Denkmaldatenbank

Kirchhofsverwaltung des Kirchhofs Dorotheenstadt II, Notkirche und Grabstätten

Obj.-Dok.-Nr. 09030392,T
Bezirk Mitte
Ortsteil Gesundbrunnen
Adressen Liesenstraße 9
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Friedhofsverwaltung & Kirche & Grabmal

Die bis zur Grenzstraße reichende Berliner Feldmark wurde 1829 in die Stadt Berlin eingemeindet. An der Liesenstraße, am nördlichen Rand des Stadtgebiets, gründeten die Kirchengemeinden der Berliner Innenstadt nach 1835 vier Friedhöfe. Südlich der Liesenstraße liegen die Begräbnisplätze der katholischen Gemeinde St. Hedwig, der Französischen-reformierten Gemeinde und der Gemeinde des Berliner Doms. Gegenüber, an der Liesenstraße 9, erstreckt sich der Kirchhof Dorotheenstadt II, den die Dorotheenstädtische Gemeinde 1842 als zweiten Begräbnisplatz außer dem Friedhof an der Chausseestraße einrichten ließ. (1) Der nach einem geometrischen Raster angelegte Kirchhof reicht bis zur Garten- und Grenzstraße. Der vom Haupteingang an der Liesenstraße ausgehende Weg kreuzt sich mit der quer angeordneten Hauptachse.


(1) Henckel, Wilhelm: Geschichte der evangelischen Dorotheenstadt-Gemeinde und ihrer Kirche im ersten Vierteljahrtausend 1687-1937. Berlin 1937, S. 53-54; BusB X A (3), S. 83, 111-112; Szamatolski, Clemens-Guido und Mandelka, Maria: Friedhof II der Dorotheenstädtischen Gemeinde. Inventarisierung, Restaurierungs- und Gestaltungsvorschläge. Berlin 1987 [Gutachten, Exemplar im Landesdenkmalamt Berlin]; Etzold, Alfred und Türk, Wolfgang: Der Dorotheenstädtische Friedhof. Die Begräbnisstätten an der Berliner Chausseestraße. Berlin 1993, S. 187-210; Hammer 1994, S. 193-197; Dehio Berlin 2000, S. 483.

Literatur:

  • Topographie Mitte/Wedding, 2004 / Seite .

Teilobjekt Kirchhofsverwaltung

Teil-Nr. 09030392,T,001
Sachbegriff Friedhofsverwaltung
Datierung 1890-1891
Entwurf Koch, Friedrich (Baumeister)
Bauherr Gemeindekirchenrat der Dorotheenstädtischen Kirche

Der sparsam gegliederte eingeschossige Backsteinbau der Kirchhofsverwaltung, errichtet 1890-91 von Friedrich Koch, besitzt keine historisierende Dekorationen, sondern nur regelmäßig angeordnete Bogenfenster. Als Eingang ist ein kleiner Vorbau mit Satteldach ausgebildet.

Teilobjekt Notkirche

Teil-Nr. 09030392,T,002
Sachbegriff Kirche & Friedhofskapelle
Datierung 1951
Entwurf Bartning, Otto (Architekt)
Bauherr Evangelische Dankesgemeinde (Bauausführungen)
Ausführung Richter und Schädel

An der westlichen Ecke des Kirchhofs, an der Grenzstraße, erbaute die evangelische Dankesgemeinde, die ihre Großkirche auf dem Weddingplatz durch Bombenangriffe 1945 verloren hatte, 1951 eine bescheidene Notkirche (Abb. 20). (1) Das kleine Gebäude wurde nach dem 1946 eingeleiteten Bauprogramm des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen in Deutschland geschaffen. Um in den zerstörten deutschen Städten rasch Kirchenräume einzurichten, entwarf Otto Bartning schnell und kostengünstig herzustellende Fertigbauten. Bei der Notkirche der Dankesgemeinde handelt es sich um den 1949 entwickelten Bautyp der Diasporakapelle. Die Konstruktion besteht aus seriell vorgefertigten Holzbindern, die als Rahmengerüst auf dem Fundament aufsitzen und ein Satteldach tragen. Die Wände zwischen den Holzbindern sind mit verputzten Mauerwerk ausgefacht. An der Eingangsseite verwendete man isolierte, außen verbretterte Holzfaserplatten. Unter dem abgeschleppten Dach der östlichen Längsseite ist eine seitenschiffartige Vorhalle ausgebildet, an die sich ein rechteckiger, querorientierter Kirchensaal anschließt. Die flache Altarnische ordnete Bartning bei diesem Bautyp an der westlichen Längswand an. Die Raumwirkung wird von den sichtbar belassenen Ständern und Dachbindern bestimmt. Licht erhält der Kirchenraum nur durch die gestaffelten raumhohen Fenster der beiden Giebelseiten. Mit seinen verputzten und verbretterten Wandflächen wirkt der Außenbau einfach und bescheiden. Die Notkirche der Dankesgemeinde erinnert an die schwierigen Verhältnisse der Nachkriegszeit und den mühsamen Wiederaufbau. Am Bautyp lässt sich zugleich ein einschneidender Umbruch in der modernen Architektur ablesen. Mit Typisierung, Serienfertigung und Montagesystem führte Otto Bartning industrielle Verfahren ein, die bis heute das Bauwesen prägen. Die Dankesgemeinde zog 1972 in einen modernen Kirchenbau auf dem Weddingplatz. Die einstige Notkirche wird seither als Friedhofskapelle genutzt.


