Denkmaldatenbank

Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhaus (später Rudolf-Virchow-Kinderkrankenhaus, Geriatrisches Heim)

Obj.-Dok.-Nr. 09030316,T
Bezirk Mitte
Ortsteil Wedding
Adressen Reinickendorfer Straße 61, 62

Groninger Straße & Iranische Straße & Oudenarder Straße & Seestraße
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Krankenhaus
Entwurf 1883
Bauherr Kaiser-Friedrich-Stiftung
Bauherr Magistrat Berlin

Das Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhaus, gelegen auf einem Baublock westlich der Reinickendorfer Straße, wurde 1890 eröffnet. (1) Die renommierten Ärzte Rudolf Virchow und Adolf Baginsky gründeten die Einrichtung, um die erschreckend hohe Kindersterblichkeit in der Großstadt Berlin zu verringern und die Ausbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern. Das Grundstück an Reinickendorfer Straße 61-62, Iranischer Straße, Seestraße, Groninger Straße und Oudenarder Straße wurde von der Stadt Berlin zur Verfügung gestellt, die auch einen hohen Geldbetrag, bestimmt für die Kaiser-Friedrich-Stiftung, übereignete. Kaiserin Friedrich (eigentlich Victoria), die Witwe des 1888 verstorbenen Kaisers, übernahm das Protektorat. Die Krankenversorgungseinrichtung wurde 1901 in städtische Verwaltung übernommen, 1945 umbenannt, 1963 mit dem Rudolf-Virchow-Krankenhaus vereinigt, aber 1995 geschlossen. Heute beherbergen die Gebäude das Evangelische Geriatriezentrum. Das Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhaus hat einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Kindersterblichkeit geleistet.

Mit dem Ausbau der Einrichtung, der über zwei Jahrzehnte dauerte, war die Architektensozietät Heino Schmieden, Victor v. Weltzien und Rudolf Speer betraut, die sich auf den Krankenhausbau spezialisiert hatte. (2) Die Bauten sind einheitlich mit dunkelroten Backsteinen verkleidet. Um eine Übertragung der ansteckenden Krankheiten zu vermeiden, wurde das von Rudolf Virchow entwickelte Pavillonsystem gewählt. Im begrünten Innenhof stehen Diphterie- und Scharlach-Pavillon, die als geschlossene Isolierstationen 1888-90 errichtet wurden. Die schmucklosen Bauten, die allein durch Ziegellagen aus blauroten Glasursteinen gegliedert werden, zeichnen sich durch eine funktionale Bauweise aus. An den zweistöckigen Kopfbau mit ärztlichen Behandlungsräumen schließt sich ein eingeschossiger Krankentrakt mit Krankenzimmern an. Der Mittelflur führt zu einer offenen Liegehalle. Das langgestreckte, aus mehreren Bauten bestehende Hauptgebäude an der Iranischen Straße begrenzt den Innenhof. (3) In der Mitte ist ein dreigeschossiges Verwaltungsgebäude angeordnet, seitlich folgen zweigeschossige Behandlungstrakte, die von dreistöckigen Kopfbauten eingefasst werden. Niedrige Zwischentrakte, einst genutzt als Turnhalle und Operationssaal, verbinden die Gebäude. Die Seitengebäude wurden 1890-91 errichtet. Darauf deutet die schlichte Gestaltung mit regelmäßig aufgereihten Segmentbogenfenstern und schmückenden Ziegellagen aus blauroten Glasursteinen. In die Baugruppe wurde 1909-11 vo Heino Schmieden und Julius Boethke das Verwaltungsgebäude eingefügt, das mit seinen gliedernden Lisenen, dem steilen Walmdach und dem Segmentbogengiebel streng und repräsentativ wirkt. Mächtige Wandvorlagen fassen an der Hofseite die Mittelachse ein, enden dann aber abrupt unter einem Balkon. Beim Ausbau zum Geriatriezentrum 1995-2000 hat man die Zwischentrakte erweitert und aufgestockt. Diese Ergänzungen heben sich durch ihre verputzten Wandflächen ab.

Die beiden Pavillons zur Behandlung von Infektionskrankheiten, die kammartig an der Groninger Straße angeordnet sind, wurden 1911-12 errichtet. Dass sich die Architekten vom strengen norddeutschen Barock leiten ließen, sieht man am Mansarddach, an den gliedernden Gesimsen und Einfassungen aus Sandstein und an den hervortretenden Treppenhausachsen, die mit ihrem Dreiecksgiebel einen betonten Mittelrisalit ausbilden. 1913 erhielt das Krankenhaus ein eigenes Kraftwerk, das aus zwei symmetrisch angelegten Gebäuden besteht, die sich mit dem in der Mitte angeordneten Schornstein an die rückseitige Brandwand der Mietshäuser Oudenarder Straße 7-8 anlehnen. Es besteht aus Kesselhaus und Werkstattgebäude, die mit Dreiecksgiebel, abgestuften Schieferdächern und kleinteiligen Sprossenfenstern abwechslungsreich gestaltet sind. An beiden Gebäuden sind Reliefs angebracht, die einen Löwen auf einer Säulengruppe zeigen und "Geist" und "Kraft" symbolisieren.

