Denkmaldatenbank

Berliner Brauerei-Gesellschaft Tivoli, Schultheiß-Brauerei

Obj.-Dok.-Nr. 09031100
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Methfesselstraße 28, 48

Alte Brauerei
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24

Am Weinhang 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12

Eberhard-Roters-Platz
1, 2, 3, 4, 5, 6, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14

Schmiedehof
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23

Sixtusgarten
1, 2, 3, 3A, 4, 4A, 5, 5A, 6,, 6A, 7, 7A, 8, 8A, 9, 10

Tivoliplatz 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Brauerei
Datierung 1856-1865, 1898-1909
Entwurf Hanemann, Christian August & Junghahn, Gustav & Teichen, Karl (Maurermeister)
Entwurf Tielebier, Ernst
Bauherr Schultheiß-Brauerei

Südlich des Kreuzbergdenkmals in der Methfesselstraße 28/48 u. a. erstrecken sich die baulichen Anlagen der Berliner Brauerei-Gesellschaft Tivoli, später Schultheiss-Brauerei. (1) Die weitläufige Produktionsstätte hat ihr Aussehen bis in die Gegenwart hinein immer wieder durch bauliche Ergänzungen und Überformungen erheblich verändert. Die Geschichte des Brauereistandorts begann im Jahr 1857 mit der Gründung der Tivoli-Brauerei. Innerhalb von mehreren Jahrzehnten ließ die Gesellschaft hier ab 1858 ein vielgestaltiges Ensemble aus Werkgebäuden, Lagerkellern, Gaststätten und Wohnhäusern errichten. Schon bald nach der Gründung zählte die Anlage mit ihrem großen Restaurationsgarten zu den wichtigsten Berliner Brauerei- und Vergnügungsstätten. Die ersten Bauten errichtete Christian August Hahnemann. Gustav Junghahn entwarf wichtige Ergänzungsbauten, darunter den Gotischen Saal und das Tivoli-Saalgebäude. Friedrich Hitzig war als Gutachter beteiligt. Alle Gebäude wurden so angelegt, dass sie in ihrer Höhenentwicklung und Lage das Erscheinungsbild des Kreuzbergdenkmals nicht beeinträchtigten. 1891 übernahm die Schultheiss Brauerei Actien-Gesellschaft das Brauereigelände, auf dem bis 1993 Bier und Limonade hergestellt wurden. Seit 1999 wird das einstige Brauereiareal unter Einbeziehung der historischen Substanz zu einem modernen Wohn- und Gewerbestandort ausgebaut. Das Viertel wird seitdem in Anlehnung an den nahen Viktoriapark als Viktoria-Quartier bezeichnet.

Das Grundstück war wegen seiner Höhenlage besonders gut für die Anlage einer Brauerei geeignet. Auf diese Weise konnten die zum Kühlen und Lagern benötigten Tiefkeller ohne die Gefahr eintretenden Grundwassers angelegt werden. Der ausgeprägten Hanglage begegnete man durch Terrassierungen und den Bau mächtiger Futtermauern an Süd- und Ostflanke. Alle historischen Gebäude wurden in Rohziegelbauweise aus rotem Backstein mit gelben Klinkerstreifen ausgeführt. Die räumliche Anordnung der Bauten wirkte mit fortschreitender Entwicklung des Geländes immer planloser, was den sich stetig verändernden Produktionsprozessen und Arbeitsabläufen geschuldet war. Zeigten die Bauten anfangs aus Rücksichtnahme auf den vorstädtischen Charakter im Umfeld des Kreuzbergs eine landhausartige Bauweise in einer Mischung aus Schweizerhausstil, Rundbogenstil und spätklassizistischer Villenarchitektur, ließ die Schultheiss AG die meisten Ergänzungsbauten in wuchtigem Burgenstil ausführen oder aber bereits bestehende Substanz wie das Tivoli-Saalgebäude entsprechend überformen. Nur der Gotische Saal mit seinem Rippengewölbe und Teile der nördlichen Einfriedung blieben von dieser Umgestaltung ausgenommen.

