Denkmaldatenbank

Nationalgalerie, Kolonnaden

Obj.-Dok.-Nr. 09030057
Bezirk Mitte
Ortsteil Mitte
Adressen Bodestraße
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Museum & Reiterstandbild & Kolonnade
Entwurf 1862
Datierung 1866-1876
Entwurf 1886
Umbau 1911-1913, 1935
Umbau 1945-1959
Entwurf Stüler, Friedrich August (Architekt)
Entwurf & Ausführung Strack d. Ä., Johann Heinrich (Architekt)
Entwurf Calandrelli, Alexander (Bildhauer)
Bauherr Friedrich Wilhelm IV.

Östlich vom Neuen Museum erhebt sich der tempelartige Bau der Nationalgalerie, Bodestraße 3, der durch seine beherrschende Gestalt und die von einer Kolonnade gesäumte Freifläche unter den Gebäuden der Museumsinsel eine städtebauliche Sonderstellung einnimmt. Bemerkenswert sind die großzügige Raum- und Flächendisposition der Gesamtanlage und die sich über die Treppenanlage und das Reiterdenkmal bis in den Oberbau staffelnde Höhenentwicklung. Der Bau, der vollständig mit Nebraer Sandstein verkleidet ist, besteht aus einem gequaderten, blockartigen Sockel mit eingeschnittenen, hochrechteckigen Fenstern, auf den eine Art Antentempel in Form eines korinthischen Pseudodipteros mit vorgelagerter offener Säulenhalle gesetzt ist. Die Giebelfront trägt die Inschrift "Der deutschen Kunst MDCCCLXXI". In die zwischen die Säulen gerückten Außenwände sind große, hochrechteckige Fenster eingefügt, die Rückseite ist als halbrunde Konche ausgebildet. Dem Sockel ist eine zweiarmige, fünfläufige Freitreppe vorgelagert, die zur Säulenhalle mit vollplastischen korinthischen Säulen hinaufführt. Auf dem mittleren Zwischenpodest steht auf hohem Sockel das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms IV.

Die Nationalgalerie wurde 1866-76 von Heinrich Strack, dem Nachfolger August Stülers, als Museum für altdeutsche und deutsche Gegenwartskunst errichtet, nachdem August Stüler kurz vor seinem Tode seinen ursprünglichen Entwurf noch umgearbeitet hatte. Der konkrete Anlass für den Museumsbau war das Vermächtnis von Konsul Joachim Heinrich Wilhelm Wagner, der dem preußischen Staat 1859 eine Sammlung von 262 zeitgenössischen Gemälden übereignet hatte, die nach seinem Tod 1861 - ergänzt durch die Kartons von Peter Cornelius - den Grundstock des zu errichtenden Museums für die nationale Kunst bilden sollte.

Entsprechend dem nationalen Anspruch ist das Gebäude mit einem umfangreichen Bildprogramm geschmückt. Die unteren Freitreppengeländer werden durch zwei von Moritz Schulz geschaffene Figurengruppen gebildet, die den Kunstunterricht symbolisieren. Die Geländersockel der Zwischenpodeste tragen Schalen, in denen zu festlichen Anlässen Feuer brannten. Oben enden die Geländer in einer Darstellung der "Kunsttechnik" von Karl Moser und des "Kunstgedankens" von Calandrelli. Das Relief im Giebel stellt "Germania als Beschützerin der bildenden Künste" nach Entwurf von Moritz Schulz dar. Die Giebelspitze wird durch drei Frauenfiguren von Rudolf Schweinitz gekrönt, die Baukunst, Bildhauerei und Malerei personifizieren. Über den Fenstern der Längsseiten sind 36 Namen von deutschen Künstlern in vergoldeter Schrift angebracht. An der Rückwand der Säulenhalle befindet sich ein Fries mit einem Zug deutscher Künstler aus der Zeit Karls des Großen bis zur Reformation (linke Seite) und von Schlüter bis Kaulbach (rechte Seite). Das Bildprogramm wird durch das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms IV. auf dem Zwischenpodest der Freitreppe abgeschlossen, das auf der Grundlage eines Entwurfs von Gustav Bläser nach einem Modell von Alexander Calandrelli 1886 aufgestellt wurde.

