Denkmaldatenbank
Wiederaufbaugebiet "Rund um den Zoo", (City-West)
09040104 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Charlottenburg |
Adressen | Budapester Straße 38, 40, 42, 44, 46, 48, 50, 45 Hardenbergplatz 2 Hardenbergstraße 28, 29, 29A, 29D Kurfürstendamm 234, 235, 236, 237 Kantstraße 1 Rankestraße 1, 1A, 36 Tauentzienstraße 9, 13, 13A Breitscheidplatz |
Denkmalart | Ensemble |
Sachbegriff | Büro- und Geschäftshaus & Hochhaus & Kino & Parkhaus |
Die Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf dem Breitscheidplatz ist eines der bekanntesten Wahrzeichen Berlins und zugleich ein Mahnmal für die Schrecken und die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs. Sie steht im Zentrum des Wiederaufbaugebiets "Rund um den Zoo" (City West), eines Areals, dessen historische Bebauung am Ende des Krieges fast vollständig verloren war und das vor allem in den 1950er und 1960er Jahren neu geordnet und wiederaufgebaut wurde. Umgeben von Bauten der unmittelbaren Nachkriegszeit, inmitten einer veränderten Verkehrs- und Raumgestaltung, flankiert von Neubauten der jüngsten Vergangenheit, ist der Breitscheidplatz bis heute ein Symbol für die Auswirkungen des Krieges, aber auch für Aufbruch und Neuanfang danach sowie für die permanenten Veränderungen im Innenstadtbereich. Die Herausbildung eines neuen Zentrums im Westteil Berlins während des Kalten Krieges, die stadtplanerischen Diskussionen in der geteilten Stadt oder die Architekturdebatten der Nachkriegszeit spiegeln sich hier ebenso wider wie Niedergang und Wiederaufblühen der City West in den drei Jahrzehnten seit der Wiedervereinigung 1990.
Im Gebiet südlich des Zoologischen Gartens, zwischen Bahnhof Zoo und Nürnberger Straße, entlang von Budapester und Tauentzienstraße, mit dem Breitscheidplatz in der Mitte, sind bedeutende Vertreter der Nachkriegsmoderne mit Wohn- und Geschäftshäusern aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und mit zwei Zeugnissen der 1980er Jahre als Denkmal-Ensemble zusammengefasst: Der Neubau der Gedächtniskirche, das Zentrum am Zoo und ein jenseits des Platzes gelegenes Geschäftshaus sowie das Europa-Center sind zwischen 1955 und 1965 entstanden; das Wohn- und Geschäftshaus Kurfürstendamm 234 war 1901 und die die Geschäftshäuser Kurfürstendamm 236 und 237 waren bis 1914 fertig gestellt. (1) Dieses Ensemble im Kernbereich der City West dokumentiert die gelungene Einbindung der wenigen erhaltenen Altbauten sowie die Neugestaltung des Areals, das zum Inbegriff eines modernen, großstädtischen Gebietes wurde. Auch wenn mittlerweile einige prägende Bauten der Nachkriegszeit abgerissen sind (2), stellt es ein einzigartiges Zeugnis für den frühen Wiederaufbau, den wirtschaftlichen Aufschwung der 1960er Jahre und für die städtebaulichen Diskussionen der Nachkriegszeit dar. (3)
Grundlage für den Ensemblebereich war der 1948 ausgelobte städtebauliche Wettbewerb "Rund um den Zoo", der zwar kein eindeutiges Ergebnis erbracht hatte, jedoch eine Debatte über die Prinzipien des Wiederaufbaus auslöste. (4) Erst der lange Streit um den Umgang mit der stark zerstörten Gedächtniskirche führte zum Erhalt der Turmruine. Erst die Auseinandersetzungen über das städtebauliche Konzept der "gegliederten und aufgelockerten Stadt", nach dem viele Wettbewerbsteilnehmer einen radikalen Neuanfang für