Denkmaldatenbank

Zentrum am Zoo

Obj.-Dok.-Nr. 09040473,T
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Budapester Straße 38, 40, 42, 44, 46, 48, 50

Hardenbergplatz 2

Hardenbergstraße 29, 29A, 29D
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Büro- und Geschäftshaus & Hochhaus & Kino & Parkhaus
Datierung 1955-1957
Bauherr Zentrum am Zoo-Geschäftsbauten AG

Die Nordseite des Breitscheidplatzes wird begrenzt vom ehemaligen Zentrum am Zoo, Budapester Straße 38/50 u.a., das nach umfangreichen Sanierungs-, Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen 2014 wiedereröffnet wurde. (1) Der Baukomplex war 1955-57 nach Plänen von Paul Schwebes, in Zusammenarbeit mit Hans Schoszberger und Gerhard Fritsche (2), ausgeführt worden und besteht aus fünf Teilen - dem Großen Hochhaus am Hardenbergplatz, dem Kino Zoo Palast, dem Langbau ("Bikini-Haus"), dem Kleinen Hochhaus und einem Parkhaus -, die jeweils durch Flachbauten verbunden sind. Mit dem zum Einkaufszentrum "Bikini Berlin" verwandelten Langbau, dem zum Hotel umgebauten Kleinen Hochhaus und dem aufwendig sanierten Zoo Palast zeigt sich das Zentrum am Zoo nach langer Vernachlässigung wieder in seinen ästhetischen und funktionalen Qualitäten. (3) Trotz der zum Teil drastischen Veränderungen, die schon seit den 1970er Jahren an den Bauten vorgenommen wurden, hat die Gebäudeanlage ihre wichtigsten Funktionen bewahrt: Sie prägt den zentralen Stadtraum der City West, indem sie den Breitscheidplatz rahmt und ihm einen ruhigen Hintergrund bietet. Die in der Höhe gestaffelten, wirkungsvoll platzierten Einzelbauten vermitteln in ihrer feingliedrigen und detailreichen Gestaltung, die bei der Sanierung zum Teil originalgetreu, zum Teil an die Zeit angepasst wiederhergestellt wurde, noch immer den Charme der 1950er Jahre und die herausragende Qualität der West-Berliner Nachkriegsarchitektur. (4)

Das Zentrum am Zoo war neben dem Gelände der Internationalen Bauausstellung im Hansaviertel der größte zusammenhängende Neubaukomplex der 1950er Jahre in West-Berlin. Während mit dem Hansaviertel eine Wohnstadt im Grünen verwirklicht wurde, sollte das Zentrum am Zoo die neue urbane Mitte West-Berlins bilden. Brach das Hansaviertel bewusst mit allen Bautraditionen des Ortes, so schloss das Zentrum am Zoo zumindest teilweise an die Vorkriegsbebauung an. Das Hansaviertel formulierte eine Utopie, das Zentrum am Zoo verstand sich als Reparatur unter dem Vorzeichen eines zeitgemäßen Städtebaus. Bauherrin war die 1955 gegründete Zentrum am Zoo AG, die mit Mitteln des Marshall-Plans Produktionsstätten für die Berliner Damenoberbekleidungsindustrie schaffen sollte; diese hatte ihre Standorte in Berlin-Mitte um den Hausvogteiplatz durch die Teilung der Stadt verloren. Im Langbau wurden Werkstätten und Ateliers sowie Läden und Gastronomie untergebracht, in den beiden Hochhäusern Büros und Empfangsräumen für die Unternehmen. Das Kino, das als Gelenk zwischen den Einzelbauten dienen sollte, sowie Cafés, Restaurants, Läden und das Parkhaus verliehen dem Gebäudekomplex, der eigentlich ein innerstädtischer Industriebau war, seinen urbanen Charakter. (5) Nach dem Mauerbau 1961 erlebte die West-Berliner Modeindustrie einen Niedergang, viele Unternehmen zogen weg, ihre Räume wurden für andere Zwecke genutzt.

