Denkmaldatenbank

Hoch- und U-Bahnhof Kottbusser Tor

Obj.-Dok.-Nr. 09031103
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Skalitzer Straße & Kottbusser Straße & Reichenberger Straße
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Bahnhof (U)
Datierung 1926-1928
Entwurf Grenander, Alfred Frederik Elias (Architekt)
Entwurf Fehse, Alfred (Architekt)

Mitten auf dem verkehrsreichen Platz am Schnittpunkt von Skalitzer Straße und Reichenberger Straße befindet sich der Hoch- und Untergrundbahnhof Kottbusser Tor. (1) Der Kreuzungsbahnhof, benannt nach dem früher hier befindlichen Stadttor, ist ein zentraler Verkehrsknotenpunkt des Berliner U-Bahn-Netzes. Er entstand in mehreren Bauabschnitten zwischen 1926 und 1929 und ersetzte einen älteren, etwas weiter östlich gelegenen Hochbahnhof. Für die Planung zeichneten Alfred Grenander, der langjährige Chefarchitekt der BVG, sowie Alfred Fehse verantwortlich. Während der Hochbahnhof zur 1902 in Betrieb genommenen Stammstrecke gehört (heute U1), wurde der Untergrundbahnhof für die GN-Bahn (heute U8) errichtet, die seit 1928 Gesundbrunnen mit Neukölln verbindet.

Beim Bau der weitläufigen Anlage waren umfangreiche bau- und verkehrstechnische, architektonische und städtebauliche Probleme zu lösen, denn zeitgleich mit der Errichtung des Bahnhofs sollte auch der gesamte Platzbereich städtebaulich neu geordnet und aus verkehrlicher Sicht bereinigt werden. Um eine bequeme fußläufige Verbindung zwischen beiden Bahnhöfen zu ermöglichen, verschob man den Standort der Hochbahnstation und baute eine vollständig neue Hallenkonstruktion aus genietetem Stahl und Glas. Diese gleichermaßen moderne wie elegante Architektur bildet seitdem das Zentrum des Platzes. Konzipiert wurde der Hochbahnhof als zweigleisiger Hallenbau mit gebauchtem Mittelbahnsteig. Sein sachlich wirkendes Äußeres entwickelten Alfred Grenander und Alfred Fehse konsequent aus der Bauaufgabe, wobei sie auf jedes schmückende Beiwerk verzichteten. Gleichwohl schufen sie einen Bau mit einer beeindrucken Außenhülle, der "entsprechend der Stiltendenz des Neuen Bauens eine offene Form von schwebender Leichtigkeit" bildet. (2) Das flache, langgestreckte Bahnhofsgebäude zeichnet sich durch eine gleichermaßen strenge wie charaktervolle Linienführung aus. Vor allem die konvex ausschwingenden Seitenwände verleihen dem Bau eine spannungsvolle Dynamik. Die Halle legten Grenander und Fehse als stützenlose Binderkonstruktion mit einer Binderweite von 7,50 Metern an. Die Wandabschnitte zwischen den vollwandigen Rahmenbindern sind im Brüstungsbereich mit Blechen ausgefacht, im oberen Teil jedoch komplett durchfenstert. Für eine großzügige Belichtung sorgt neben den traufhohen Fensterbändern indessen auch die langgezogene Oberlichtraupe im Firstbereich. Da die Platzfläche wegen des kreuzenden Straßenbahn- und Autoverkehrs möglichst barrierefrei bleiben sollte, wurde die 120 Meter lange Halle an nur wenigen Punkten auf Stützen aufgelagert. Dabei erreichte man enorme Stützenweiten (über 50 Meter an der Nordseite). Möglich wurde dies, wie die Verschlankung der Konstruktion insgesamt, durch Verwendung von hochwertigem Silizium-Stahl. (3) Über den in der Bahnsteigmitte angelegten Verkehrskern ist der Hochbahnhof an den U-Bahnhof angebunden. Zwischen beiden Stationen liegt ein bereits unter Straßenniveau angeordnetes Zwischengeschoss, das mit seinen Wandfliesen gestalterisch auf den U-Bahnhof Bezug nimmt und als Verteilergeschoss dient. Von hier aus erreicht man treppab den dunkelgrau asphaltierten Mittelbahnsteig des U-Bahnhofs. Aufgrund der besonderen Breite des Bahnsteigs wird die Hallendecke von einer doppelten Stützenreihe getragen. Den einzigen Bauschmuck bildet die qualitätvolle Verfliesung der Wände und Pfeiler mit hellen, pastellfarbenen Keramikplatten. Grenander knüpfte mit diesem zurückhaltenden Dekor an die gleichfalls schon stark versachlichte Gestaltungsweise seiner U-Bahnhöfe aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg an. Wenngleich viele der beweglichen Ausstattungsbestandteile verlorengegangen sind, befinden sich Untergrund- und Hochbahnhof weitgehend im bauzeitlichen Zustand. Die ursprüngliche hellgraue Farbigkeit wurde 1998 wieder hergestellt.


(1) BusB X B (1), S. 103, 108, dort weitere Literaturangaben; Bohle-Heintzenberg 1980, S. 39-41, 191; Hüter 1987, S. 262, 268; Brachmann, Christoph: Licht und Farbe im Berliner Untergrund. U-Bahnhöfe der klassischen Moderne, Berlin 2003, 162-168; Dehio Berlin 2006, S. 316.

(2) Hüter 1987, S. 262.

(3) Vgl. Bousset, Johannes: Der neue Hochbahnhof am Kottbusser Tor. In: Der Stahlbau 3 (1930), S. 159.

Literatur:

  • BusB X B 1 1979 / Seite 103, 138
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 296 f.

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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