Denkmaldatenbank

Dorfkirche Marienfelde

Obj.-Dok.-Nr. 09030119
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Marienfelde
Adressen Alt-Marienfelde
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Dorfkirche
Datierung 1229
Umbau 1921
Entwurf

Die Dorfkirche Marienfelde, Alt-Marienfelde, gilt als die älteste Dorfkirche im Stadtgebiet von Berlin. (1) Reste von hölzernen Pfosten, die bei Ausgrabungen 1993/94 entdeckt wurden, deuten an, dass es an dieser Stelle im frühen 13. Jahrhundert eine kleine Holzkirche gab. Das steinerne Bauwerk, das wir heute sehen, wurde um 1229 errichtet. Die Datierung ließ sich durch eine dendrochronologische Untersuchung der bei einer späteren Dachsanierung verbauten Holzbalken des ursprünglichen Dachwerks ermitteln. (2) Wie bei den Kirchen in Berlin-Mariendorf und Waltersdorf bei Königs Wusterhausen handelt es sich um eine "vollständige Anlage". Die Dorfkirche besteht aus einem rechteckigen Saal, dem ein Westturm in der Breite des Kirchenschiffs vorgelagert ist, einem eingezogenen, nahezu quadratischen Chor und einer halbrunden Apsis. Das Mauerwerk besteht aus behauenen Feldsteinen. Besonders sorgfältig sind die Eckverbände gefügt. Die romanische doppelte Fugenritzung zwischen den Feldsteinen war noch bis 1904 vorhanden. An den Langhausseiten gab es im oberen Wandabschnitt je drei Rundbogenfenster mit Feldsteingewände, die sich teilweise noch heute abzeichnen, aber später durch größere Öffnungen ersetzt worden sind. Das Südportal wurde gegen 1850 vermauert, das Nordportal 1913 geschlossen. Langhaus, Chor und Apsis besaßen ursprünglich die gleiche Traufhöhe. Als das alte Tonnengewölbe des Chorraums durch eine Holzbalkendecke ersetzt wurde, mussten die Außenwände erhöht werden. Dem Westportal wurde 1921 eine offene Vorhalle vorgesetzt. Der Westturm besitzt ein Glockengeschoss mit korbbogigen Schallöffnungen und ein quer gestelltes Satteldach, (3) das dem Bau sein charakteristisches Aussehen gibt. Die Wetterfahne, die 1595 von dem in Marienfelde ansässigen Windmüller Joachim Peetzke gestiftet wurde, zeigt die Initialen des Stifters, einen Drachenkopf, eine Windmühle sowie die Jahreszahl 1595. An den Chor schließen sich mittelalterliche Anbauten an. Die Sakristei an der Südseite stammt aus dem 14. Jahrhundert. Der gotische Giebel wird durch drei gestaffelte Spitzbogenblenden gegliedert, deren Kanten mit Backstein eingefasst sind. Die Sakristei besitzt ein Kreuzgratgewölbe mit tief ansetzenden Bandrippen. Der im 15. oder 16. Jahrhundert erbaute nördliche Choranbau wurde 1835-37 mit einem abgeschleppten Dach versehen, unter dem sich die Patronatsloge befand. Von dort konnten die Inhaber der Gutsherrschaft dem Gottesdienst zuhören. Das Schleppdach wurde 1954 beseitigt.

Der Innenraum der Dorfkirche erhielt seine heutige Gestalt durch einen Umbau, den der Architekt Bruno Möhring, der in Marienfelde lebte, 1921 ausführen ließ. Im Chor und im Langhaus wurden die Holzbalkendecken durch hölzerne Tonnengewölbe ersetzt. Die Seitenemporen entfielen. Der vergrößerte Bogen zwischen Westturm und Langhaus erhielt ein Relief von Georg Roch, das an die Opfer des Ersten Weltkriegs erinnert. (4) Über einem Gräberfeld sind Engel und eine Inschrift zu sehen. (5) Der Chor war ehemals durch ein Chorgitter vom Langhaus abgetrennt. An der Chornordwand befindet sich noch die alte Sakramentsnische. Der Altar von 1624 ist nicht erhalten, dafür aber der reich profilierte Taufstein, der 1629 von Meister Paul, Steinmetz in Kölln an der Spree, geschaffen wurde. Ähnliche Taufsteine gibt es in Marzahn, Buch und Heinersdorf. Das aufgemalte Wappen der Stadt Kölln, ein roter Adler, erinnert daran, dass das Patronat von 1590 bis 1709 vom Magistrat der Stadt Kölln ausgeübt wurde. Der Messingkronleuchter stammt aus dem 17. Jahrhundert. Die drei Tafelbilder im Chor (Kreuzigung, Auferstehung, Ausgießung des Heiligen Geistes) wurden der Dorfkirche 1746 von dem in Marienfelde begüterten Berliner Hoflieferanten Peter Siegmund geschenkt. (6) Die 1896 vergrößerten Apsisfenster erhielten 1956 eine farbige Bleiverglasung von Georg Lippmann. Bei den 1993/94 durchgeführten Ausgrabungen traten etwa zwanzig Bestattungen zutage, die teilweise bis in das frühe 13. Jahrhundert zurückreichen. Ein gut erhaltenes Skelett wurde präpariert und an der Fundstelle unter Glas ausgestellt.


(1) Bergau 1885, S. 520; Spatz 1912, S. 178-179; Lücking, Alfred: Die Dorfkirche in Marienfelde bei Berlin, in: Die Denkmalpflege 15 (1913), S. 113-115, 125-126; Pomplun 1960, S. 166, 168, 170, 171, 177-178; Pomplun 1962, S. 52-55; Pomplun, Kurt: Die Dorfkirche in Berlin-Marienfelde. München-Berlin 1970; Kühne/Stephani 1978, S. 242-243; v. Müller 1981, S. 288; Pomplun 1984, S. 69-72; Hoffmann-Tauschwitz 1986, S. 18-24; Cante 1987, S. 132-138; Tempelhof und seine Dorfauen 1987, S. 55-56; Petras 1988, S. 50-51; Tempelhof - Bauten, Straßen, Plätze 1992, S. 13-15; Dehio Berlin 2000, S. 420; Wollmann-Fiedler/Feustel 2001, S. 94-97; Fabarius 2001, S. 19-44; Goetz/Hoffmann-Tauschwitz 2003, S. 290-291.

(2) Die dendrochronologische Untersuchung (sekundär verbaute Hölzer mit Waldkante) wurde 1995 vorgenommen.

(3) Das heutige Dachwerk wurde nach der dendrochronologischen Untersuchung 1456 errichtet.

(4) Der Bogen ist vor 1913 eingebrochen worden. Ursprünglich gab es keine räumliche Verbindung zwischen Westturm und Langhaus. Der Kirchenraum konnte nur über das Süd- und Nordportal betreten werden.

(5) Inschrift: "HERR HILF UNS - 1914 - 1920".

(6) Fabarius 2001, S. 180-181. Außerdem gab es in der Dorfkirche acht kleine Holztafeln aus dem 17. Jahrhundert mit Bilddarstellungen der Passion Christi. Sieben der acht Bildtafeln wurden im Jahr 2000 gestohlen.

Literatur:

  • Krenz, Thiele/ Tempelhof und seine Dorfauen, 1987 / Seite 55f.
  • Topographie Tempelhof, 2007 / Seite 193ff.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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