Im Grundriss des zweiten Ausstellungsgeschosses ist noch deutlich erkennbar, dass der Bau ursprünglich die Funktion eines Festsaals erhalten sollte: Ihm sind drei achsial angeordnete rechteckige, unterschiedlich große Säle eingeschrieben, die bis 1935 über zwei Geschosse reichten und Oberlicht erhielten. Sie werden von schmalen Seitenkabinetten umschlossen, die durch Außenfenster belichtet werden. Das Erdgeschoss dagegen ist heute in eine symmetrisch angeordnete Folge etwa gleich großer Ausstellungsräume unterteilt. In dieser Aufteilung ist noch die ursprüngliche Raumkonstruktion enthalten, die aus zwei gewölbten Säulenhallen für Skulpturensammlung und Gemäldegalerie bestand. Ausstellungstechnische Gründe führten 1911-13 zum Umbau mit der heutigen Unterteilung. Man betritt das Gebäude durch ein Vestibül mit breitem Treppenaufgang, das sich zu den angrenzenden Räumen mit von tuskischen Säulen getragenen Rundbogenstellungen öffnet. Seine reiche Ausstattung wurde nach Kriegsschäden vereinfacht wieder hergestellt. Dem Vestibül schließt sich im ersten Ausstellungsgeschoss eine Quergalerie an, deren Marmorsäulen und Stuckmarmorwände mit Wachsmalereien der Nibelungensage von Ernst Ewald noch erhalten sind. Das Treppenhaus wird auf halber Höhe unterteilt durch einen Figurenfries von Karl Geyer mit der Darstellung der deutschen Kulturgeschichte von der Schlacht im Teutoburger Wald bis zur Kaiserkrönung 1871. Von den Oberlichtsälen im Obergeschoss befindet sich nach der umfassenden Instandsetzung des Hauses 1996 bis 2001 (Architekt H. G. Merz) der Kuppelsaal weitgehend in seiner restaurierten Originalfassung. In der oberen Hälfte der beiden ehemaligen Corneliussäle, die bereits 1935 durch abgehängte Lichtdecken unterteilt worden waren, sind nun zwei neue Ausstellungsräume für die Werke von Caspar David Friedrich und Karl Friedrich Schinkel entstanden.

Literatur:

  • Bau- und Kunstdenkmale Berlin I, Berlin 1983 / Seite 118-121.
  • BusB V A 1983 / Seite 18, 53f.
  • BusB I/II 1877 / Seite 151, 157ff.
  • BusB II/III 1896 / Seite 221ff,
  • Petras: Museumsinsel, 1987 / Seite 77ff, 127ff, 180ff.
  • Deutsche Kunstdenkmäler - Mark Brandenburg und Berlin, München/Berlin 1971 / Seite 410
  • Justi, Ludwig: Der Ausbau der Nationalgalerie, Berlin 1913 / Seite .
  • Justi, Ludwig: Der Umbau der Nationalgalerie, Berlin 1914 / Seite .
  • Bauwelt 4 (1913) 3 / Seite 21.
  • Bauwelt 5 (1914) 42 / Seite 9ff.
  • Deutsche Bauzeitung 10 (1876) / Seite 183f, 193ff,
  • Deutsche Bauzeitung 45 (1911) / Seite 74f.
  • Deutsche Kunst 73 (1935/36) / Seite 351f.
  • Die Christliche Kunst 16 (1919/20) / Seite 24f. (Beilage)
  • Kunst und Künstler 32 (1933) / Seite 70ff.
  • Wochenschrift des Architekten-Vereins Berlin (1967) / Seite 35f, 103.
  • Zeitschrift für praktische Baukunst (1871) / Seite Sp. 92f.
  • Zeitschrift für praktische Baukunst (1873) / Seite Sp. 91f.
  • Zeitschrift für Bauwesen 19 (1869) / Seite Sp. 265ff, 413ff, Bl.51
  • Zeitschrift für Bauwesen 20 (1870) / Seite Sp. 217f.
  • Zeitschrift für Bauwesen 21 (1871) / Seite Sp. 243ff.
  • Zeitschrift für Bauwesen 26 (1876) / Seite Sp. 77f.
  • Topographie Mitte/Mitte, 2003 / Seite 238-240

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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