Denkmaldatenbank
Portikus des Anhalter Bahnhofs
09031114 | |
Bezirk | Friedrichshain-Kreuzberg |
Ortsteil | Kreuzberg |
Adressen | Askanischer Platz 6 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Ruine |
Datierung | 1876-1880 |
Entwurf | Schwechten, Franz Heinrich (Architekt) |
Der Anhalter Bahnhof wurde 1841 in Betrieb genommen, aber bereits 1876-80 musste das erste Bahnhofsgebäude durch einen groß angelegten Neubau ersetzt werden. Von dem mächtigen Backsteinbau blieb mit der Ruine des Portikus am Askanischen Platz 6 nur ein Relikt erhalten, das eindrucksvoll an die große Zeit der Eisenbahnen, aber auch an die gewaltigen Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und die Umgestaltung des Stadtraums in der Nachkriegszeit erinnert. Das monumentale Bahnhofsgebäude brannte im Februar 1945 größtenteils aus. Zugleich wurde das Hallendach über den Bahnsteigen zerstört. Bis 1952 fand aber noch regelmäßiger Zugverkehr statt. Dennoch entschied man sich 1960 für die Sprengung und Abtragung aller Gebäudebestandteile. Aufgrund starker Proteste sah man nur vom Abriss der Portalruine ab, die heute ein weithin bekanntes Berliner Wahrzeichen geworden ist. Im Stadtraum fällt der ruinenhafte Bau durch seine markante Silhouette auf.
Der Anhalter Bahnhof gilt als Höhepunkt der Berliner Backsteinarchitektur des 19. Jahrhunderts. (1) Die Pläne für den Monumentalbau lieferte Franz Schwechten, der seit 1871 als Chefarchitekt für die Berlin-Anhaltische Eisenbahn-Aktiengesellschaft tätig war. (2) Der Anhalter Bahnhof war der größte Bahnhof des europäischen Kontinents und der Kopfbahnhof in Berlin mit der höchsten Zugfrequenz. Er war aber nicht nur aus verkehrstechnischer, sondern auch aus städtebaulicher Sicht herausragend, denn er erwies sich als wesentlicher Motor für die Entwicklung der Quartiere westlich der Friedrichstadt. Wegen der Nähe zum Regierungsviertel kam ihm zudem die Funktion eines Haupt- und Regierungsbahnhofs zu. Um den Bahnhof stadträumlich angemessen in Szene zu setzen, stattete Schwechten ihn zum Askanischen Platz hin mit einer prunkvollen Schauseite aus.
Die erhaltene Portalruine vermittelt davon ein ausschnitthaftes Bild. Die Ruine markiert den Bereich der früheren Fassadenmitte. Sie besteht aus der dreijochigen, eingewölbten Unterfahrt und einem Wandsegment, das die Außenwand des Vestibüls darstellte. Gut zu erkennen ist die anspruchsvolle Architekturverkleidung, die einst das gesamte Bahnhofsgebäude auszeichnete. Sandsteinelemente und eine Vielzahl an gebrannten Formsteinen und Terrakotten bereichern das gelbe Sichtmauerwerk. Auf dem Dach der Unterfahrt stehen in stark reduzierter Form zwei von Gustav Eberlein gefertigte Figuren, die Göttinnen "Berolina" und "Anhaltina", die stellvertretend für die Endpunkte der Eisenbahnlinie stehen. Erhalten hat sich auch das kreisrunde Figurenrelief der "Ingenieur-Wissenschaft", das von Otto Geyer stammt und darauf hinweist, wie viel dieser Bau dem Können der Ingenieure verdankt. Den oberen Abschluss des Vestibül-Giebels bilden die kupfernen Galvanoplastiken "Tag" und "Nacht", die der Bildhauer Ludwig Brunow schuf. Dank der umfassenden Instandsetzung 2002-05 konnte die Portalruine vor weiterem Verfall gerettet werden. Die Figuren wurden restauriert und die Galvanoplastiken durch Nachbildungen ersetzt. (3) Anstelle der mächtigen, 170 Meter langen Bahnhofshalle, die eine viel bewunderte, filigrane Eisenkonstruktion des Ingenieurs Heinrich Seidel überdeckte, befindet sich heute ein Sportplatz. Südlich davon wurde 2001 das Veranstaltungszentrum Tempodrom errichtet. Einer Stadtkrone gleich ragt sein gefaltetes zackenförmiges Betondach aus dem umgebenden Grün.
(1) Berlin und seine Eisenbahnen 1896, Bd. 1, S. 169-174, BusB 1896, Bd. 1, S. 283-286; Krings, Ulrich: Deutsche Großstadtbahnhöfe des Historismus, Diss., München 1978, S. 160-181; Krings, Ulrich: Deutsche Großstadt-Bahnhöfe des Historismus, München 1981, S. 133-155; BusB X B (2), S. 28-31, 128; Maier, Helmut: Berlin Anhalter Bahnhof, Berlin 1984; Klinkott 1988, S. 360-368; Roik-Bogner, Christine: Der Anhalter Bahnhof. In: Geschichtslandschaft Berlin 1994, S. 52-69; Zietz, Peer/Rüdenburg, Lutz H.: Franz Heinrich Schwechten. Ein Architekt zwischen Historismus und Moderne, Stuttgart-London 1999, S. 14-16, 46; Knothe, Rainer: Anhalter Bahnhof. Entwicklung und Betrieb. Zeugen und Zeugnisse aus über 100 Jahren, Freiburg im Breisgau 1997; Streich, Wolfgang Jürgen: Franz Heinrich Schwechten. Bauten für Berlin, Petersberg 2005; Dehio Berlin 2006, S. 317.
(2) Der Anhalter Bahnhof legte den Grundstein zu Franz Schwechtens außerordentlich erfolgreich verlaufener Architektenkarriere.
(3) Die originalen Bildwerke und das "Fürstenportal" des Bahnhofs sind im Deutschen Technikmuseum Berlin ausgestellt.
Literatur:
- Roik-Bogner, Christine/ Der Anhalter Bahnhof =Geschichtslandschaft, Kreuzberg, 1994 / Seite 52-69
- Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 159 f.
Kontakt
Juliane Stamm
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