(1) BusB X A (3), S. 111; Bredow, Jürgen und Lerch, Helmut: Materialien zum Werk des Architekten Otto Bartning. Darmstadt 1983, S. 74-78, 124-130, 141; Schneider, Christoph: Das Notkirchenprogramm von Otto Bartning. [Mikrofiche-Ausgabe] Marburg 1997, S. 48-52, 278; BusB VI, S. 413.

Literatur:

  • Topographie Mitte/Wedding, 2004 / Seite 99
  • Architekten- und Ingenieurverein Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil X, Band A (3) / Seite 111
  • Bredow, Jürgen; Lerch, Helmut: Materialien zum Werk des Architekten Otto Bartning, Darmstadt 1983 / Seite 74-78, 124-130, 141
  • Schneider, Christoph: Das Notkirchenprogramm von Otto Bartning, Marburg 1997 (Mikrofiche-Ausgabe) / Seite 48-52, 278
  • Architekten- und Ingenieurverein Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VI / Seite 413

Teilobjekt Mausoleum der Familie Paul Busch

Teil-Nr. 09030392,T,003
Sachbegriff Grabmal & Mausoleum
Datierung 1898
Bauherr Busch, Paul (Zirkusdirektor)
Entwurf Paulick und Voss (Baugeschäft)

Am östlichen Ende der Hauptachse steht das 1898 von Paulick & Voss errichtete Mausoleum Paul Busch (Abb. 19). Das kleine kapellenartige Gebäude mit Zeltdach besitzt eine imposante neubarocke Eingangsseite. Das Portal, zu dem einige Stufen führen, wird von dorischen Säulen gerahmt, die über dem Gebälk einen Sprenggiebel tragen, geschmückt mit gekreuzten verlöschenden Fackeln. Der Giebelaufbau trägt einen steinernen Sarkophag. In der Gruft unter dem Mausoleum ruht der bekannte Berliner Zirkusdirektor Paul Busch mit seiner Familie. (1)

------------------------------------

(1) Paul Busch (1950-1927) ließ das Mausoleum für seine Ehefrau Barbara Sidonie Busch, geb. Grabe (1849-1898) errichten. Neben dem Zirkusdirektor wurde die Tochter Paula Busch (1884-1973) bestattet, die den Zirkus weiterführte, außerdem deren Tochter Paule Constance Busch (1913-1969) und die Artistin Minna Schulze (1883-1953).

Literatur:

  • Topographie Mitte/Wedding, 2004 / Seite 98

Teilobjekt Mausoleum der Familie Hertzog

Teil-Nr. 09030392,T,004
Sachbegriff Grabmal & Mausoleum
Datierung 1926
Bauherr Hertzog, Rudolph
Entwurf Stahl und Herzog (Architekt)

Das nahe gelegene Mausoleum Rudolph Hertzog, erbaut 1926-27 von Stahl & Herzog, ist niemals für Beisetzungen genutzt worden. (1) Über einem erhöhten Postament, der von einem Eisengitter eingefasst wird, erhebt sich ein kubisches Gebäude, das mit seinem strengen Fassadenaufbau und dem geschwungenen Dach auf die Reformarchitektur des frühen 20. Jahrhunderts verweist. Die Fronten sind mit Pilastern und einer aufgeputzten Quaderung versehen. An das ausladenden Gesims schließt sich eine zurückgesetzte Attika an, die zum geschweiften Dach überleitet. Über dem Eingang ist mit ein figürliches Relief mit zwei weiblichen Gestalten und dem verschlungenen Monogramm "RH" zu sehen.


(1) Der Grund für die fehlende Belegung lässt sich nicht erschließen. Der Auftraggeber des Mausoleums, Rudolph Hertzog, ist nicht identisch mit dem Kaufhausbesitzer Rudolph Hertzog (1815-1894), der mit seinem gleichnamigen Sohn und Nachfolger (1852-1894) in einem Erbbegräbnis beigesetzt ist. Die Grabstätte liegt an dem Querweg, der zum Wirtschaftsgebäude des Kirchhofs führt.

