Denkmaldatenbank

Lazarus-Krankenhaus

Obj.-Dok.-Nr. 09030286,T
Bezirk Mitte
Ortsteil Gesundbrunnen
Adressen Bernauer Straße 115, 116
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Krankenhaus & Heim & Kindertagesstätte
Datierung 1865-1912
Umbau nach 1924, nach 1958
Entwurf Schwanitz, Ernst (Architekt)
Entwurf & Ausführung Koeppen, Carl (Maurermeister)
Bauherr Lazarus Krankenhaus und Diakonissenhaus-Kuratorium

Die 1770 angelegte Gartenstraße und die im späten 18. Jahrhundert von der Invalidenstraße nach Nordosten verlängerte Ackerstraße sind die ältesten Straßen der Rosenthaler Vorstadt. Die vorstädtischen Wohnhäuser und Gärten mussten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fünfgeschossigen Mietshäusern mit Seiten- und Quergebäuden weichen. In den engen Hinterhöfen arbeiteten Gewerbebetriebe. Mit der radikalen Stadtsanierung der 1970er Jahre wurde die alten Mietshäuser, darunter Meyer´s Hof, restlos beseitigt. Erhalten blieb das Lazarus-Kranken- und Diakonissenhaus an der Bernauer Straße 115-116, gegenüber dem Kirchhof der Sophiengemeinde, das tief in die Blockinnenfläche zwischen Acker- und Gartenstraße hineinreicht. Die rückwärtigen Gebäude grenzten einst an Meyer´s Hof, das größte Mietshaus des gründerzeitlichen Berlin. Im einstigen Arbeiterviertel ist das Lazarus-Krankenhaus ein Beispiel christlicher Armenfürsorge. (1) Der Pfarrer von St. Elisabeth, Wilhelm Boegehold, gründete die Krankenversorgungsanstalt 1865, um die drückende Not der von Krankheiten heimgesuchten Bevölkerung der Rosenthaler Vorstadt zu lindern. Das erste Krankenhaus des nördlichen Berlin wurde mit privaten Mitteln, Spenden und Zuwendungen des Fabrikanten Louis Schwartzkopff betrieben, lange bevor es eine staatliche und kommunale Krankenversorgung gab. Die Krankenpflege lang in den Händen von evangelischen Diakonissen, für die man ein eigenes Diakonissen-Mutterhaus einrichtete. Am Lazarus-Krankenhaus wurde 1871 einer der ersten Kindergärten Berlins gegründet. Die Kleinkinderschule nahm heranwachsende Kinder auf, wenn beide Eltern für den Lebensunterhalt arbeiten mussten und tagsüber nicht für die Familie sorgen konnten. Im begrünten Ehrenhof vor dem Haupteingang erinnert eine Büste an Wilhelm Boegehold.

Das von der Bernauer Straße zurückgesetzte Hauptgebäude wurde 1867-70 von Carl Schwanitz errichtet. Die Mittelachse des schlichten klassizistischen Baus ist mit einem Balkon und einem flach geneigten Dreiecksgiebel betont. Bei der Aufstockung und Erweiterung des Hauptgebäudes, ausgeführt 1912-14 von Carl Koeppen, wurde die klassizistische Gestaltung beibehalten. An die Schmalseite des Hauptgebäudes lehnt sich die 1865 eingeweihte Lazaruskapelle an. Carl Schwanitz wiederholte mit dem kleinen klassizistischen Kirchenbau die einfache Bauweise der Vorstadtkirchen von Karl Friedrich Schinkel. Die schlichte Kapelle unter einem Satteldach wird allein durch ein offenes Glockentürmchen über dem südlichen Giebel geschmückt. Die Rundbogenfenster erinnern an die Nazarethkirche im Wedding. Der 1879 umgestaltete und mit einer Apsis versehene Betsaal schließt mit einer flachen Kassettendecke. Dicht vor dem Giebel der Kapelle wurde 1874 das Schul- und Beamtenhaus errichtet, das man später als Pfarrhaus nutzte. Die heutige Gestalt mit verputzten Fassaden unter einem Mansarddach geht auf einen 1905 ausgeführten Umbau zurück. Eine schmale Vorhalle zwischen Pfarrhaus und Kapelle markiert den Eingang zum Betsaal. In die Wand ist ein Relief mit der Auferweckung des Lazarus eingelassen. (2) An die Rückseite der Kapelle schließt sich das 1893 erbaute Schwesternhaus an, das sich durch seine äußere Gestaltung von den übrigen Gebäuden abhebt. Das Wohnhaus der Diakonissen ähnelt mit seiner gelben Backsteinverkleidung den spätklassizistischen Bauten des Berliner Stadtbaurats Hermann Blankenstein. Das gegenüberliegende Backsteingebäude, die 1899 errichtete Kleinkinderschule, erhielt eine gotisierende Gestaltung, die sich an den spitzbogigen Fenstern und Wandfeldern ablesen lässt. Die Kleinkinderschule, die 1958 aufgestockt wurde, ist das älteste erhaltene Kindergartengebäude in Berlin.

