Denkmaldatenbank

Mietshaus, Etagenfabrik Oranienstraße 6

Obj.-Dok.-Nr. 09030775,T
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Oranienstraße 6
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Mietshaus & Etagenfabrik

Inmitten eines Mietshausquartiers aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellt die Straßenfront des Mietshauses Oranienstraße 6 eine Besonderheit dar. Erbaut wurde das viergeschossige Haus 1875 durch den Zimmermeister Robert Otto, der auch der Bauherr war. Die straßenseitige Fassade wurde jedoch 1929 grundlegend umgestaltet. Die Pläne erstellte der Architekt Martin Punitzer, der in den 1920er Jahren durch seine sachlichen Industrie- und Gewerbebauten bekannt wurde. Die Fassade ist ein anschauliches Beispiel für den in Berlin mit Aufkommen des Neuen Bauens oft unternommenen Versuch, gründerzeitliche Architektur durch eine zeitgemäße, nach Möglichkeit großstädtisch wirkende Überformung aufzuwerten. Mit der markanten horizontalen Schichtung knüpfte Martin Punitzer an ein Ende der 1920er Jahre beliebtes Fassadenschema an. Die Fenster werden durch versetzt gemauerte rote Ziegellagen zu breiten Bändern zusammengefasst, die sich kontrapunktisch von der restlichen, weiß gestrichenen Wandfläche absetzen. (1) Über der Ladenzeile im Erdgeschoss folgen drei Wohngeschosse. Punitzer behielt die hochrechteckigen Fensterformate, die er jedoch in seine Gestaltung einzubinden wusste. (2)

Über die links angeordnete, aufwendig mit Kappen- und Tonnengewölbe überspannte Durchfahrt erfolgt die Erschließung der hofseitigen Bebauung. Dort befindet sich im Anschluss an den Seitenflügel des Wohnhauses eine fünfgeschossige Etagenfabrik, die der Fabrikbesitzer Alfred Hendel 1898 von Kurt Lewy errichten ließ. (3) Hendel nutzte die Fabrikräume für seine Firma, das Lumpen-Export-Geschäft Hendel & Co., vermietete daneben aber auch an andere Gewerbetreibende, darunter die Klavierfabrik Hermann & Co. und die Berliner Musterkartenfabrik. Die umfangreiche Anlage umschließt zwei unregelmäßig geformte Höfe. Ihre ebenso sorgfältig wie reichhaltig gestalteten Fassaden unterstreichen das Geltungs- und Repräsentationsbedürfnis des Bauherrn. Die Fronten sind allseits mit gelben Klinkern verblendet und durch verschiedene Schmuckelemente wie die eingelegten grünen Glasurklinker oder die auffälligen Spitzbögen wirkungsvoll belebt. Im Unterschied zu den nur wenige Jahre zuvor erstellten, meistenteils schlecht belichteten Fabrikhöfen verfügt das Gebäude in nahezu allen Etagen über großformatige Sprossenfenster. Hierin spiegelt sich die im Gewerbebau der Jahrhundertwende zu beobachtende Tendenz zur Auflösung der Wandfläche, die nicht nur ein gewandeltes Fassadenbild hervorrief, sondern auch für eine gute, aus arbeitstechnischer Sicht erwünschte Lichtausbeute sorgte. Die Außenwände der Gewerbetrakte wurden in massiver Bauweise errichtet. Die Etagen sind flexibel nutzbar, da keine tragenden Trennwände vorhanden sind. Die Geschossdecken wurden als preußische Kappen, teils auf gusseisernen Hohlstützen lagernd, ausgebildet.


(1) Der Glattputz geht auf eine Sanierung nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Martin Punitzer legte die Fassade vollständig in rotem Sichtmauerwerk an, vgl. hierzu die Abbildung in Bauwelt 21 (1930) 29, S. 921.(2) Die gründerzeitlich anmutenden, heute weiß gefassten Fenster ließ Punitzer dunkel streichen, sodass ihre bauzeitliche Herkunft optisch nicht ins Gewicht fiel.(3) Raach 2008, S. 65.

Literatur:

  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 232 f.

Teilobjekt Mietshaus

Teil-Nr. 09030775,T,001
Sachbegriff Mietshaus
Datierung 1875
Umbau 1929
Entwurf Otto, Robert (Zimmermeister)
Entwurf Punitzer, Martin Albrecht (Architekt)
Bauherr Otto, Robert (Zimmermeister)
Bauherr Orionette AG

Literatur:

  • Lampeitl u.a./ Architekt Punitzer, 1987

Teilobjekt Etagenfabrik

Teil-Nr. 09030775,T,002
Sachbegriff Etagenfabrik
Datierung 1898
Entwurf Lewy, Kurt (Maurermeister)
Entwurf Weile
Bauherr Handel, Alfred (Kaufmann)

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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