Denkmaldatenbank

ehem. Gauarbeitsamt, Landesarbeitsamt

Obj.-Dok.-Nr. 09031144
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Friedrichstraße 34

Charlottenstraße 90
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Bürogebäude
Datierung 1938-1942
Umbau 1948, 1953-1956
Entwurf Fritzsche, Hans & Löhbach, Friedrich (Architekt)
Ausführung Heilmann und Littmann Bau AG (Baugeschäft)

Das Bürohaus in der Friedrichstraße 34/Charlottenstraße 90 ist das einzige überkommene Gebäude in der südlichen Friedrichstadt, das unter nationalsozialistischer Herrschaft entstand. Der staatliche Repräsentationsbau wurde nach Entwürfen von Hans Fritzsche und Friedrich Löhbach ausgeführt. Konzipiert war das Gebäude zunächst als "Bürohaus Innenstadt" mit 800 Büroräumen und 24 Läden, doch dann erfolgte eine Umplanung zum Gauarbeitsamt. Tatsächlich genutzt wurde das Gebäude jedoch bis 1945 als Verwaltungssitz der "Organisation Todt" und des Reichsministeriums für Bewaffnung und Munition. (1)

Für die Errichtung des großräumigen Bürokomplexes mussten im Bereich der Friedrichstraße fünf bebaute Grundstücke beräumt werden. In einem ersten Bauabschnitt erfolgte 1938-39 die Errichtung des Bauteils an der Charlottenstraße. Bis 1942 war auch das monumentale Vorderhaus an der Friedrichstraße fertig gestellt. Die erhebliche Baumasse brach mit der bis dahin geltenden Maßstäblichkeit für Bürogebäude im Bereich der südlichen Friedrichstadt und stellte einen bedeutenden Eingriff in das Umfeld von Friedrich- und Kochstraße dar. Dabei entspricht der Bau sowohl in seiner Massenanordnung als auch in seinem Fassadenaufbau den Idealen nationalsozialistischen Bauens. Im Vordergrund stand insbesondere im Bereich der Friedrichstraße die über ein bloßes Repräsentationsbedürfnis hinausgehende monumentale Gesamtwirkung der Architektur, welche man mittels eines streng symmetrischen Fassadenaufbaus sowie einer hierarchisch angeordneten Massenstaffelung erreichte. Die durch Vor- und Rückstaffelung erzielte Körperhaftigkeit des Gebäudes kontrastiert mit der üblichen, weniger plastischen Gestaltungsweise der Blockkanten des Straßenzugs. Kennzeichnend sind die markanten Horizontal- und Vertikalgliederungen.

Die Fassade an der Friedrichstraße wird von dem achtgeschossigen Mittelrisalit dominiert. Ein Vorbild dafür war der turmartige Eingangspylon Albert Speers vor dem Pavillon des Deutschen Reichs auf der Weltausstellung 1937 in Paris. Der nach der ursprünglichen Entwurfsfassung über dem Mittelrisalit vorgesehene mächtige fensterlose Turmblock wurde nicht ausgeführt und durch einen großen Adler ersetzt. Über den Toreinfahrten der beiden äußeren Fensterachsen sind Seitenrisalite ausgebildet, die das Gebäude zu den Nachbarhäusern hin abgrenzen. Die Inszenierung wird durch die kräftige Horizontalgliederung mittels breiter Gesimsbänder noch gesteigert. Auch die Werksteinverkleidung der ansonsten weitgehend schmucklosen Fassade ist bewusst auf die Erzielung eines monumentalen Gesamteindrucks berechnet. Im Erdgeschoss wurde Muschelkalk verwendet, die übrigen Bereiche sind mit Tuffstein verkleidet. Der Gebäudeflügel entlang der Charlottenstraße ist mit dem Straßentrakt an der Friedrichstraße durch eine sechsgeschossige H-förmige Hofbebauung verbunden. Die aus der Bauflucht leicht zurückgestaffelte Fassade ist deutlich anspruchsloser und weniger repräsentativ gestaltet.

Das originale konstruktive Gerüst des Gebäudes, eine Stahlbetonrahmenkonstruktion, hat sich ebenso erhalten wie die bauzeitliche Ausstattung des Haupteingangsbereichs und des anschließenden Haupttreppenhauses. 2003-04 wurde das Gebäude, das heute als Landesarbeitsamt genutzt wird, an seiner Nordseite durch einen gleichfalls von der Friedrichstraße zur Charlottenstraße reichenden Neubau ergänzt.


(1) BusB III, S. 60-61; Rößger 1985, S. 174 ff.; Schäche, Wolfgang: Architektur und Städtebau in Berlin zwischen 1933 und 1945, Berlin 1992, S. 329 ff.; Donath 2004, S. 78-79; Dehio Berlin 2006, S. 298.

Literatur:

  • BusB III 1966 / Seite 60f.
  • Rößger, H., Die Entwicklung des Hauses in der Südlichen Friedrichstadt..., Berlin 1985 / Seite 174ff.
  • Berliner Volkszeitung / Seite 10.02.1939
  • Schäche, Architektur, 1991 / Seite 329ff.
  • Dehio, Berlin, 1994 / Seite 274
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 124 f.
  • Internationaler engerer Wettbewerb Berlin Südliche Friedrichstadt. Kochstraße/Friedrichstraße, Berlin 1980 / Seite 105

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

Verkehrsanbindungen