Das Lazarus-Krankenhaus wurde 1912-14 nach Plänen von Carl Koeppen erweitert und an die gestiegenen Anforderungen des Gesundheitswesen angepasst. Mit dem Operationstrakt und dem vorgelagerten Ärztehaus, verbunden durch eine zweigeschossigen Übergang, bildete Koeppen einen Ehrenhof vor dem Hauptgebäude aus, der allerdings mit einer Mauer von der Bernauer Straße abgetrennt ist. An die rückwärtige Front des Krankenhauses wurde ein dreigeschossiger Trakt mit vorgelagerter Loggia angefügt, die sich zum begrünten Gartenhof öffnet. Hinter dem Krankenhaus bietet eine ruhige Grünanlage Licht, Luft und Erholung.Fritz August Breuhaus de Groot errichtete 1924-25 das Schwesternheim, das aus zwei rechtwinklig angeordneten Flügeln besteht, die durch einen halbrund geschwungenen Mittelbau verbunden sind. (3) Das im sachlichen Stil der 1920er Jahre gestaltete Gebäude lässt die Landhausarchitektur der beginnenden Moderne anklingen. Durch die überdachte Terrasse betritt man das ovale Treppenhaus, in dem ein elegant geschwungener Aufgang zu den Wohn- und Gemeinschaftsräumen führt. Otto Rüger fügte 1927 den Jugendsaal und das Feierabendhaus der älteren Diakonissen an. Die Bauten wurden 1958-59 von Max Schluckebier umgestaltet und vereinfacht. Als eine herausragende Leistung der Nachkriegszeit muss der über den Saal gesetzte Verbindungsbau mit seiner vollständig verglasten Fensterfront betrachtet werden.

Nach Plänen der Architekten v. Gerkan, Marg und Partner und Thomas Baumann wurde an der Bernauer Straße, Ecke Bergstraße 1986-90 ein neues Krankenheim erbaut. (4) Das blockhafte fünfgeschossige Gebäude schließt sich an den Altbau des Lazarus-Krankenhauses an.


(1) Lütkemann 1926, S. 90-91; Lazarus, unser Freund. Bilder aus der Geschichte des Lazarus-Kranken- und Diakonissenhauses zu Berlin. Hrsg. von Vorsteher Pfarrer Schulz. Berlin 1929, erweiterte Auflage Berlin 1930; Aus der Geschichte des Lazarus-Kranken- und Diakonissenhauses zu Berlin. 1865-1955. Hrsg. von Martha Brandt. Berlin 1955; Vergiß nicht, was Er dir Gutes getan hat. 100 Jahre Lazarus-Kranken- und Diakonissenhaus 1865-1965. Berlin 1965; Schwarz 1981, Bd. 2, S. 152; Stürzbecher 1984, S. 307; Schwarz 1984, Bd. 3, S. 85; Soziales Elend und christliche Mildtätigkeit. Meyer´s Hof, Lazaruskrankenhaus, Schrippenkirche und Versöhnungs-Privatstraße. in: Jetzt geht´s rund ... durch den Wedding. Hrsg. von der Ev. Versöhnungsgemeinde und von der Weddinger Geschichtswerkstatt. Berlin 1984, S. 108-110; Schimmler 1985, S. 83-84; Dettmer 1988, S. 55; Silbereisen, Gabriele: Das Lazarus-Kranken- und Diakonissenhaus. in: Geschichtslandschaft 1990, S. 79-95; BusB VII A, S. 192; Krankenhäuser in Berlin 1989, S. 19, 344-347.