Magistratsbaurat Friedrich Hellwig errichtete 1928-30 das Schwesternwohnheim, das sich an ein Mietshaus in der Groninger Straße anschließt und mit einer abgerundeten Straßenfront von der Seestraße zur Iranischen Straße überleitet. Mit seinen verputzten und altrosa angestrichenen Fassaden unterscheidet sich das Wohnheim von den älteren Backsteinbauten des Krankenhauses. Die schlichte, schmucklose Gestaltung und die einfachen rechteckigen Fenster sind kennzeichnend für die Architektur der Neuen Sachlichkeit. Das Krankenhaus wurde 1974-78 um eine Kinderklinik erweitert. Das markante Hochhaus geht auf einen Entwurf von Od Arnold und Gerd Zabre zurück. Heute wird auf dem Krankenhausgelände ein Geriatriezentrum betrieben. Architekt Dieter Schnittger leitete den Umbau der historischen Gebäude, der 1995-2000 ausgeführt wurde.


(1) Baginsky, Adolf: Über das neue Kinderspital im Norden. in: Correspondenzblatt der Ärztekammer und der Ärztevereine der Provinz Brandenburg und des Stadtkreises Berlin 3 (1890), S. 106-108; BusB 1896, Bd. 2, S. 447-451; Die Milchküche im Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhaus in Berlin. in: Zentralblatt der Bauverwaltung 35 (1915), S. 653-655; Boethke, Julius: Das neuzeitliche Krankenhaus im Dienst des "Werkbaues". in: Deutsche Bauzeitung 51 (1917), S. 346-347 [zu Kesselhaus und Werkstätten]; Gottwald 1924, S. 119-121; Gildemeister, H.-W. und Werner, E.: 75 Jahre Kinderkrankenhaus Wedding. in: Berliner Medizin 16 (1965), Heft 19, S. 733-738; Stürzbecher 1984, S. 306; BusB VII A, S. 193-194; Krankenhäuser in Berlin 1989, S. 32.

(2) Die Architektensozietät nannte sich 1866 bis 1880 Gropius & Schmieden, von 1880 bis zum Ausscheiden von Viktor v. Weltzien firmierte sie unter Schmieden, v. Weltzien & Speer. Von 1899 bis 1913 nannte sich die Sozietät Schmieden & Boethke. In diesen Jahren war Julius Boethke der hauptverantwortliche Architekt.

(3) Der Straßenraum der Iranischen Straße (ehemals Exerzierstraße) ist heute begrünt und mit Bäumen bewachsen. Nur ein Fußweg setzt die Straßenachse fort. Damit ist die eigentliche Hauptseite des Hauptgebäudes, die zur Straße weist, nur noch begrenzt erlebbar.

Literatur:

  • BusB II/III 1896 / Seite 447-451
  • Gildemeister/ Werner, 75 Jahre Kinderkrankenhaus Wedding in
    Berliner Medizin 16 (1965) 19 / Seite 733-738
  • Geschichtslandschaft, Wedding, 1990 / Seite XI-XXIV
  • Topographie Mitte/Wedding, 2004 / Seite 171f.

Teilobjekt Chirurgischer Pavillon

Teil-Nr. 09030316,T,001
Sachbegriff Krankenhausgebäude
Datierung 1890-1891
Umbau 1912-1914, 1949-1950
Entwurf & Ausführung Schmieden und Speer (Architektengemeinschaft)

Teilobjekt Pavillon II für Scharlachkranke

Teil-Nr. 09030316,T,002
Sachbegriff Krankenhausgebäude
Datierung 1889-1890
Entwurf & Ausführung Schmieden und Speer (Architektengemeinschaft)

Teilobjekt Pavillon für Diphteriekranke

Teil-Nr. 09030316,T,003
Sachbegriff Krankenhausgebäude
Datierung 1888-1890
Umbau 1956
Ausführung Lang, Gustav (Architekt)
Entwurf & Ausführung Schmieden und Speer (Architektengemeinschaft)

Teilobjekt Medizinischer Pavillion

Teil-Nr. 09030316,T,004
Sachbegriff Krankenhausgebäude & Verwaltungsgebäude
Datierung 1909-1910
Umbau 1958
Ausführung Assmann (Baugeschäft)
Entwurf Schmieden und Boethke (Architektengemeinschaft)
Ausführung Wittling und Güldner (Baugeschäft)

Teilobjekt Wirtschaftsgebäude & Kesselhaus

Teil-Nr. 09030316,T,005
Sachbegriff Wirtschaftsgebäude & Kesselhaus
Datierung 1911-1912
Umbau 1912, 1964
Entwurf Schmieden und Boethke (Architektengemeinschaft)

Teilobjekt Pavillon für Infektionskrankheiten

Teil-Nr. 09030316,T,006
Sachbegriff Pavillon
Datierung 1911-1912
Umbau 1927, 1972
Ausführung Raebel, Hermann (Baugeschäft)
Entwurf Schmieden und Boethke (Architektengemeinschaft)
Adressen Groninger Straße 39

Teilobjekt Schwesternwohnheim Seestraße

Teil-Nr. 09030316,T,007
Sachbegriff Schwesternwohnheim
Datierung 1928-1930
Ausführung Steenbach (Maurermeister)
Bauherr Bezirksamt Wedding, Amt für Hochbau
Adressen Seestraße

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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