Denkmaldatenbank
Zwischenpumpwerk Charlottenburg
09040269 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Westend |
Adressen | Spandauer Damm 148 |
Denkmalart | Gesamtanlage |
Sachbegriff | Pumpwerk |
Datierung | 1876-1877, 1887 |
Umbau | 1930-1931 |
Entwurf | Gill, Henry (Ingenieur) |
Bauherr | Städtische Wasserwerke |
Als Berlin 1871 mit Gründung des Kaiserreiches zur Hauptstadt des Deutschen Nationalstaates aufstieg und damit zugleich ein verstärkter Wachstumsschub der Bevölkerung einsetzte, galt es auch die versorgungstechnische Infrastruktur auszubauen. Die städtische Wasserversorgung war bereits 1852 zwei englischen Unternehmern, Sir Charles Fox und Thomas Russel Crampton, übertragen worden und von diesen im folgenden Jahr auf die "Berlin Waterworks Company" übergegangen. Jedoch stellte sich die Reinwasserversorgung über das einzige Wasserwerk am Stralauer Tor rasch als ungenügend dar, erreichte sie doch lediglich etwa die Hälfte der Bevölkerung. Insbesondere höher gelegene Stadtviertel waren aufgrund des nicht ausreichenden Leitungsdruckes von der Versorgung abgeschnitten. Zudem verschlechterte sich die Wasserqualität mit der Zunahme industrieller Ansiedlungen an der Oberspree. Daher erwarb die Stadt 1873 die Rechte zur Wasserversorgung und übernahm zugleich den erfahrenen Betriebsingenieur Henry Gill aus der nun aufgelösten englischen Wassergesellschaft. Bereits im folgenden Jahr hatte Gill ein umfassendes Konzept für eine ausreichende und verbesserte Wasserversorgung der Hauptstadt ausgearbeitete. Er projektierte zwei Schöpfwerke an Müggel- und Tegeler See für die Reinwassergewinnung sowie zwei Zwischenpumpwerke in Lichtenberg und Charlottenburg für die Beförderung der Wassermengen in die Stadt. Der Bau des Tegeler Werkes, welches zwei Drittel der Versorgung übernehmen sollte, wurde bereits 1875 begonnen und zwei Jahre später vollendet. (1) Nahezu zeitgleich entstand 1876-77 das Zwischenpumpwerk Charlottenburg der Städtischen Wasserwerke, Spandauer Damm 148, das trotz Dezimierungen in bedeutendem Umfang erhalten ist. (2) Das tiefe, langgestreckte Grundstück ermöglichte eine annähernd symmetrisch hintereinander gestaffelte Anordnung der Gebäude entlang einer Mittelachse. (3) Im Süden an der Straße lagen das Wohnhaus, ein Verwaltungsgebäude sowie das Pförtnerhaus. Zentral folgten die beiden sich gegenüberliegenden Maschinenhäuser und dazwischen angeordnet die Saugekammer und der gemeinsame Schlot der Maschinenhäuser, der zudem das Standrohr der beiden Hauptdruckleitungen aufnahm. Im Norden schlossen schließlich die drei überdeckten Reinwasserbehälter sowie ein Kondenswasserteich an. Das östlich gelegene Maschinenhaus A und der Reinwasserbehälter I gehörten zur Erstbebauung von 1876-77, der bereits 1879 der Reinwasserbehälter II und schließlich 1887 das etwas kleinere Maschinenhaus B im Westen und der Reinwasserbehälter III, sämtlich nach Planungen von Henry Gill folgten. Mit einem neuen, 1930-31 auf der Mittelachse zwischen Saugekammer und Reinwasserbehältern erbauten Maschinenhaus wurden die beiden älteren Gebäude außer Betrieb genommen. Heute ist nach erheblichen Kriegsschäden neben den drei Reinwasserbehältern und dem Maschinenhaus B auch das neue Maschinenhaus von 1930-31 erhalten. Die Anlage der nördlich davon gelegenen Reinwasserbehälter war notwendig, um Schwankungen in der Wasserversorgung ausgleichen zu können. Sie wurden elfschiffig nebeneinander in Tieflage errichtet und anschließend von einer begrünten Aufschüttung überdeckt. Mit einem Glattestrichboden ausgestattet sind sie massiv aus gelbem Ziegelmauerwerk erbaut, wobei über quadratischen, ungegliederten Pfeilern ein segmentbogig angelegtes Gurtbogen-Kappengewölbe die etwa 6 m hohen Räume abschließt. Die äußeren Pfeilerreihen werden umlaufend über kreisförmig durchbrochene Wandwangen an die Außenwände angebunden. Während die Reinwasserbehälter I und