Teilobjekt Erbbegräbnis der Familie Lücke

Teil-Nr. 09030392,T,005
Sachbegriff Wandgrabmal
Datierung 1858
Entwurf Willgohs, Gustav Adolf Friedrich

Die reich ausgestatteten Wandgrabstätten und Mausoleen zeigen, dass auf dem Friedhof wohlhabende Bürger der Stadt Berlin bestattet sind. Das 1858 eingerichtete Erbbegräbnis der Familie Lücke ist ein herausragendes Beispiel klassizistischer Grabmalskunst. (1) Das große Wandgrab in Form eines Torbogens steht an der westlichen Friedhofsmauer. In die Rückwand ist ein 1859 von Gustav Adolf Friedrich Willgohs geschaffenes spätklassizistisches Bronzerelief eingelassen. Thanatos, der Todesgenius, führt eine Frau ins Reich der Toten, während Mann und Kind trauernd zurückbleiben. (2) Der Bogen ist von Terrakottasteinen eingefasst. Auch die feingliedrigen Akroterien der seitlichen Wandpfeiler bestehen aus diesem Material.


(1) Einholz, Sibylle: Was der Nachwelt bleibt - Einblick in die Berliner Sepulkralplastik. in: Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786-1914. Hrsg. v. Peter Bloch, Sibylle Einholz und Jutta v. Simson. Bd. 1. Berlin 1990, S. 264.

(2) Im Bogenfeld liest man: "LÜKKES ERBBEGRÄBNIS. Errichtet im Jahre 1858". Als erstes Mitglied der Familie wurde die jung verstorbene Ehefrau Pauline Caroline Clara Lücke, geb. Atzpodien (1831-1858) bestattet, auf die sich das Relief bezieht. Neben dem Ehemann Julius Hermann Louis Lücke (1826-1890), dem Auftraggeber des Wandgrabs, wurden noch sieben weitere Familienmitglieder beigesetzt.

Teilobjekt Grabstele für Emilie Loeffler

Teil-Nr. 09030392,T,006
Sachbegriff Grabmal & Stele
Datierung 1902
Entwurf Klimsch, Fritz (Bildhauer)

Eine Stele aus Marmor bezeichnet die Grabstätte der Emilie Loeffler (Abb. 18). Fritz Klimsch schuf das Grabmal, das als Hauptwerk der Berliner Grabplastik der Jahrhundertwende gilt, 1902 nach dem Vorbild attischer Grabstelen. (1) Das Relief, das den spätklassischen Stil des 4. Jahrhunderts v. Chr. zitiert, zeigt einen Jüngling, der sich, gestützt auf sein Schwert, von einer sitzenden Frau verabschiedet. Die anrührende Darstellung wirkt zeitlos.


(1) Das Grabrelief gehört zu den bedeutenden Werken von Fritz Klimsch und zu den künstlerisch herausragenden Beispielen der Berliner Bildhauerkunst um 1900, siehe Vollmer, Hans: Fritz Klimsch. in: Thieme/Becker. Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Hrsg. v. Hans Vollmer. Bd. 22. Leipzig 1927, S. 502-503; Das klassische Berlin. Die Berliner Bildhauerschule im 19. Jahrhundert. Hrsg. v. Peter Bloch und Waldemar Grzimek. Frankfurt am Main-Berlin-Wien 1978, Sp. 249-250, 333; Bloch, Peter: Die Berliner Bildhauerei des 19. Jahrhunderts und die Antike. in: Berlin und die Antike. Ausstellungskatalog. Berlin 1978, Bd. 2, S. 429; Einholz, Sibylle: Was der Nachwelt bleibt - Einblick in die Berliner Sepulkralplastik. in: Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786-1914. Hrsg. v. Peter Bloch, Sibylle Einholz und Jutta v. Simson. Bd. 1. Berlin 1990, S. 264; Einholz, Sibylle: Grabdenkmal für Emilie Loeffler. in: Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786-1914. Hrsg. v. Peter Bloch, Sibylle Einholz und Jutta v. Simson. Bd. 2. Berlin 1990, S. 150-151.

Literatur:

  • Thieme-Becker, Bd. 20 / Seite 502-503 (Fritz Klimsch)
  • Bloch, Grzimek: Das Klassische Berlin, 1978 / Seite Sp. 249-250, 333
  • Bloch, Peter: Die Berliner Bildhauerei des 19. Jahrhunderts und die Antike, in: Berlin und die Antike, 1979 / Seite Bd. 2, S. 429
  • Einholz, Sibylle: Was der Nachwelt bleibt - Einblick in die Berliner Sepulkralplastik, in: Ethos und Pathos I, 1990 / Seite 264
  • Einholz, Sibylle: Grabdenkmal für Emilie Loeffler, in: Ethos und Pathos II, 1990 / Seite 150-151
  • Topographie Mitte/Wedding, 2004 / Seite 97

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

Verkehrsanbindungen