Die 1955-57 ausgeführten Stahlbetonskelettbauten, die sich über eine Länge von fast 400 Metern erstrecken, gestaltete Schwebes durch Höhenstaffelungen, Vor- und Rücksprünge, unterschiedliche Freiflächen, Formen und Volumen als ein vielgliedriges Baugefüge. Den Fassaden verlieh er durch großzügige Fensteröffnungen und Arkaden, durch Farbigkeit und Materialien, wie helle Keramikplatten, goldeloxierte Schaufensterrahmen und farbige Terrazzofußböden, eine zeittypische Leichtigkeit und Transparenz. Der 220 Meter lange Bau Budapester Straße 42/50, Hardenbergstraße 29, der später im Volksmund den Namen Bikini-Haus erhielt, besaß über einem zweigeschossigen "Unterteil" mit Kolonnaden zur Straße ein offenes Luftgeschoss auf Stützen, über dem sich das dreigeschossige "Oberteil" erhob. (6) Das Luftgeschoss, das Durchblicke in den Zoologischen Garten ermöglichte, wurde 1976-78 für die Unterbringung der Staatlichen Kunsthalle geschlossen. Die Treppenhäuser waren an der Rückseite angeordnet, wo sich heute der Neubau für die Shopping Mall "Bikini Berlin" anschließt. Die Budapester Straße reichte ursprünglich näher an das Gebäude heran, sodass für die Fußgänger einzig die Kolonnaden entlang der Schaufenster blieben. (7) Wie beim Luftgeschoss des Bikini-Hauses war auch unter dem auf Pfeiler gestellten neungeschossigen Kleinen Hochhaus, Budapester Straße 40, hindurch der Blick in den Zoo freigegeben. Die Fassade, die bereits 1988 stark verändert worden war, wurde beim Umbau zum Hotel 2012-14 in Anlehnung an die 1950er Jahre erneuert, das anschließende Parkhaus durch einen Neubau mit Gastronomie ersetzt. Ebenfalls auf Pfeilern steht das Große Hochhaus am Hardenbergplatz, mit 16 Geschossen damals der höchste Neubau in der City West. (8) Unter die aufgeständerten Bürogeschosse, deren Stirnwände in Sichtbeton ausgeführt und deren vorgehängte Fassaden mit einem abwechslungsreichen Raster aus horizontalen Fensterbändern, Brüstungen und vertikalen Streben gegliedert waren, sind zwei gläserne Geschosse für Läden und ein Café eingehängt. Bereits 1984-85 wurden sämtliche Wandflächen mit weißen Aluminiumplatten verkleidet, die Fenster ersetzt und die Zugangssituation verändert.

In dem fensterlosen, mit hellen Keramikplatten verkleideten Gebäudekubus für den Zoo Palast, Hardenbergstraße 29A, der von 1957 bis 1999 zentrale Spielstätte der Internationalen Filmfestspiele Berlin war, hatte Gerhard Fritsche zwei Lichtspieltheater keilförmig übereinander angeordnet: den ursprünglich 1.200 Sitze fassenden "Zoo Palast" und das "Atelier am Zoo" mit 550 Plätzen. (9) Durch den breiten, weit vorgezogenen verglasten Vorbau für Eingangsfoyer, Kassenhalle und seitliche Läden gelangt man in das untere Kino mit der Bildwand nach Norden. In den oberen großen Kinosaal mit der Leinwand nach Süden führen seitlich angefügte Treppenhäuser, die heute durch die neuen Verbindungsbauten verdeckt sind. An der großen geschlossenen Stirnwand sind der Schriftzug und die knopfartigen Befestigungsanker für Filmplakate die einzigen Gestaltungselemente. Die Innenausstattung des Foyers, der Treppen und der beiden Hauptsäle ist trotz mehrerer Baumaßnahmen zwischen 1969 und 1983 sowie der umfassenden Sanierung 2010-13 in Material und Farbgebung weitgehend unverändert.


