Denkmaldatenbank

Desinfektionsanstalt I

Obj.-Dok.-Nr. 09031216
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Ohlauer Straße 39, 41
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Desinfektionsanstalt
Datierung 1885-1886
Umbau 1892-1893
Entwurf Blankenstein, Hermann (Architekt)
Entwurf Frobenius, Karl
Bauherr Stadtgemeinde Berlin

In der Ohlauer Straße 39/41 steht Deutschlands älteste Desinfektionsanstalt. (1) Der in Gestalt und Funktion einzigartige Bau wurde in zwei Bauabschnitten 1885-86 und 1892-93 ausgeführt und geht auf Stadtbaurat Hermann Blankenstein und Stadtbauinspektor Karl Frobenius zurück. Die Einrichtung belegt die Bemühungen des Berliner Magistrats, die deutsche Hauptstadt zu einer modernen Metropole auszubauen, wozu auch ein funktionierendes Gesundheitswesen gehörte. Konkreten Anlass zum Bau der Desinfektionsanstalt gab die damals vor allem in Frankreich grassierende Cholera. Die städtische Anstalt in der Ohlauer Straße hatte die Aufgabe, mit Erregern verseuchte "Effekten", das sind kleinteilige Dinge wie Bekleidung und Hausrat, zu desinfizieren, wozu man heiße Dampfluft verwendete. Nach Inbetriebnahme der Desinfektionsanstalt begannen die Angestellten umgehend mit der Entseuchung des gesamten Stadtgebiets. Verseuchte Gegenstände wurden von den Anstaltsmitarbeitern mit speziellen Wagen abgeholt und nach Behandlung auch wieder zurückbefördert. Seit 1890 nahm man jedoch auch vor Ort ganze Wohnungsdesinfektionen vor. Die Anlage wurde fortwährend baulich verändert und erweitert. 1925 richtete man eine Gaskammer zur Ungeziefervernichtung ein; 1961 folgte der Einbau einer Entlausungsanlage. 1987 musste die Desinfektionsanstalt geschlossen werden. Heute ist hier eine Kindertagesstätte untergebracht.

Von der ursprünglichen Bebauung blieben ungeachtet mehrfacher Überformungen und partieller Abrisse wesentliche Teile erhalten. Wie viele andere kommunale Bauten, die in Berlin unter Hermann Blankenstein entstanden, wurde auch die Desinfektionsanstalt in rotem Sichtmauerwerk ausgeführt. Aus dunklen Klinkereinlagen geformte Ornamentfriese und zinnenartige Dachabschlüsse beleben das Fassadenbild. Insbesondere auf der Hofseite wirkt die Baugruppe ausgesprochen malerisch. Die Anstalt gliedert sich in zwei räumlich getrennte Bereiche. Auf dem rückwärtigen Teil des Grundstücks steht das bereits 1886 fertig gestellte erste Desinfektionsgebäude, das den funktionalen Kern darstellt. Der eingeschossige Bau hat mit seinem weit vorkragenden Satteldach ein markantes Gepräge. Im angeschlossenen Quergebäude befanden sich das Kesselhaus, ein Kohlenlager und eine Badeanstalt. An seiner Südseite steht ein 28 Meter hoher Schornstein über quadratischem Grundriss. An der Ohlauer Straße entstanden 1893 zwei symmetrisch gestellte Gebäude, denen hofseits Wagenschuppen mit großen hölzernen Toren angegliedert sind. Die beiden Bauten, die den Blockrand besetzten, waren für die Aufnahme von Geräte- und Büroräumen konzipiert. Über den eisernen Stürzen ihrer streng nach reiner und unreiner Seite getrennten Durchfahrten befinden sich noch heute Schriftzüge, die auf die Desinfektionsanstalt hinweisen. 1954-57 schloss man die Lücke zwischen beiden Gebäuden durch den Bau eines zweigeschossigen, gleichfalls rot verklinkerten Zwischentrakts.


(1) BusB 1896, Bd. 2, S. 560-561; DESI. Die erste Desinfektionsanstalt. Broschüre zur Ausstellung des Kunstamts Kreuzberg zur Geschichte des Kampfes gegen Infektionskrankheiten in Berlin seit 1886, Berlin 1987; Kaak, Heinrich: Die Desinfektionsanstalt I. In: Geschichtslandschaft Berlin 1994, S. 381-396; Dehio Berlin 2006, S. 300.

Literatur:

  • Kaak, Heinrich/ Die Desinfenktionsanstalt I =Geschichtslandschaft, Kreuzberg, 1994 / Seite 381-396
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 289 f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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