Noch heute befindet sich auf dem Areal ein beachtlicher historischer Baubestand. In ihrer Raumwirkung spektakulär sind die eingewölbten, bis zu zwölf Meter hohen Lagerkeller, darunter der 1858-59 angelegte Sommerbierkeller, der den ältesten Bestandteil der umfangreichen Kelleranlagen darstellt. In veränderter Form erhalten ist auch das Tivoli-Saalgebäude, das 1862 zwischen den südlich gelegenen Produktions- und Wirtschaftsgebäuden und dem zum Nationaldenkmal orientierten Biergartenbereich angeordnet wurde. Der mit etwa 1.700 Plätzen lange Zeit größte Festsaal Berlins entstand in Ergänzung zu bereits bestehenden Restaurationsgebäuden und bildete nach seiner Fertigstellung den gestalterischen Mittelpunkt der Anlage. Die Schultheiss AG gab die Saalnutzung in den 1890er Jahren auf und ließ den Bau nach und nach umbauen und in den Produktionsprozess eingliedern. Auf seine einstige Bedeutung verweist die symmetrisch gestaltete Schaufront im Norden. Auf der Ostseite des Brauereiareals befindet sich der malerisch anmutende Schmiedehof, dessen dichter historischer Bestand (Schmiede, Beschlagbrücke, Pferdestall, Remise und Gotischer Saal) in den letzten Jahren durch Ergänzungsbauten komplettiert wurde . Im Westen fallen wegen ihrer besonderen Formgebung das Maschinenhaus, vor allem jedoch das Kesselhaus mit dem Kohlebunker auf. Als technisches Denkmal blieb im Maschinenhaus eine Kältemaschine der Firma Linde von 1898 erhalten. Nach Plänen von Karl Teichen wurde 1900 ein Restaurationsgebäude an der Methfesselstraße errichtet, das heute als Sixtus-Villa bezeichnet wird. (2) Das stadträumlich exponierte, im Burgenstil gehaltene Haus stellte mit seinem repräsentativen Erscheinungsbild ein würdevolles Entrée für Brauerei und den Restaurantgarten dar. Es wurde 1999-2000 denkmalgerecht restauriert.


(1) BusB 1877, S. 193-195; BusB 1896, Bd. 1, S. 647; Die Schultheiss-Brauerei in Vergangenheit und Gegenwart, Berlin 1910; Ehlers, Hans: Schultheiss-Patzenhofer 1871-1921. Ein Rückblick, Berlin 1921; Borkenhagen, Erich: 125 Jahre Schultheiss-Brauerei. Die Geschichte des Schultheiss-Bieres in Berlin von 1842 bis 1967, Berlin 1967; Uebel, Lothar/Klünner, Hans-Werner: Viel Vergnügen. Die Geschichte der Vergnügungsstätten rund um den Kreuzberg und die Hasenheide, Berlin 1985; Uebel 1985, S. 22-31; Hildebrandt/Lemburg/Wewel 1988, S. 90-91; Spode, Hasso: Die Schultheiss-Brauerei auf dem Kreuzberg. In: Geschichtslandschaft Berlin 1994, S. 399-417; Dehio Berlin 2006, S. 314; Raach 2008, S. 73.

(2) Berliner Architekturwelt 4 (1902), S. 358; Vogt, Olav: Die "Sixtus-Villa" auf dem Schultheiss-Areal. In: Berlin. Denkmalschutz und Denkmalpflege, Merseburg 2001, S. 65-66.

Literatur:

  • BusB I 1896 / Seite 193-196
  • Historische Stätten, 1987 / Seite 29f.
  • Spode, Hasso: Die Schultheiss-Brauerei auf dem Kreuzberg, in: Geschichtslandschaft, Kreuzberg, 1994 / Seite 399-417
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 394 ff.
  • Manger, Hans-J.: Die Brauereien in Berlin vor 100 Jahren, in: Technik & Technologie, März 2014 / Seite 8-13

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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