Denkmaldatenbank

Bundespatentamt, Kaiserliches Patentamt

Obj.-Dok.-Nr. 09031153
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Gitschiner Straße 97, 103

Alexandrinenstraße 128

Alte Jakobstraße 159, 161, 163, 165
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Verwaltungsgebäude
Datierung 1903-1905
Umbau 1929-1931, 1932, 1937, 1954-1959
Ausführung Clemens, Gustav (Maurermeister)
Ausführung Kuhn, C. (Baugeschäft)
Entwurf Solf und Wichards (Architektengemeinschaft)
Ausführung AG für Bauausführungen (Baugeschäft)
Bauherr Kaiserliches Patentamt

Dort, wo die Alte Jakobstraße in die Gitschiner Straße einmündet, steht das mächtige Kaiserliche Patentamt, das die Grundstücke Gitschiner Straße 97-103, Alexandrinenstraße 128, Alte Jakobstraße 159/165 besetzt und mit seinen lang fluchtenden Fassaden den Stadtraum westlich des Halleschen Tors beherrscht. (1) Das Gebäude ist einer der prominentesten Behördenbauten des Deutschen Kaiserreichs. Seine Errichtung wurde nötig, weil das Kaiserliche Patentamt schon wenige Jahrzehnte nach seiner Gründung im Jahr 1877 an seinem angestammten Standort in der Luisenstraße unter erheblicher Raumnot litt. Der weitläufige Monumentalbau wurde in nur drei Jahren 1903-05 nach einem Wettbewerbsentwurf der Architekten Solf & Wichards erbaut. (2) Die in Berlin vor dem Ersten Weltkrieg viel beschäftigte Sozietät hatte bereits wenige Jahre zuvor die Pläne für den in Sichtweite liegenden Hochbahnhof Hallesches Tor geliefert. Als Baugrund stand ein trapezförmiges, vormals zur Garde-Kürassier-Kaserne gehörendes Areal zur Verfügung. Die gewaltige Baumasse des Patentamts umschließt elf Höfe und tritt zum Stadtraum durch drei Trakte an der Gitschiner Straße, Alten Jakobstraße und Alexandrinenstraße in Erscheinung. Diese fünfgeschossigen Flügel werden durch eine unregelmäßige, überwiegend ebenfalls fünfgeschossige Hofbebauung ergänzt. Von enormem Umfang war das Raumprogramm. Es umfasste siebenhundert Diensträume, zwölf Sitzungssäle, elf Kassenräume, eine Auslegehalle und über zehn Kilometer Erschließungsflure. Zusätzlich wurden fünfzehn Dienstwohnungen, eine von ihnen für den Präsidenten, untergebracht. Selbst mehrfache Erweiterungen, Umbauten und die in Teilen vereinfachte Wiederherstellung nach dem Krieg haben das ursprüngliche imposante Erscheinungsbild des Patentamts nicht wesentlich schmälern können. (3) Der Bau ist deshalb auch heute noch ein herausragendes Beispiel für das Bauen in historistischen Formen. In Abweichung zu dem von Kaiser Wilhelm II. bevorzugten Neobarock griffen Solf & Wichards auf den Formenschatz der deutschen Renaissance zurück. Sowohl gliedernde als auch schmückende Elemente wurden in mustergültiger Weise dem historischen Stilvorbild nachempfunden. Für die Steinmetzarbeiten zeichneten die Bilderhauer Georg Heinrich Giesecke und Heinrich Günther-Gera verantwortlich.

