Denkmaldatenbank

Gewerbehof Schlesische Straße 28

Obj.-Dok.-Nr. 09031236
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Schlesische Straße 28
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Gewerbehof
Datierung 1900-1903
Umbau 1920, 1922, 1953
Entwurf Ziegra, Max (Baumeister)
Bauherr Haase, Georg (Kommerzienrat & Rittmeister)

Auf den gegenüberliegenden Ufergrundstücken Schlesische Straße 26-32 stehen mehrere Gewerbehöfe, die hier einen hoch verdichteten Gewerbestandort bilden. Die Parzellen, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts noch unbebaut und vorwiegend als Gartenland genutzt waren, wurden vor dem Ersten Weltkrieg in dichter Folge mit umfangreichen, zur freien Vermietung errichteten Gewerbehofanlagen belegt. Die Gewerbekonzentration steht in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Bau des gegenüberliegenden Osthafens. Spreeanbindung und Hafennähe kennzeichneten damals einen besonderen Lagevorteil. Die Möglichkeit, die Fabrikhöfe sowohl von der Straße als auch wasserseitig andienen zu können, lockte viele Mieter in die Schlesische Straße. Die Höfe sind charakteristisch für die "Kreuzberger Mischung", das Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe auf engstem Raum. Mehrheitlich bestehen sie aus einem Wohnhaus an der Straßenseite und hofseitig gelegenen Etagenfabriken. Ihre Wasserfronten zeigen zur Spree hin ein unverwechselbares Panorama.

(S. 266) (...)

Der benachbarte Gewerbehof Schlesische Straße 28 wurde 1900-03 für den Kommerzienrat und Rittmeister Georg Haase errichtet. (1) Die Pläne lieferte Baumeister Max Ziegra, der seinerzeit auch Eigentümer und Direktor des Apollo-Theaters in der Friedrichstraße war. Haase ließ die Anlage sowohl für seine Lagerbierbrauerei E. Haase Breslau als auch für die Fremdvermietung errichten. Bekanntheit erlangte die Adresse durch die Otto Reichelt GmbH, die den Hof zusammen mit dem Industriepalast Schlesisches Tor 1921 erwarb und hier bis 1947 ihren Sitz hatte.

Entsprechend seinen unterschiedlichen Funktionseinheiten ist der Hof in drei klar voneinander unterschiedene Bereiche gegliedert. Hinter dem straßenseitigen, glatt abgeputzten Wohnhaus erheben sich in C-förmiger Anordnung fünfgeschossige Fabriktrakte. Zur Spree folgen schließlich die eigentlichen Brauereitrakte, bestehend aus einem ehemaligen Comptoir- und Wohngebäude, einem zweigeschossigen Pferdestall und der gleichfalls zweigeschossigen Lagerkellerei, in der Flaschen- und Fassbier gelagert wurde. Alle Gewerbeeinheiten zeigen gelbes Sichtmauerwerk mit roten Klinkereinlagen und wurden in Mischbauweise unter reichhaltiger Verwendung schmiedeeiserner Tragwerkselemente erstellt. In ihrer Konstruktion und mit ihren weit aufgebrochenen Rasterfassaden spiegeln die fünfgeschossigen Fabrikflügel den damaligen Entwicklungsstand der großstädtischen Gewerbehofarchitektur. Die Fronten wirken ungeachtet des dekorativ angelegten Wandaufbaus äußerst zweckmäßig. Für die geforderte gute Belichtung der Arbeitsflächen sorgen auf allen Etagen großzügig geschnittene Sprossenfenster, die gestalterisch mit den kleinen Segmentbogenfenstern der massiv aufgemauerten Treppenhäuser kontrastieren. Pferdestall und Lagerkellerei wurden über unregelmäßigem, mehrfach in der Tiefe gestaffeltem Grundriss errichtet. Beide Gebäude legte man in dem damals für Brauereien weithin gebräuchlichen Burgenstil an. Von ihrem früheren detailreichen Wandaufbau mit Zinnen und kleinen Türmen, Maßwerk und Wappen hat sich allerdings aufgrund zahlreicher baulicher Eingriffe nicht viel erhalten.

Der Gewerbehof wurde mehrfach überformt und nach 1990 durch architektonisch anspruchvolle, in Formgebung und Material äußerst variabel gehaltene Neubauten verdichtet. Dabei setzen sich die hinzugekommenen Bauteile erkennbar vom Altbaubestand ab. Dem 1995-96 erstellten, dunkelbraun verklinkerten "Engelsflügel" folgte 2000-01 nach Entwurf des Büros Ruiken & Vetter der Bau des markanten metallenen "Wolkenriegels", der sich in 22 Meter Höhe weit über die Spree schiebt. Nochmals umgestaltet wurde der Bestand schließlich 2004 durch die Architekten Augustin und Frank. Sie bauten die ehemalige Lagerkellerei zu einem Bürogebäude aus und versahen sie mit einem avantgardistischen Dachaufsatz in strengen kubischen Formen. (2)


(1) Raach 2008, S. 63.

(2) Ballhausen, Nils: Remise Schlesische Straße 28. Aufstockung und Umbau zum Bürogebäude. In: Bauwelt 95 (2004) 10, S. 28-31.

Literatur:

  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 267

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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