Denkmaldatenbank
Oberpostdirektion Berlin, Landespostdirektion (heute), Wohnheim für ledige Postbeamtinnen (Haus Lietzensee)
09040475 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Charlottenburg |
Adressen | Dernburgstraße 44, 48, 50, 52, 54, 58 Herbartstraße 16A, 16B, 17, 18, 20, 21, 22 |
Denkmalart | Gesamtanlage |
Sachbegriff | Postamt & Verwaltungsgebäude & Wohnheim |
Datierung | 1926-1928, 1924-1925 |
Umbau | 1952 |
Entwurf | Hoffmann, Willy & Kayser (?) (Architekt) |
Entwurf | Spalding, Otto (Architekt) |
Bauherr | Deutsche Reichspost (Baugeschäft) |
Bauherr | Oberpostdirektion, Deutsche Reichspost (Baugeschäft) |
Ausführung | Heinrich Trost KG |
Ausführung | Voss, Paul |
Die Gebäude der ehemaligen Oberpostdirektion Berlin und des dazugehörenden Ledigenheimes, Dernburgstraße 44/58, Herbartstraße 17-22, dominieren mit einer auffälligen Gestaltung beide Straßenansichten. Nach Größe und Qualität der Ausführung gehört das Postgebäude zu den herausragenden Verwaltungsbauten der 1920er Jahre. (1) Errichtet 1926-28 nach Entwurf des Oberpostbaurats Willy Hoffmann, fällt es vor allem durch die Verbindung expressionistischer und funktionalistischer Bauformen auf. Das Gebäude, das bis 2019 von der Deutschen Telekom genutzt wurde, hatte den Zweiten Weltkrieg mit nur leichten Schäden überstanden, die 1951-55 beseitigt wurden. Der in dem Zusammenhang wiederhergestellte große Saal ist mit der Ausstattung der 1950er Jahre erhalten. (2) Im Inneren sind die Treppenhäuser und Vestibüle zumeist bewahrt, während die Büroräume in der Nachkriegszeit mehrfach an die jeweils aktuellen Nutzungen angepasst worden sind. (3)
Das Grundstück westlich des Lietzensees hatte die 1850 gegründete und zuletzt in Berlin-Mitte auf 20 Dienststellen verteilte Oberpostdirektion bereits 1922 erworben, die Inflation verzögerte zunächst die Planungen. Besondere Anforderungen an den ab 1924 geplanten Neubau waren die sinnvolle Anordnung von knapp 1.000 Büroräumen sowie die einfache Orientierung für Besucher. Hoffmann entwarf den Hauptteil der Anlage als großen, kastellartig wirkenden vierflügeligen Baublock, der zusammengesetzt ist aus zwei höheren Büroflügeln, die sich jeweils von der Dernburgstraße zur Herbartstraße erstrecken, sowie zwei entlang der Straßen gelegenen Verbindungsbauten. Der große Innenhof wird durch einen Mitteltrakt mit Saalbau zweigeteilt, in dem Versammlungssaal und Kantine übereinander angeordnet sind. Die Lage dieses mittleren Flügels wird außen durch die beiden Eingänge des Gebäudes markiert: an der Dernburgstraße befindet sich das über zwei Geschosse reichende, mit schlanken Stützen, schmalem Vordach und Freitreppe ausgezeichnete Hauptportal, das in das runde Haupttreppenhaus führt; an der Herbartstraße der kleinere Nebeneingang mit seitlichen Treppenläufen. Beide Eingänge wurden nach dem Krieg stark vereinfacht wiederhergestellt. Die ursprünglich fünf Terrakottafiguren, die das Portal an der Dernburgstraße schmückten, wurden 1968 restauriert und vier davon im anschließenden Treppenhaus angebracht. (4) Bei der Fassadengestaltung verband der Architekt gotisch-expressionistische Formen, wie die als Bündelpfeiler in Terrakotta ausgeführten Eckbetonungen, mit sachlichen weißen Putzflächen. Während er die Höhe des blockartigen nördlichen Teils der Anlage an der hier fünfgeschossigen Wohnbebauung orientierte, öffnete er das Gebäude an der Südseite mit zwei niedrigeren Bauteilen zur lockeren Bebauung mit Villen und Landhäusern an der Herbartstraße. Der östliche Anbau, der ursprünglich als Dienstwohnung des Präsidenten der Oberpostdirektion diente, erinnert in Form und Gestaltung an ein Landhaus (nur hier besitzen die Fenster Fensterläden), während der Büroflügel an der Dernburgstraße als fünfgeschossiger, burgartig wirkender Rundbau ausgeführt ist.
