Denkmaldatenbank

Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde

Obj.-Dok.-Nr. 09030297
Bezirk Mitte
Ortsteil Gesundbrunnen
Adressen Iranische Straße 2
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Krankenhaus & Verwaltungsgebäude
Entwurf 1906
Datierung 1910-1914
Entwurf Reimer und Körte (Architektensozietät)
Bauherr Jüdische Gemeinde

Das 1910-14 erbaute Jüdische Krankenhaus an der Iranischen Straße 2 ersetzte das alte Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde Berlins in der Spandauer Vorstadt, das seit 1861 bestand, aber den Anforderungen an eine moderne Krankenversorgung nicht mehr genügte. (1) Den 1906 ausgeschriebenen Wettbewerb gewannen die Architekten Reimer & Körte, die sich gegen die damals übliche Pavillonbauweise entschieden und stattdessen ein einziges Hauptkrankengebäude für die stationäre Behandlung vorsahen. Die Abkehr vom Pavillonsystem war richtungsweisend für den Krankenhausbau vor dem Ersten Weltkrieg. Die Baugruppe wird mit einem Verwaltungsgebäude an der Iranischen Straße eröffnet, das aus einem dreigeschossigen Mitteltrakt mit Walmdach mit niedrigen Seitengebäuden besteht. (2) Die schlichte, aber würdevolle Architektur der durch Lisenen vertikal gegliederten Putzfassade geht auf barocke Vorbilder des ausgehenden 18. Jahrhunderts zurück. Der Mittelrisalit ist vollständig mit Sandstein verkleidet und durch einen Dreiecksgiebel hervorgehoben. Der Davidstern in den Brüstungsfeldern verweist auf die Bestimmung des Krankenhauses. In der Poliklinik im Erdgeschoss des Verwaltungsgebäudes wurden mittellose Kranke ohne Ansehen der Konfession behandelt. In den oberen Geschossen befanden sich Verwaltungsräume und Wohnungen für Ärzte, außerdem war ein Betsaal eingerichtet. Das Hauptkrankengebäude, das heute erheblich verändert ist, setzt sich aus dem Mittelflügel und zwei Seitentrakten zusammen, die im Grundriss ein H bilden. Die Krankensäle sind so angelegt, dass sie von zwei oder drei Seiten Tageslicht erhalten. Offene Loggien und Liegehallen, die heute zugesetzt sind, förderten die Genesung der Kranken. Wirtschaftsgebäude, Infektionspavillon, Gynäkologische Abteilung und Schwesternheim wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört oder in der Nachkriegszeit verändert. Bei der Umgestaltung, die von 1968 bis 1983 dauerte, wurden alle Gebäude, abgesehen vom Verwaltungstrakt, mit grauen Keramikplatten verblendet. (3)

Das Jüdische Krankenhaus diente während der Zeit des Nationalsozialismus als Sammelstätte für den Abtransport der jüdischen Bevölkerung in die Vernichtungslager. (4) Nach der Deportation beherbergte das Krankenhaus die letzten verbliebenen Einrichtungen jüdischen Lebens, darunter die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland. Etwa 800 Juden überlebten im Krankenhaus das nationalsozialistische Regime.


(1) [Wettbewerb für den Neubau eines Krankenhauses der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Architekten: Reimer & Körte in Berlin] in: Berliner Architekturwelt 9 (1907), S. 448-452; Das Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde in Berlin. in: Zentralblatt der Bauverwaltung 35 (1915), S. 114, 134-135, 146-148; Gottwald 1924, S. 121-125; Philipsborn, Alexander: The Jewish Hospitals in Germany. in: Yearbook of the Leo Beack Institute 5 (1959), S. 220-234; Stürzbecher 1984, S. 308-309; Dettmer 1988, S. 55-56; Zerstörte Fortschritte. Das Jüdische Krankenhaus in Berlin 1756 - 1861 - 1914 - 1989. Hrsg. v. Dagmar Hartung-von Doetinchem und Rolf Winau. Berlin 1989; Lefévre, Andrea: Das Jüdische Krankenhaus in der Iranischen Straße 2. in: Geschichtslandschaft Berlin, S. 300-318; BusB VII A, S. 58-60, 204; Krankenhäuser in Berlin 1989, S. 43, 224-227.

(2) Die Seitengebäude trugen ursprünglich ein Mansarddach. Nach 1945 wurde der untere Abschnitt des Mansarddachs in ein Vollgeschoss umgebaut, während der obere Abschnitt durch ein Satteldach ersetzt wurde.

(3) Die Umbauten wurden von Günter Saleh Dybe, Dietrich Garski und Otto Herrenkind geleitet. Die Architekten ersetzten den Behandlungstrakt, der sich an den Mittelflügel des Hauptkrankengebäudes anschließt, 1973-77 durch einen Neubau. 1979-80 hat man das Pförtnergebäude an der Schulstraße (heute Heinz-Galinski-Straße) errichtet, 1981-83 folgte das neue Pathologiegebäude. Das Verwaltungsgebäude wurde 1980-84 restauriert. Heute dient es nicht mehr als Haupteingang. Das Jüdische Krankenhaus, das heute von einer Stiftung betrieben wird, kann man nur noch über die Heinz-Galinski-Straße betreten. Zur Nachkriegsgeschichte bis 1965 siehe Münch, Ragnhild: Das Jüdische Krankenhaus in Berlin 1945 - 1965. Berlin 1997.

(4) Zerstörte Fortschritte. Das Jüdische Krankenhaus in Berlin 1756 - 1861 - 1914 - 1989. Hrsg. v. Dagmar Hartung-von Doetinchem und Rolf Winau. Berlin 1989; Elkin, Rivka: Das Jüdische Krankenhaus in Berlin zwischen 1938 und 1945. Berlin 1993.

Literatur:

  • Zentralblatt der Bauverwaltung 35 (1915) 19 / Seite 114-117
  • Zentralblatt der Bauverwaltung 35 (1915) 21 / Seite 134f
  • Zentralblatt der Bauverwaltung 35 (1915) 23 / Seite 146-148
  • Hirschfeld, Etty: Die Altersheime und das Hospital der jüdischen Gemeinde, Berlin 1935 / Seite .
  • Wegweiser durch das jüdische Berlin, 1988 / Seite .
  • Zerstörte Fortschritte. Das Jüdische Krankenhaus in Berlin (=Deutsche Vergangenheit, Bd. 35), Berlin 1989 / Seite .
  • Lefèvre, Andrea: Das Jüdische Krankenhaus in Geschichtslandschaft, Wedding, 1990 / Seite 300-318
  • Topographie Mitte/Wedding, 2004 / Seite 173

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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