Denkmaldatenbank

St.-Jacobi-Kirche

Obj.-Dok.-Nr. 09031218
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Oranienstraße 132, 133, 134
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Kirche ev. & Pfarrhaus & Predigerwohnhaus
Datierung 1844-1845, 1859, 1865-1866
Entwurf Stüler, Friedrich August (Architekt)
Entwurf Friedrich Wilhelm IV. (König von Preußen)
Bauherr Gemeinde St. Jakobi

Inmitten eines heute von Nachkriegsbebauung dominierten Quartiers bildet die Ev. St.-Jacobi-Kirche in der Oranienstraße 132-134 ein letztes bedeutendes Relikt der ursprünglichen Bebauung. (1) Es handelt sich um die erste kirchliche Neugründung der Luisenstadt nach Abschluss der Separation und der Stadterweiterungsplanung. Der Bau war aufgrund der rasch ansteigenden Bevölkerungszahl der Luisenstadt notwendig geworden. (2) Die Entwurfsidee für die erkennbar vom frühchristlichen römischen Kirchenbau inspirierten St.-Jacobi-Kirche geht auf König Friedrich Wilhelm IV. zurück. Mit der Ausarbeitung der Pläne wurde 1843 Friedrich August Stüler beauftragt. Bereits zwei Jahre später konnte der maßgeblich vom König finanzierte Bau in Anwesenheit des Monarchen eingeweiht werden. Für die Ausführung zeichnete der Baukondukteur Gustav Holtzmann verantwortlich.

Die St.-Jacobi-Kirche verkörpert in idealtypischer Weise die Vorstellungen des Königs von einem vorstädtischen Kirchengebäude. Sie ist gestalterisch eng mit der nahezu zeitgleich ausgeführten Potsdamer Friedenskirche verwandt. Die umfangreiche klosterähnliche Anlage wurde in Ziegelrohbauweise ausgeführt. Ungeachtet aller kompositorischen Strenge wurde ein malerisches Bild erzeugt. Mit Ausnahme des Campanile gliedern sich alle Bauteile symmetrisch um ein zur Straße offenes, intim anmutendes Atrium. In der Flucht der Oranienstraße liegen das Pfarr- und das Schulhaus. Das Atrium wird von einer kreuzgangähnlichen Loggia umsäumt, an deren Rückseite sich die dreischiffige Emporenbasilika befindet. Die sattel- und pultdachgedeckte Kirche zeigt eine klare Baukörpergliederung und schlichte, scheibenartig hochgeführte Außenwände. Ihr Erscheinungsbild wird wesentlich durch die scharf eingeschnittenen Rundbogenfenster geprägt. Die Chorpartie des langgestreckten Kircheninnenraums schließt mit drei Apsiden ab. Als weit ins Stadtbild ausstrahlende Landmarke wirkt der östlich der Kirche beigestellte 45 Meter hohe Campanile. Den Vorstellungen des Königs zufolge sollte der Turm die Stadtsilhouette Berlins mit seinem italienisch geprägten Erscheinungsbild bereichern. (3) Der Campanile zeigt von allen Baugliedern der Kirche die aufwendigste Fassadengestaltung. Über einem hohen, sockelartigen Unterbau erheben sich vier gleichmäßig von Bogenstellungen, Pfeilern und Gesimsen gegliederte Stockwerke. Den straßenseitigen Abschluss der Anlage bilden das Pfarr- und das Schulhaus, die beide erst nachträglich 1857-59 und 1865-66 hinzugefügt wurden. Um die städtebauliche Wirkung von Kirchengebäude und Glockenturm nicht zu schmälern, wurden beide Häuser nur zweigeschossig ausgeführt. Stilistisch und materialtechnisch sind sie dem Kirchengebäude angepasst.

Nach schweren Kriegsschäden wurden die Kirche 1954-57 unter beratender Beteiligung des Landeskonservators Hinnerk Scheper durch die Architekten Paul und Jürgen Emmerich wieder aufgebaut, die sich um eine Wiedergewinnung des äußeren Erscheinungsbildes bemühten. Das Innere, das an frühchristliche Basiliken in Rom erinnerte, wurde dagegen nur vereinfacht wieder hergestellt und im Sinne der Zeit schlicht und hell gestaltet. Von der ursprünglichen Ausstattung blieb nichts erhalten. Belassen wurde lediglich das großformatige Mosaik des segnenden Christus in der eingewölbten Apsis von 1906. In der Mitte des Atriums steht eine überlebensgroße Sandsteinskulptur des Apostels Jakobus, die als Geschenk König Friedrich Wilhelms IV. 1845 von Emil Hopfgarten angefertigt wurde.

Nach Süden erhielt die Anlage eine bauliche Ergänzung durch zwei freistehende Wohnhäuser, die 1979-82 nach Plänen der Architekten Dieter Frowein und Gerhard Spangenberg errichtet wurden. Die beiden würfelförmigen Häuser wurden unter Beachtung der Straßenfluchten der axial auf den Chor zuführenden Jakobikirchstraße symmetrisch angeordnet und gestalterisch aufeinander bezogen.


(1) Radicke, Fritz: Die St.-Jacobi-Gemeinde zu Berlin. Festschrift zum 125. Jubiläum, Berlin 1970; Kühne/Stephani 1978, S. 58-59; Klinkott 1988, S. 101-104; BusB VI, S. 60, 361; Börsch-Supan, Eva/Müller-Stüler, Dietrich: Friedrich August Stüler 1800-1865, Berlin 1997, S. 523.

(2) Herden, Elke: Kirchenbau und Stadterweiterung. Protestantische Kirchengründungen des 19. Jahrhunderts in der Berliner Luisenstadt, Berlin 1996, S. 95-123.

(3) Klinkott 1988, S. 101. Als Vorbild für den Glockenturm diente wohl der Campanile von S. Maria di Cosmedin in Rom.

Literatur:

  • BusB II/III 1896 / Seite 161
  • BusB VI / Seite 60, 361
  • Börsch-Supan, Eva/Müller-Stüler, Dietrich: Friedrich August Stüler 1800-1865, Berlin 1997 / Seite 523
  • Radicke, Fritz: Die St.-Jacobi-Gemeinde zu Berlin. Festschrift zum 125. Jubiläum, Berlin 1970 / Seite .
  • Börsch-Supan: Berliner Baukunst nach Schinkel, Berlin 1977 / Seite 129
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 192 f.

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Landesdenkmalamt Berlin
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