Die wichtigste Fassade ist die an der Gitschiner Straße gelegene 234 Meter lange Schaufront mit dem risalitartig vorspringenden Mittelbau, der den Hauptzugang zum Gebäude enthält. (4) Die Straßenfronten zeigen einen dreischichtigen Wandaufbau. Über einem hohen Werksteinsockel aus Wünschelberger Sandstein erheben sich zwei glatt geputzte, cremefarben gestrichene Obergeschosse. Den oberen Abschluss bildet das vollständig mit Sandstein verblendete Attikageschoss. Um das Fassadenbild zu beleben, ordneten die Architekten im Dachbereich in gleichmäßigem Abstand hoch aufragende Renaissancegiebel an. Besonders prachtvoll gestaltet wurde der Giebel des Mittelbaus, der mit Reichsadler und Kaiserkrone auf die hoheitliche Funktion des Gebäudes hinwies. Leider haben sich die Giebel nur noch im Bereich der Alten Jakobstraße erhalten. Außer dem aufwendig geschmückten Mittelteil setzt auch die abgeschrägte Gebäudeecke an der Einmündung der Alten Jakobstraße einen deutlichen Akzent. Sie wurde als eigenständiger Kopfbau mit einer von zwei Türmen eingefassten Schaufront ausgebildet. (5) Wesentlich einfacher sind indes sämtliche Rückfronten gehalten, die eine Verblendung mit gelben Klinkern oder alternierend mit weißen Glasurklinkerplatten erhielten. Innen besitzt das Patentamt mehrheitlich noch die ursprünglichen Grundrisse mit dem charakteristischen einhüftigen Flursystem und der axialen Anlage der für den Publikumsverkehr wichtigen Räume. Über die Vorhalle im Mittelbau erreicht man die große, querrechteckige Verteilerhalle, von der aus der Lesesaal und die sogenannte Auslegehalle erschlossen werden. Sowohl das zweigeschossige repräsentative Vestibül als auch die großzügig angelegten Treppenhäuser und Flure verfügen zu weiten Teilen noch über die alte wandfeste Ausstattung, die in der Regel aus hellen gestrichenen, flächigen Stuckaturen und Sandsteinapplikationen besteht. Heute sind in dem Gebäude das Europäische Patentamt, das Deutsche Patent- und Markenamt sowie das Bundeszentralregister untergebracht.


(1) Kayser, Heinrich: Das kaiserliche Patentamt. In: Ingenieurwerke in und bei Berlin, Berlin 1906, S. 46-59; BusB III, S. 15-16, 19, 42-43; Dehio Berlin 2006, S. 298; 100 Jahre Patentamt in Berlin-Kreuzberg, hrsg. v. Deutschen Patent- und Markenamt, Berlin 2005.(2) Um geeignete Entwürfe für das kaiserliche Patentamt zu erhalten, lud das Innenministerium die Architekten Cremer & Wolffenstein, Schwechten, Kayser & von Großheim, Solf & Wichards sowie Reinhardt & Süßenguth zu einem engeren Architektenwettbewerb ein. Den siegreichen Entwurf lieferten schließlich Solf & Wichards, vgl. Deutsche Bauzeitung 35 (1901), S. 442 ff. und 453 ff.; Berliner Architekturwelt 4 (1903), S. 430; Deutsche Bauzeitung 40 (1906), S. 275-279; Berliner Architekturwelt 8 (1906), S. 325-330.

(3) Als wichtigste Maßnahmen seien angeführt: 1929-31 fünfgeschossiger Erweiterungsbau auf dem Hofgelände, 1932 Erweiterung der Auslegehalle, 1937 Aufstockung der Bücherei um drei Halbgeschosse, 1954-59 Beseitigung der Kriegsschäden in drei Bauabschnitten, 1964 Abbruch von zwei Trakten im Bereich der Alten Jakobstraße, 1967-69 Errichtung eines Heizhauses, 1971 Abbruch des alten Heizkesselhauses, Umbau des Lesesaals und von Teilen des Bibliothekstrakts, 1973-74 neue Dacheindeckung, 1975-7 Erweiterungsbau an der Neuenburger Straße für das Bundeszentralregister als Anbau am Erweiterungsbau von 1929.

(4) Aufgrund des vorgestellten, parallel verlaufenden Hochbahnviadukts kommt die Fassade im Straßenraum nur eingeschränkt zur Geltung, für den Fahrgast der Hochbahn bieten sich jedoch reizvolle Ausblicke auf die langgestreckte Front.

(5) Ursprünglich sollte der Haupteingang an dieser Stelle angeordnet werden, da die Sicht auf das Gebäude hier nicht durch die Hochbahn verdeckt werden konnte. Aufgrund des besonderen Zuschnitts des Grundstücks und der damit verbundenen Schwierigkeit, funktionale Grundrisslösungen entwickeln zu können, nahm man jedoch während des Wettbewerbsverfahrens Abstand von dieser Idee.

Literatur:

  • Dehio, Berlin, 1994 / Seite 274
  • Kayser, Das Kaiserliche Patentamt in
    Ingenieurbauwerke in und um Berlin, 1906 / Seite 46-59
  • Deutsche Bauzeitung 35 (1901) / Seite 442f., 445, 453-457
  • Deutsche Bauzeitung 40 (1906) / Seite 275-279
  • Berliner Architekturwelt 4 (1902) / Seite 430
  • Berliner Architekturwelt 8 (1906) / Seite 325-330
  • BusB III 1966 / Seite 15f., 19, 42f.
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 196 f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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