den Verkehr sowie eine Abkehr von der traditionellen Blockrandbebauung geplant hatten, führten am Ende zu vergleichsweise geringfügigen Korrekturen bei Straßenführung und Bebauung: An der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, ursprünglich auf einer Verkehrsinsel gelegen, wurde der Kreisverkehr aufgelöst und die Hauptverkehrsadern als Süd- und Nord-Tangente am Breitscheidplatz vorbeigeführt. (5) Während auf der Ostseite die so genannte "Schnalle" (6) den Platz abtrennte, wurde auf der Westseite die Kantstraße zur Hardenbergstraße abgeknickt, sodass nun der Breitscheidplatz vom Kurfürstendamm direkt zugänglich war. So reagierte man auf das städtische Umfeld, ohne den alten Stadtgrundriss einfach zu rekonstruieren. Die traditionelle Berliner Traufhöhe von 22 Metern wurde zumeist eingehalten oder bei höheren Gebäuden wie dem Europa-Center mit Rückstufungen einbezogen. Die Blockrandbebauung blieb aber an vielen Stellen bestehen, wie beispielsweise zwischen Kurfürstendamm und Rankestraße. Trotzdem wurde auch mit neuen städtebaulichen Leitbildern experimentiert: Mit dem Konzept der aufgelockerten Stadt bei der Komposition des Zentrums am Zoo, mit der Integration von Großstrukturen am Europa-Center oder mit der "Kritischen Rekonstruktion" am Berolina Haus. (7) Daher kann man das Wiederaufbaugebiet am Zoo auch als ein komprimiertes Lehrbuch der städtebaulichen Entwicklungen nach dem Zweiten Weltkrieg betrachten.
(1) Bestandteile des Ensembles: Kurfürstendamm 235, Berolina-Haus, Wohn- und Geschäftshaus, 1983-86 von Graaf, Schweger und Partner; Tauentzienstraße 13A, Mietshaus, 1893-94 von Hofbaumeister G. Schnitger; Brunnenanlage (Weltkugelbrunnen) mit Treppen, Café und Läden, 1981-83 von Krusnik & Reith (Architekten), Joachim Schmettau (Bildhauer). Vgl. Brunnen in Berlin, Berlin 1993, S. 9.
(2) Unter anderem wurden 2017 der Gloria-Palast (Kurfürstendamm 12, 1952-53 von Siegfried Fehr und Gerhard Jäckel) sowie 2009/2013 das Schimmelpfeng-Haus (Kurfürstendamm 11, Büro- und Geschäftshaus, 1957-60 von Sobotka & Müller) abgerissen. Vgl. Der "Gloria-Palast" in Berlin. In: BW 44 (1953) 47, S. 927 ff.; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 337 f., 667 f.; Baukunst der Nachkriegsmoderne, Architekturführer Berlin 1949-1979, hrsg. v. Adrian von Buttlar, Kerstin Wittmann-Englert, Gabi Dolff-Bonekämper, Berlin 2013, S. 186 f.
(3) Literaturverweise zum Gesamtensemble: Bonatz, Karl/Ermisch, Richard: Die neuen Pläne der Bauverwaltung des Magistrats von Groß-Berlin für das Gebiet rund um den Zoo. In: Neue Bauwelt 4 (1949), H. 31, S.109-116; Wedepohl, Edgar u.a.: Rund um den Zoo werden Stimmen laut. In: Neue Bauwelt 4 (1949) H. 33, S. 516-518, H. 44, S. 536-538; Bonatz Karl: Die Bauverwaltung des Magistrats zur Kritik der Architekten an den amtlichen Plänen rund um den Zoo. In: Neue Bauwelt 4 (1949), S. 639; Hoh-Slodczyk, Christine: Der Berliner City-Betrieb als Herausforderung für den Denkmalschutz. In: Architektur und Städtebau der Fünfziger Jahre, hrsg. v. Werner Durth u. Niels Gutschow, Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, Bd. 41, S. 134-143; Worbs, Dietrich: Das Zentrum am Zoo, ein Baudenkmal der Fünfziger Jahre. In: Worbs, Dietrich: Einblicke in die Berliner Denkmal-Landschaft, Berlin 2002, S. 241-250; Baukunst der Nachkriegsmoderne 2013, S. 182-183.
