Denkmaldatenbank

Luisenkirche

Obj.-Dok.-Nr. 09020631
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Gierkeplatz
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Kirche ev.
Datierung 1712-1716
Umbau 1823, 1950
Entwurf Gerlach, Philipp (Architekt)
Entwurf Schinkel, Karl Friedrich (Architekt)

Den runden Gierkeplatz beherrscht die nach schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg Anfang der 1950er Jahre wieder aufgebaute Evangelische Parochialkirche, seit 1826 Luisenkirche, die ein qualitätsvolles Beispiel für die Wiedergewinnung der historischen Außenform verbunden mit einer modernen Gestaltung im Inneren ist. (1) Die 1708 selbstständig gewordene protestantische Gemeinde Charlottenburgs hatte 1712-16 mit der Stadt- und Parochialkirche ihren ersten eigenen Kirchenbau errichten lassen. Der erste Entwurf stammte von Philipp Gerlach, ausgeführt wurde er durch Martin Heinrich Böhme in einer von ihm modifizierten, kostengünstigeren Variante als turmloser Zentralbau über kreuzförmigem Grundriss mit seitlichen Emporen. (2) In ihrer heutigen Erscheinung ist die Luisenkirche jedoch das Resultat eines Umbaus durch Karl Friedrich Schinkel 1823-26, bei welchem der dreigeschossige Turm angefügt und der Innenraum in klassizistischer Formensprache verändert wurde. Bei der Wiederherstellung der ausgebrannten Kirche 1950-54 gestaltete Hinnerk Scheper, der Schüler und Lehrer am Bauhaus gewesen war, das Innere vollständig um: Der offene Raum wurde mit einer Betondecke überspannt, die durch eine dunkle Fuge wirkungsvoll von den Wänden abgesetzt war; die Emporen wurden von einfachen Betonpfeilern getragen. Die Farbgestaltung Schepers mit hellen Steinplatten für den Fußboden, weiß gestrichenen Wänden und einer lichtblauen Decke erzeugte einen der Klarheit und Eleganz der 1950er Jahre entsprechenden Raumeindruck. Ein Altarkreuz von Gerhard Schreiter und farbige Glasfenster an der Ostseite, 1953-56 von Ludwig Peter Kowalski, ergänzten die künstlerische Gestaltung. Fenster, Decke und Pfeiler sind heute verdeckt durch 1987-88 ausgeführte Einbauten, die an die Umgestaltung Schinkels erinnern sollen. (3)

Schon von außen ist der Grundriss der Kirche in Form eines griechischen Kreuzes erkennbar: Über einem knappen Sockel treten die dreiachsigen Kreuzarme um eine Achse vor; sie sind durch Lisenen gegliedert, die mittlere Achse mit jeweils einer Tür ist als flacher Risalit ausgebildet. Ein breites Traufgesims ersetzte bereits in den 1930er Jahren die Attika der Schinkelzeit. Die unterschiedlich hohen, von fein profilierten Rahmungen eingefassten Stichbogenfenster in zwei Geschossen lassen die Emporen im Inneren erkennen. Mit dem heutigen gelblichen Putz knüpfte man an die barocke Farbgebung des Ursprungsbaus an. Der von Schinkel angefügte Turm orientierte sich in seinen Geschosshöhen an Traufkante und Firsthöhe der Kirche; an Stelle seines ursprünglichen Spitzhelms besitzt er heute ein flaches Pyramidendach. Die beiden oberen Turmgeschosse sind durch Rosettenbänder abgesetzt, die Fenster fallen durch die für Schinkel typische Verknüpfung von Rundbogenfenster mit einer auf dem Kämpfergesims aufsitzenden Profilierung auf. Die beiden eingeschossigen Turmanbauten für Sakristei und Kapelle waren 1904 angefügt worden.


(1) Zeitschrift für praktische Baukunst 15 (1856), Sp. 97-100; Kühnlein, Max: Die evangelischen Kirchen und Kapellen in Berlin und seiner nächsten Umgebung, Berlin 1898, S. 30-32; Gundlach, Wilhelm: Geschichte der Stadt Charlottenburg, Berlin 1905, Bd. 1, S. 458-462, Bd. 2, S. 471, 534; Wilhelm Kraatz: Geschichte der Luisengemeinde zu Charlottenburg, Charlottenburg 1916; Lütkemann, Wilhelm: Die evangelischen Kirchen Berlins (Alte Stadt), Berlin 1926, S. 148 f.; Kania, Hans/Möller, Hans-Herbert: Mark Brandenburg (Karl Friedrich Schinkel Lebenswerk), München-Berlin 1960, S. 157-162; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 58-68; Luisenkirche 1716-1966, hrsg. v. Gemeindekirchenrat, Berlin 1966; Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 73 (1977), S. 281-290; Kühne, Günther/Stephani, Elisabeth: Evangelische Kirchen in Berlin, Berlin 1978, S. 31 f., 344; Geschichtslandschaft Berlin, Orte und Ereignisse, Bd. 1, hrsg. v. Helmut Engel, Stefi Jersch-Wenzel, Wilhelm Treue, Charlottenburg, Teil 1, Die historische Stadt, Berlin 1986, S. 142-157; Beseler, Hartwig/Gutschow, Niels: Kriegsschicksale Deutscher Architektur, Verluste, Schäden, Wiederaufbau, Eine Dokumentation für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1: Nord, Neumünster 1988, S. 141 f.; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VI, Sakralbauten, Berlin 1997, S. 19, 26, 353; Kirchen Berlin Potsdam, Führer zu den Kirchen in Berlin und Potsdam, hrsg. von Christine Goetz und Matthias Hoffmann-Tauschwitz, Berlin 2003, S. 54 f.; Nitsch, Ute: Charlottenburg-Wilmersdorf von A bis Z, Ein Lexikon, hrsg. v. Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin 2003, S. 176 f.

(2) Die Kirche hatte nur einen hölzernen Dachreiter als Glockenturm und war als Simultankirche für Reformierte und Lutheraner errichtet worden. In Brandenburg-Preußen, wo seit 1613 das Herrscherhaus zur reformierten, das Volk überwiegend zur lutherischen Richtung der Protestanten gehörte, war es Friedrich III./I., der durch den Bau von Simultankirchen die Annäherung der beiden rivalisierenden Bekenntnisse anstrebte.

(3) Entwurf: Jochen Langeheinecke. Altar und Kanzel sind erneuert und wieder durch eine Zwischenwand von den Fenstern der Ostseite getrennt. Vor die Stützen der Emporen wurden bis zur Decke hochgezogene Pfeiler mit stilisierten Kapitellen gesetzt. Ein umlaufender Architrav verdeckt die Fuge zwischen Wänden und Decke, aufwendige Leuchter ersetzen die zierlichen Hängelampen der 1950er Jahre.

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 58-68, dort weitere Literatur
  • Luisenkirche 1716-1966, hrsg. v. Gemeindekirchenrat / Seite .
  • Eckelt, Klaus/ Aus der Geschichte der Charlottenburger Luisenkirche und ihrer Gemeinde in MVGB 73 (1977) / Seite 281-290
  • Hoffmann, Andreas/ Die Luisenkirche in
    Geschichtslandschaft, Charlottenburg 1, 1986 / Seite 142-157
  • Chronik der Residenzstadt Charlottenburg. Charlottenburg 1887 / Seite III., 125
  • Gundlach, 1905 / Seite .

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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