(2) Das Relief ist ein Gipsabguss eines spätklassizistischen Reliefs.

(3) Wilhelm-Kästner, Kurt: Zu den Arbeiten der Architekten B. D. A. Fritz August Breuhaus und Regierungsbaurat a. D. Roßkotten, Düsseldorf. in: Moderne Bauformen 25 (1926), S. 1-3, 9-12, Tafel 3; Schwesternheim der Lazarus-Krankenhauses, Berlin. in: Bauamt und Gemeindebau 11 (1929), S. 363; Schwesternheim der Lazarus-Krankenhauses, Berlin. in: Deutsche Bauhütte 33 (1929), S. 427.

(4) BusB VII A, S, 121-122, 192.

Literatur:

  • Silbereisen, Gabriele/ Das Lazarus-Kranken- und Diakonissenhausin
    Geschichtslandschaft, Wedding, 1990 / Seite 79-95 (dort weitere Lit.)
  • Topographie Mitte/Wedding, 2004 / Seite 91

Teilobjekt Kapelle

Teil-Nr. 09030286,T,001
Sachbegriff Kapelle
Datierung 1865-1866
Umbau 1879
Entwurf Schwanitz, Carl (Architekt)
Bauherr Boegehold, Wilhelm (Pfarrer)

Teilobjekt Hauptgebäude

Teil-Nr. 09030286,T,002
Sachbegriff Krankenhaus
Datierung 1866-1870
Umbau 1912-1914
Entwurf Schwanitz, Carl (Architekt)
Entwurf Koeppen, Carl (Maurermeister)
Ausführung Koeppen, Carl (Maurermeister)
Bauherr Boegehold, Wilhelm (Pfarrer)

Teilobjekt Schwesternhaus & Feierabendhaus & Jugendhaussaal

Teil-Nr. 09030286,T,003
Sachbegriff Heim
Datierung 1924-1925
Umbau 1927, nach 1958
Entwurf Breuhaus de Groot, Fritz August (Architekt)
Entwurf Rosskotten, Heinrich (Architekt)
Entwurf Rüger, Otto (Architekt)
Entwurf Schluckebier, Max
Bauherr Lazarus Krankenhaus und Diakonissenhaus-Kuratorium

Teilobjekt Pfarrhaus

Teil-Nr. 09030286,T,004
Sachbegriff Pfarrhaus
Datierung 1874
Umbau 1905
Entwurf & Ausführung Koeppen, Carl (Maurermeister)
Bauherr Lazarus Krankenhaus und Diakonissenhaus-Kuratorium

Teilobjekt Ärztehaus

Teil-Nr. 09030286,T,005
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1912
Umbau 1947
Entwurf & Ausführung Koeppen, Carl (Maurermeister)
Bauherr Lazarus Krankenhaus und Diakonissenhaus-Kuratorium

Teilobjekt Schwesternhaus

Teil-Nr. 09030286,T,006
Sachbegriff Schwesternheim
Datierung 1893
Entwurf & Ausführung Koeppen, Carl (Maurermeister)
Bauherr Lazarus Krankenhaus und Diakonissenhaus-Kuratorium

Teilobjekt Isolierhaus

Teil-Nr. 09030286,T,007
Sachbegriff Krankenhaus
Datierung 1896
Umbau 1956
Entwurf & Ausführung Koeppen, Carl (Maurermeister)
Entwurf Schluckebier, Max (Architekt)
Bauherr Lazarus Krankenhaus und Diakonissenhaus-Kuratorium

Teilobjekt Kinderspielschule

Teil-Nr. 09030286,T,008
Sachbegriff Kindertagesstätte & Kapelle
Datierung 1896-1899
Umbau 1958
Entwurf & Ausführung Koeppen, Carl (Maurermeister)
Bauherr Lazarus Krankenhaus und Diakonissenhaus-Kuratorium

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Landesdenkmalamt Berlin
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