(1) Kühne, Günther: Die Randbebauung am Berliner Zoo. In: Bauwelt 46 (1955) 47, S. 958; Wie.: Die Konstruktion der Hoch- und Langhausbauten am Zoo. In: Bauwelt 47 (1956), S. 1113 f.; Bauen und Wohnen 12 (1957), S. 240; Das neue Gesicht Berlins, ein Bildbuch von Otto Hagemann, Berlin 1957, S. 8, Abb. 1-11; Rave, Paul Ortwin: Berlin in der Geschichte seiner Bauten, München 1960, S. 60, T. 99; Rave, Rolf/Knöfel, Hans-Joachim: Bauen seit 1900 in Berlin, Berlin 1963, Nr. 110; Rave, Rolf/Knöfel, Hans-Joachim: Bauen seit 1900 in Berlin, Berlin 1968, Nr. 14; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 341-343, Abb. 414-417 (Zoo-Palast), S. 663-664, Abb. 864 (Zentrum am Zoo); Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IX, Industriebauten - Bürohäuser, Berlin-München-Düsseldorf 1971, S. 169-170, 218; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil V, Bd. A, Bauten für die Kunst, Berlin-München 1983, S. 181 f., 204; Worbs, Dietrich: Offenheit und Transparenz, Vier Bauten der 50er Jahre im Zentrum von Berlin (West). In: Huse 1989, S. 146-148; Hoh-Slodczyk, Christine: Der Berliner City-Betrieb als Herausforderung für den Denkmalschutz. In: Architektur und Städtebau der Fünfziger Jahre, hrsg. v. Werner Durth u. Niels Gutschow, Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, Bd. 41, S. 134-143, S. 134-143; Worbs, Dietrich: Einblicke in die Berliner Denkmal-Landschaft, Berlin 2002, S. 241-247; denkmal!moderne, Architektur der 60er Jahre, Wiederentdeckung einer Epoche, hrsg. v. Adrian von Buttlar u. Christoph Heuter, Berlin 2006, S. 23-25; Baukunst der Nachkriegsmoderne, Architekturführer Berlin 1949-1979, hrsg. v. Adrian von Buttlar, Kerstin Wittmann-Englert, Gabi Dolff-Bonekämper, Berlin 2013, S. 184-186.

(2) Für den Entwurf war Paul Schwebes zuständig, der nach einem Herzinfarkt im April 1956 die Bauleitung an Hans Schoszberger, mit dem er seitdem ein gemeinsames Büro betrieb, übergab. Mit dem Entwurf des Kinos wurde der junge Architekt Gerhard Fritsche beauftragt.

(3) Das 1956-57 nach Entwurf von Hans Bielenberg erbaute Parkhaus und die ursprünglichen Verbindungsbauten wurden abgerissen und neu gebaut. Vom Bikinihaus ist nur das Betonskelett original erhalten. Die Fassade wurde rekonstruiert, die Läden an der Budapester Straße soweit vorgezogen, dass die Arkaden heute schmaler sind. Das Luftgeschoss erhielt eine hinter die Stützenreihe zurückgesetzte dunklere Verglasung. Vgl. Lemburg, Peter: Bikini Berlin und seine Story, Stationen, Bauten, Visionen, Petersberg 2015, S. 100 ff.

(4) Lemburg 2015, S. 11.

(5) Das südliche Zoo-Randgebiet war seit der Jahrhundertwende und besonders in den 1920er Jahren eine Stätte der Unterhaltung und Zerstreuung: 1905 wurden hier die Ausstellungshallen am Zoo von Carl Gause errichtet. 1912 zog in den westlichen Teil der Hallen das Theater "Groß-Berlin" von Arthur Biberfeld, das 1925 nach Plänen von Carl Stahl-Urach zum "Ufa-Palast am Zoo", dem mit 2.000 Plätzen damals größten Kino in Deutschland, umgebaut wurde. An der Nordseite des heutigen Breitscheidplatzes wurde 1925 hinter einer zweigeschossigen Ladenzeile das 1.300 Plätze fassende "Kino Capitol" nach Plänen von Hans Poelzig erbaut. Vgl. Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 328 f., 332 ff., 341 ff.; Geschichtslandschaft Berlin, Orte und Ereignisse, Bd. 1, hrsg. v. Helmut Engel, Stefi Jersch-Wenzel, Wilhelm Treue, Charlottenburg, Teil 2, Der neue Westen, Berlin 1985, S. 275-298.