(4) Es wurden zwar zwei erste Preise vergeben, aber beide wurden nicht zur weiteren Bearbeitung beauftragt. Mit dem Entwurf von Hans Schwebes, der auf der Basis des Scharounschen Kollektivplans Schnellstraßen und Hochhausscheiben vorsah, und dem bei Weitem konservativsten Plan von Klaus Müller-Rehm, der die alte Struktur fast vollständig bewahrte, war die Bandbreite der Wettbewerbsbeiträge abgesteckt. Die Berliner Verwaltung hatte darüber hinaus Richard Ermisch direkt mit einem Entwurf beauftragt, was bei den Teilnehmern Empörung auslöste. Vgl. Ermisch, Richard: Rund um den Zoo, Die neuen Pläne der Bauverwaltung des Magistrats von Groß-Berlin für dieses Gebiet. In: Neue Bauwelt 4 (1949), H. 31, S. 109 ff.; Wedepohl, Edgar u.a.: Rund um den Zoo werden Stimmen laut. In: Neue Bauwelt 4 (1949), H. 33, S. 516 ff., H. 34, S. 536 ff., H. 41, S. 639; Lemburg, Peter: Bikini Berlin und seine Story, Stationen, Bauten, Visionen, Petersberg 2015, S. 35 ff.
(5) Fürlinger, Friedrich: Berlins künftiges Gesicht. In: Berlin kommt wieder, ein Buch vom wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau der Hauptstadt Deutschlands, hrsg. v. Walther G. Oschilewski u. Oscar Scholz, Berlin 1950, S. 22-24.
(6) Die "Schnalle" war eine Straßenverbindung zwischen Tauentzien- und Budapester Straße, die 1978 aufgehoben wurde. Dabei erweiterte man den Breitscheidplatz bis an das Europa-Center heran und errichtete hier den von den Berlinern "Wasserklops" genannten Brunnen. Der 1960 eröffnete Tunnel unter der Budapester Straße wurde 2005-06 geschlossen. Vgl. Baukunst der Nachkriegsmoderne 2013, S. 183.
(7) Das Geschäftshaus Kurfürstendamm 235 paraphrasiert den Fassadenaufbau des benachbarten Mietshauses mit modernen Materialien und schließt im Sinne der "Kritische Rekonstruktion" den Block. Vgl. BW 74 (1983), H. 16, S. 618 f.
Literatur:
- Ermisch, Richard: Rund um den Zoo. Die neuen Pläne der Bauverwaltung des Magistrats von Groß-Berlin für das Gebiet= Neue Bauwelt 4 (1949) 31 / Seite 109-116
- Wedepohl, Edgar u.a.: Rund um den Zoo werden Stimmen laut...= Neue Bauwelt 4 (1949) / Seite 516-518, 536-538, 639
- Oschilewski/ Scholz: Berlin kommt wieder, 1950 / Seite 22-24
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 81-82, 341-343, 662-664, 667-668
- Hagemann: Das neue Gesicht Berlins, 1959 / Seite .
- Worbs, Dietrich: Offenheit und Transparenz, in: Verloren - gefährdet - geschützt, Berlin 1988 / Seite 144-155
- Hoh-Slodczyk, Christine: Der Berliner City-Bereich als Herausforderung für den Denkmalschutz, in: Architektur und Städtebau der Fünfziger Jahre, 1990 / Seite 134-143
- Architekturführer Berlin, 1994 / Seite Obj. 179, 180, 182, 183
- Worbs, Dietrich: Das "Zentrum am Zoo", ein Baudenkmal der Fünfziger Jahre, in: Bauwelt 88 (1997) 14 / Seite 726-727
- Brunnen in Berlin, 1993 / Seite 9
Kontakt
Juliane Stamm
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