II jeweils sechs Joche umfassen, ist der nördlich anschließende Reinwasserbehälter III mit sieben Jochen etwas größer angelegt. Drei kleine Wetterhäuschen aus Bachstein von 1898 gewähren im Westen der Behälter Zugang zu den herabführenden massiven Granittreppen. (4) Der Kondenswasserteich im Norden ist heute verschwunden. An seiner Stelle besteht eine Leichtbauhalle von 1995. (5) Südlich der Reinwasserbehälter ist die langgestreckte Saugekammer von 1876-77 erhalten. Sie ist ebenfalls in Tieflage angelegt und begrünt überdeckt. Während der markante Schlot und das ältere Maschinenhaus A verloren sind, vermittelt das Maschinenhaus B von 1887 noch einen Eindruck der ursprünglichen Anlage. Seine beiden Gebäudetrakte liegen leicht parallel zueinander versetzt. Dabei enthielt der östliche Trakt die eigentliche Maschinenhalle, während im westlichen Gebäudetrakt das Kesselhaus untergebracht war. Die hell verputzten Fassadenfelder mit großen Rechteckfenstern werden von Lisenen und gezackten Friesen gerahmt und entsprechen den auch im Industriebau am Ende des 19. Jahrhunderts vorherrschenden historisierenden Vorlieben. Während die Sheddach-Konstruktion aus Dreigelenkbindern mit schlanken Stahlprofilen wiederhergestellt ist, wurden Fenster und Tore nach schweren Kriegsschäden ausgetauscht. Seit dem Wiederaufbau 1952-55 besteht im früheren Kesselhaus eine Garage und das Maschinenhaus wird für Wohn-, Büro- und Mannschaftsräume genutzt. (6) Das 1930-31 erbaute neue Maschinenhaus dokumentiert hingegen die Entwicklung zu einer sachlichen, ganz von der Konstruktion bestimmten Gestaltung. In reduzierten Formen der Neuen Sachlichkeit sind seine Blendziegelfassaden ausschließlich von der Pfeilerstellung des verkleideten Traggerüstes, geschlossenen Wandflächen und den großzügig eingeschnittenen Fenster- und Toröffnungen bestimmt. Im Inneren der Halle bestehen mit den Pumpen noch bedeutende technische Ausstattungselemente. Die straßenseitigen Gebäude im Süden der inzwischen stillgelegten Anlage, bestehend aus Wohn-, Pförtner- und Verwaltungsgebäude, sind hingegen nicht erhalten.
(1) Das Werk am Müggelsee in Friedrichshagen wurde 1889-93 und somit deutlich später realisiert.
(2) Bauakten BWA-Charlottenburg, Spandauer Damm 148, Band 1-17; BusB 1877 II, S. 106-107; Anklam, Gustav: Die Wasserversorgungs-Anlagen der Stadt Berlin, Berlin 1912, S. 6-7; Berlin und seine Bauten, bearb. und hrsg. v. Architekten-Verein zu Berlin u. der Vereinigung Berliner Architekten, Bd. I, Berlin 1896, S. 305-306; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 608; Ribbe, Wolfgang/ Schmädecke, Jürgen: Kleine Berlin-Geschichte, Berlin 1988, S. 125-126, Bärthel, Hilmar: Geschichte der Wasserversorgung, Berlin 1997, S. 61; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil X, Bd. A (2), Anlagen und Bauten für Versorgung - Stadttechnik, Petersberg 2006, S. 57, S. 89, S. 352-353.
(3) Bauakte BWA-Charlottenburg, Spandauer Damm 148, Band 2 Notband, fol. 22.
(4) Bauakte BWA-Charlottenburg, Spandauer Damm 148, Band 2 Notband, fol. 21.
(5) Bauakte BWA-Charlottenburg, Spandauer Damm 148, Band 13, fol. 119.
(6) Bauakte BWA-Charlottenburg, Spandauer Damm 148, Band 6. Der Wiederaufbau erfolgte in Etappen. Erste Garagennutzungen mit begleitenden Baumaßnahmen sind bereits für 1948 belegt. Bauakt BWA-Charlottenburg, Spandauer Damm 148, Band 3, fol. 225
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 608f.
- BusB I 1896 / Seite 305-306
- Anklam, G./ Die Wasserversorgungs-Anlagen der Stadt Berlin, Berlin 1912 / Seite 6-7
- Uter, Albert/Hünerberg, Kurt, 100 Jahre Berliner Wasserversorgung 1856-1956, Berlin 1956 / Seite o.S.
- Ribbe, Wolfgang und Jürgen Schmädeke/ Kleine Berlin-Geschichte, Berlin 1988 / Seite 125-126
- Bärthel, Geschichte der Wasserversorgung, 1997 / Seite 61
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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