(6) Sch.: Das neue DOB-Zentrum. In: Die Berliner Wirtschaft 5 (1955), Nr. 46, S. 1431 f.

(7) Die 1960 eröffnete partielle Untertunnelung der Budapester Straße hatte zur Folge, dass das Bikini-Haus vom Breitscheidplatz abgetrennt wurde. Der Tunnel wurde 2006 geschlossen.

(8) Rave, Paul Ortwin: Berlin in der Geschichte seiner Bauten, Berlin 1960, S. 60, Abb. 99.

(9) Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 341-343, Abb. 414-417; Binger, L./Borgelt, Hans/Hellemann, Susanne: Vom Filmpalast zum Kinozentrum, Zoo-Palast, Festschrift zur Vollendung des Kinozentrums, Berlin 1983, S. 6-15, 46-50; Baukunst der Nachkriegsmoderne 2013, S. 78; BW 105 (2014), H. 16, S. 14-19; Lemburg, Peter: Bikini Berlin und seine Story, Stationen, Bauten, Visionen, Petersberg 2015, S. ???.

Literatur:

  • Kühne, Günther: Die Randbebauung am Berliner Zoo =Bauwelt 46 (1955) 47 / Seite 958
  • Hagemann: Das neue Gesicht Berlins, 1959 / Seite 8
  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 341-343, 663-664
  • BusB IX 1971 / Seite 169-170, 218
  • Wie., Die Konstruktion der Hoch- und Langhausbauten am Zoo in Berlin in Bauwelt 47 (1956) / Seite 1113-1114
  • BusB V A 1983 / Seite 181-182, 204
  • Binger, L.; Borgelt, Hans; Hellemann, Susann: Vom Filmpalast zum Kinozentrum. Zoo-Palast. Festschrift zur Vollendung des Kinozentrums, Berlin 1983 / Seite 6-15, 46-50
  • Engel, Helmut: Die Architektur der 50er Jahre in Berlin, unveröff. Manuskript, Berlin 1988 / Seite 8
  • Worbs, Dietrich: Offenheit und Transparenz =Verloren - gefährdet - geschützt, Berlin 1988 / Seite 146-148
  • Bauen und Wohnen 12 (1957) / Seite 240
  • Kinotechnik (1957) 10 / Seite I-IV
  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 341-343
  • Rave: Berlin, 1960 / Seite 60
  • Rave, Knöfel: Bauen seit 1900, 1963 / Seite 110
  • Rave, Knöfel: Bauen seit 1900, 1968 / Seite 14
  • Geschichtslandschaft, Charlottenburg 2, 1985 / Seite 275ff.
  • Wilhelm, Karin: Zentrum am Zoo, in: moderneREGIONAL, Heft 14/2, 2014

Teilobjekt Großes Hochhaus (Huthmacher-Haus) & Bikini-Haus & Kleines Hochhaus

Teil-Nr. 09040473,T,001
Sachbegriff Büro- und Geschäftshaus & Hochhaus
Datierung 1955-1957
Entwurf Schwebes und Schoszberger (Architektengemeinschaft)
Adressen Budapester Straße 40, 42, 44, 46, 48, 50

Hardenbergplatz 2

Hardenbergstraße 29, 29D

Teilobjekt Zoo-Palast

Teil-Nr. 09040473,T,002
Sachbegriff Kino
Datierung 1956-1957
Entwurf Fritsche, Gerhard (Architekt)
Entwurf Schwebes und Schoszberger (Architektengemeinschaft)
Adressen Hardenbergstraße 29A

Teilobjekt Parkhaus Budapester Straße 38

Teil-Nr. 09040473,T,003
Sachbegriff Parkhaus
Datierung 1956-1957
Entwurf Bielenberg, Hans (Architekt)
Adressen Budapester Straße 38

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