Denkmaldatenbank
Synagoge Pestalozzistraße 14, 15
09020783 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Charlottenburg |
Adressen | Pestalozzistraße 14, 15 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Synagoge |
Datierung | 1911-1913 |
Entwurf | Dorn, Ernst (Baumeister) |
Ausführung | Robert Fiedler GmbH (Baugeschäft) |
Bauherr | B. S. Jacobson und Co. (Baugesellschaft) |
Die 1911-12 nach Entwurf des Architekten Ernst Dorn errichtete Synagoge im Hinterhof der Mietshäuser Pestalozzistraße 14-15 ist heute die einzige in Charlottenburg, die vor 1945 als Synagoge errichtet worden ist. (1) In der Nacht des 9. November 1938 im Inneren ausgebrannt, konnte der Bau jedoch gerettet werden, weil das Feuer gelöscht wurde, um die benachbarten Wohnbauten nicht zu gefährden. 1941 wurde das Gebäude enteignet und bis 1945 als Wäscherei genutzt. Im September 1947 konnte die Synagoge für eine neue Gemeinde mit liberalem Ritus wiederhergestellt werden. (2)
Das mit roten Klinkern verblendete Gebäude im Hofinnenbereich, der durch eine große Tordurchfahrt im Haus Pestalozzistraße 14 zugänglich ist, entwarf Ernst Dorn als Zentralbau über kreuzförmigem Grundriss. Emporen über drei der kurzen Kreuzarme waren für die Plätze der Frauen bestimmt, im vierten Kreuzarm stand in einer Apsis der Schrein. Den Bau hatte die Handelsgesellschaft B. S. Jacobsohn für einen Verein errichten lassen, der den orthodoxen Ritus befolgte, daher waren für die Trennung von Frauen und Männern sowohl die Emporen als auch zwei separate Eingänge erforderlich. Die Männer gingen durch den Haupteingang in den Synagogenraum, die Frauen erreichten die Emporen durch einen Zugang an der Westseite. Im halbrunden, asymmetrisch angesetzten zweigeschossigen Vorbau war die Wochentags-Synagoge, im Seitenflügel des Hauses Pestalozzistraße 14, an den die Synagoge unmittelbar anschließt, der Hochzeitsraum untergebracht. Mit der Gestaltung der Fassaden in neoromanischen Formen folgte der Architekt den älteren Konventionen des Synagogenbaus und betonte damit die konservative Haltung des Vereins. Die zweigeschossig gegliederte Hauptfassade wendet sich mit dem übergiebelten Hauptportal und einem großen Rundfenster mit Davidstern in einer hohen Giebelwand nach Süden zum Hofbereich. Alle Fenster, auch die des Vorbaus, sind mit rundbogigem Abschluss in tiefe, abgestufte Gewände gesetzt, die der Fassade eine stark plastische Wirkung verleihen. Das Vorbild der 1903-04 entstandenen Groß-Synagoge in der Rykestraße in Berlin-Mitte, ebenfalls ein roter Ziegelbau im Rundbogenstil, wird deutlich, auch wenn der Maßstab hier kleiner, die Proportionen gedrungener und die einzelnen Gliederungselemente schlichter sind. (3)
(1) Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 94-96, Abb. 70-71; Asmuss, Burkhard/Nachama, Andreas: Zur Geschichte der Juden in Berlin und das Jüdische Gemeindezentrum in Charlottenburg. In: Ribbe, Wolfgang (Hrsg.): Von der Residenz zur City, 250 Jahre Charlottenburg, Berlin 1980, S. 165-228, hier bes. S. 177, 209-213; Synagogen in Berlin, Ausstellungskat., hrsg. v. Berlin-Museum, Berlin 1983, S. 139-140; BusB IV, S. 273 ff., 294 ff., Abb. 664, 436; Slevogt, Esther: Die Synagoge Pestalozzistraße, "Deinem Hause gebühret Heiligkeit, Ewiger, für alle Zeiten", Berlin 2012; Jochens, Birgit: Die Kantstraße, Vom Preußischen Charlottenburg zur Berliner City West, Berlin 2017, S. 108.
(2) Von den 13 aktuell in Berlin vorhandenen Synagogen (vgl. Wikipedia: Liste der Synagogen in Deutschland) sind nur vier vor dem Zweiten Weltkrieg errichtet worden, davon ist die Synagoge Pestalozzistraße die einzige in Charlottenburg. 1933 lassen sich in Charlottenburg 15 Gemeindesynagogen nachweisen, 1945 waren davon 13, zumeist seit der Pogromnacht 1938, total zerstört. Eine ehemalige Synagoge, die heute nicht mehr als solche genutzt wird, befindet sich im erhaltenen Hofgebäude des Hauses Kantstraße 125 (siehe dort). Am Standort der zerstörten Synagoge Fasanenstraße 79-80 wurde 1957-59 ein Neubau für das jüdische Gemeindehaus errichtet, im ehem. Logenhaus Joachimsthaler Straße 13 wird seit 1960 der Festsaal als Synagoge genutzt (siehe Fasanenstraße 79-80 und Joachimsthaler Straße 13).
(3) Synagogen in Berlin, Ausstellungskat., hrsg. v. Berlin-Museum, Berlin 1983, S. 46 ff., 126-128; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VI, Sakralbauten, Berlin 1997, S. 291 ff., 294.
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 94-96
- Von der Residenz zur City, 1980 / Seite 165, 186-193, 208-214
- Synagogen in Berlin, Ausstellungskatalog, hrsg. v.Berlin-Museum, Berlin 1983 / Seite 139-140
Kontakt
Juliane Stamm
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