Im Inneren sämtlicher Gebäudeteile sind die Büroräume und Flure weitgehend schmucklos, nur die Treppenhäuser sind unterschiedlich gestaltet und beide Eingangsbereiche besonders betont: Das kreisrunde, zugleich als Vestibül dienende Haupttreppenhaus an der Dernburgstraße gehört zu den wirkungsvollsten Formulierungen dieser Bauaufgabe in der Architektur der Weimarer Republik. Acht im Kreis angeordnete, etwa 18 Meter hohe Pfeiler tragen die umlaufenden Galerien, die Treppen laufen zurückgesetzt, der Kreisform folgend empor, die theatralisch wirkende Belichtung erfolgt durch ein zentrales Oberlicht. Die Dynamik wird durch den Schmuck der Pfeiler mit hochrechteckigen, versetzt angeordneten schwarzen, roten und goldenen Kacheln verstärkt. Auch die zweite, zum Eingang an der Herbartstraße gelegene Treppenhalle, von der aus neben den Bürogeschossen vor allem der Eingang zum Veranstaltungssaal erschlossen wird, weist eine qualitätsvolle, jedoch erheblich schlichtere Gestaltung auf. Das im Norden an die Oberpostdirektion anschließende Grundstück Herbartstraße 16A-B wurde 1924-25 nach dem Entwurf Otto Spaldings für den Verein der Reichspost- und Telegraphenbeamtinnen mit dem Ledigenheim der Postgehilfinnen bebaut. (5) Unter der Bauaufsicht der Oberpostdirektion wurden 100 Wohnungen in ursprünglich drei Wohnhäusern errichtet, von denen das westlichste an der Dernburgstraße im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Die Gestaltung der Backsteinbauten ist schlicht, die Grundrisse geschickt aufgeteilt. Das Gros der Wohnungen bestand aus einer Stube mit Balkon, für je zwei Bewohnerinnen gab es eine Toilette. Waschküchen und Badeanlagen wurden gemeinschaftlich genutzt. Besonders interessant ist das kreuzförmige "Gartenhaus" mit einem zentralen Treppenhaus und in den Kreuzarmen jeweils paarweise angeordneten Zimmern. Solche Bauten bereiteten die erst später entwickelte Bauaufgabe des Studentenwohnheims vor. Modern wirkt die Verwendung der Balkone zur skulpturalen Gestaltung des Gebäudes.
(1) BW 16 (1925) 25, S. 8334; db 60 (1926), S. 199-200; Deutsche Verkehrszeitung 1926, S. 85; 1928, S. 389; Archiv für Post und Telegraphie 1928, S. 313; ZdB 49 (1929), Nr. 13, S. 196-204, Taf. 6; Nr. 14, S. 213-217, Taf. 7; BW 20 (1929) H. 26, S. 607; Das Deutsche Bauwesen 5 (1929), H. 1, S. 1-2; db 64 (1930), S. 560-562, 564; Der Stahlbau 3 (1930), S. 309, 311; Die Bautechnik 1930, S. 309; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 600-602, Abb. 786-788; Zeitschrift für Post- und Fernmeldewesen 1968, S. 842; Gnewuch, Gerd/Roth, Kurt: Aus der Berliner Postgeschichte, Berlin 1975, S. 5, 45-47, S. 49 f.; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil X, Bd. B (4), Anlagen und Bauten für den Verkehr - Post- und Fernmeldewesen, Berlin 1987, S. 37-40, 176-177; Wörner, Martin/Mollenschott, Doris/Hüter, Karl-Heinz: Architekturführer Berlin, 6. Aufl., Berlin 2001, S. 177.
(2) "Wiederherstellung des großen Saals von Alois Maier, dabei Umgestaltung (Wände in Cebranoholz, silbereloxierter Wappenadler von Egon Ehrath." Vgl. BusB X B (4), S. 176.
(3) Das Gebäude wurde nach dem Auszug der Telekom 2019-22 umfassend saniert (Bollinger + Fehling Architekten). Die Büroräume "im Loftstil" werden seitdem individuell vermietet. Vgl. https://oberpostdirektion.berlin/oberpostdirektion/
(4) Die Terrakottafiguren wurden vom Bildhauer Hans Klakow entworfen und in der Bunzlauer Werkstatt des Architekten John Martens gefertigt. Vgl. BusB X B (4), S. 39.
(5) Ledigenheime wurden seit dem späten Kaiserreich entwickelt, um allein stehenden Berufstätigen eine respektable Lebensführung zu ermöglichen. Da der Bau von Ledigenheimen privatwirtschaftlich nicht rentabel war, sprang der Verein der Post- und Telegraphen-Beamtinnen als Träger ein. Außerdem mussten die Bewohnerinnen nach Art einer Genossenschaft Anteile erwerben. Vgl. Stein, Georg: Das neue Ledigenheim der Postgehilfinnen. In: BW 16 (1925), H. 21, S. 487-488; Terlinden, Ulla/Oertzens, Susanna von: Die Wohnungsfrage ist Frauensache! Frauenbewegung und Wohnreform 1870-1933, Berlin 2006, S. 224 f.; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. B, Die Wohngebäude, Mehrfamilienhäuser, Berlin-München-Düsseldorf 1974, S. 386 (Nr. 922).
Literatur:
- Zentralblatt der Bauverwaltung 49 (1929) / Seite 196f., 213f.,
- Deutsche Bauzeitung 60 (1926) / Seite 199f.
- Bauwelt 20 (1929) 26 / Seite 607
- Deutsches Bauwesen 5 (1929) 1 / Seite 1f.
- Deutsche Bauzeitung 64 (1930) / Seite 560-562, 564
- Der Stahlbau 3 (1930) / Seite 309, 311
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 600-602
- BusB X B 4 1987 / Seite 37-40, 176
- Bauwelt 16 (1925) 25 / Seite .
- BusB IV B 1974 / Seite Objekt 922
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem
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