt ein Christuskopf nach dem berühmten Vorbild Berthel Thorvaldsens. Die als Tondo gestaltete Plastik ist ebenfalls aus Terrakotta geformt und wurde der Gemeinde vom Tonwarenfabrikanten Paul March anlässlich des Kapellenbaus gestiftet. Im gewölbten Andachtsraum mit tiefen Wandpfeilern sind die Zierglieder ziegelsichtig von weißen, früher farbig gefassten Wänden abgesetzt. 1934 wurde hier vom Baugeschäft Rudolf Prien ein neuer Leichenaufzug zum voll ausgebildeten Keller eingebaut. (4) Nach Kriegszerstörungen reduziert wiederhergestellt, fehlen der Kapelle heute die vielgliedrigen Dachaufbauten, insbesondere der schlanke Dachreiter mit steilem Spitzhelm. 1967 wurde südlich des Chores ein Raum für den Harmoniumspieler angebaut und ebenfalls als Ziegelarchitektur in gotisierenden Formen gestaltet. (5) Schließlich erfolgte 1970 die Erweiterung um eine Wartehalle im nördlichen Anschluss der Ostfassade, wofür ein neuer Durchgang eingebaut wurde. (6) Sie ordnet sich als schlichte Ziegelarchitektur mit Rundbogenfenstern und Flachdach ebenfalls dem bestehenden Kapellenbau unter. Das östlich am Fürstenbrunner Weg gelegene Beamtenwohnhaus entstand kurz nach der Kapelle, 1893-94 nach Plänen von Otto Bratring als eingeschossiger Sichtziegelbau mit erhöhtem Seitenrisalit im Süden. Ein erster Entwurf Bratrings, der von der Schweizerhausarchitektur beeinflusst war und formal mit der benachbarten provisorischen Kapelle korrespondierte, (7) wurde zugunsten des bestehenden Gebäudes in verhalten neogotischen Formen aufgegeben. Die äußere Erscheinung beleben auch hier Formziegel, sowie verschiedene Fensterformate und schmiedeeiserne Zuganker. Allerdings wurden inzwischen die geschweiften Gauben sowie mehrere Kaminzüge mit Zierköpfen entfernt und die meisten straßenseitigen Fensterflügel unter Reduzierung ihrer Binnenteilung ausgetauscht. (8) Bereits 1934 erfolgten im Zuge eines Badezimmereinbaus kleinere Änderungen an den Fassadenöffnungen im Westen. (9) Die Verlängerung des nördlich anschließenden Wirtschaftsgebäudes bis an das heute von der Verwaltung der Luisenfriedhöfe genutzte Wohnhaus erfolgte dann 1969. (10) Von dem südlich anschließenden Friedhofsportal sind zwei gusseiserne Rundpfeiler erhalten, die das emaillierte Friedhofsschild tragen, während die Portalflügel zwischenzeitlich erneuert wurden.


(1) Bauakte BWA-Charlottenburg, Fürstenbrunner Weg 37/67, Band 1, fol. 2.

(2) Johannes Vollmer, 1845-1920, Architekturstudium an der Technischen Hochschule Hannover u.a. bei Conrad Wilhelm Hase, zunächst Mitarbeit bei Johannes Otzen, ab Ende der 1870er Jahre selbstständig und ab 1896 Büro mit Heinrich Jassoy, neben zahlreichen neogotischen Backsteinkirchen Entwurf und Ausführung zu den Bahnhöfen Friedrichstraße (1878-82, später verändert) und Hackescher Markt (1878-82).

(3) Bauakte BWA-Charlottenburg, Fürstenbrunner Weg 37/67, Band 1, fol. 26.

(4) Bauakte BWA-Charlottenburg, Fürstenbrunner Weg 37/67, Band 1, fol. 139.

(5) Ausführung vom Bauunternehmen Otto Kalk, Bauakte BWA-Charlottenburg, Fürstenbrunner Weg 37/67, Band 1, fol. 216.

(6) Ausführung ebenfalls vom Bauunternehmen Otto Kalk, Bauakte BWA-Charlottenburg, Fürstenbrunner Weg 37/67, Band 2, fol. 28.

(7) Bauakte BWA-Charlottenburg, Fürstenbrunner Weg 37/67, Band 1, fol. 49.

(8) Vgl. Bauakte BWA-Charlottenburg, Fürstenbrunner Weg 37/67, Band 1, fol. 56.

(9) Bauakte BWA-Charlottenburg, Fürstenbrunner Weg 37/67, Band 1, fol. 145.

(10) Bauakte BWA-Charlottenburg, Fürstenbrunner Weg 37/67, Band 2, fol. 8.

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 474-476
  • Jochens, Birgit/May, Herbert, Die Friedhöfe in Berlin-Charlottenburg. Geschichte der Friedhofsanlagen und deren Grabmalkultur, Berlin 1994 / Seite 52-56
  • Deutsche Bauzeitung 25 (1891) / Seite 8
  • Deutsche Bauzeitung 28 (1894) / Seite 214
  • Wohlberedt/ Grabstätten, 1932-1952 / Seite 332
  • BusB II/III 1896 / Seite 208
  • BusB X A 3 1981 / Seite 88

Teilobjekt Kapelle

Teil-Nr. 09040489,T,001
Sachbegriff Kapelle
Datierung 1891-1892
Entwurf Vollmer, J. & Jassoy, H.

Teilobjekt Verwaltungsgebäude

Teil-Nr. 09040489,T,002
Sachbegriff Verwaltungsgebäude
Datierung 1893-1894
Entwurf Bratring, Paul

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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