Denkmaldatenbank

Mietshaus und Mühlengebäude

Obj.-Dok.-Nr. 09031238
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Schlesische Straße 38
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Mietshaus & Speicher & Mühle & Silo
Datierung 1890-1896
Entwurf Ellrott, Heinrich
Entwurf Müller, C.
Ausführung Peztold und Co. (Maschinenfabrik & Mühlenbauanstalt)

Das bis zur Spree reichenden Grundstück Schlesische Straße 38 nehmen ein Mietshaus und Mühlengebäude ein. Seit 1898 war für viele Jahrzehnte die Berliner Viktoria-Mühle GmbH hier ansässig. Als eine von fünf Großmühlen Berlins produzierte sie um 1900 in ununterbrochenem Tages- und Nachtbetrieb täglich die gewaltige Menge von etwa 250 Tonnen Weizenmehl. Die Mühlenanlage ist über einen längeren Zeitraum in fortwährender Anpassung an betriebliche und technische Neuerungen ohne einheitliche Planung entstanden. Daraus erklärt sich zu einem guten Teil ihr Erscheinungsbild. Der Komplex umschließt heute drei Innenhöfe und besteht aus acht gestalterisch und funktional unterschiedlichen Putz- und Klinkerbauten aus gelbem und rotem Sichtmauerwerk. Als erstes entstand 1890 an der Straße ein fünfgeschossiges Wohnhaus mit ergänzenden Hofgebäuden. Die Ausführung besorgte Maurermeister Heinrich Ellrott, der zugleich auch Bauherr war. Wenngleich sich von der ursprünglich reich ausgestatteten Schmuckfassade in Formen der deutschen Renaissance nichts erhalten hat, zeigt der Mauerwerksbau konstruktiv und mit seiner baufesten Innenausstattung weitgehend den ursprünglichen Zustand. (1) Im Hof liegt die eigentliche Mühlenanlage. An einen lang fluchtenden Seitenflügel schließen sich kammartig drei fünfgeschossige Quergebäude und das ehemalige Kesselhaus mit Schornsteinstumpf an. Gestalterisch auffällig ist der unmittelbar an die Wasserkante gesetzte Getreidesilo, den Baumeister C. Müller 1897 als Ergänzung eines bereits bestehenden Mehlspeichers für Fabrikbesitzer C. A. Köhlmann errichtete. Mit seiner authentischen Industriearchitektur, den markanten Blendarkaden prägt es maßgeblich das einzigartige Bild der Speeuferbebauung gegenüber dem Osthafen. Seine der norddeutschen Backsteingotik entlehnte Gestaltungsweise nimmt Bezug auf die Formgebung der nahegelegenen, erst ein Jahr zuvor fertig gestellten Oberbaumbrücke. Der zinnenbewehrte Dachaufsatz blieb leider nicht erhalten.

Nachdem die Viktoria Mühle GmbH den Gebäudebestand übernommen hatte, ließ sie ihn erheblich umbauen und erweitern. Prägend für das heutige Erscheinungsbild sind dabei in erster Linie der gelb verklinkerte Mehlspeicher im ersten Hof und der mit roten Klinkern versehene Mehlsilo im dritten Hof. Beide Bauten entstanden zwischen 1904 und 1907 nach Plänen von C. Müller. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Mühle durch Bombentreffer erheblich in Mitleidenschaft gezogen, doch schon 1951 wurde der Mühlenbetrieb wieder aufgenommen. Nach Stilllegung der Mahlanlagen nutzte man die Speicherflächen der Mühle für die "Senatsreserve", die Berliner Vorratshaltung für den Fall einer erneuten Blockade. Die Gebäude werden heute teils gewerblich, teils als Wohnungen genutzt.


(1) Das Wohngebäude bestand anfangs aus Vorderhaus, Seitenflügel und zwei Quergebäuden. Das erste, unmittelbar an den Seitenflügel anschließende Quergebäude wurde bereits 1914 abgetragen. Maurermeister Ellrott erweiterte die Anlage 1890/91 um weitere Quergebäude, die später umgebaut und in den Mühlenbetrieb integriert wurden.

Literatur:

  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 263 f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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