Denkmaldatenbank
Institut für Architektur
09020534 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Charlottenburg |
Adressen | Straße des 17. Juni 152 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Institutsgebäude & Bibliothek |
Datierung | 1966-1968 |
Entwurf | Hermkes, Bernhard & Scharoun, Hans (Architekt) |
Bauherr | Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen |
Das mit großen quadratischen Platten gepflasterte Plateau wird an drei Seiten umschlossen von dem Ende 1963 begonnenen Neubau für die Fakultät für Architektur der TU Berlin, Straße des 17. Juni 152. Bernhard Hermkes und Hans Scharoun schufen hier eine Anlage mit zwei Bauteilen - dem zehngeschossigen Hochhaus parallel zur Marchstraße und dem sich südöstlich anschließenden dreiflügeligen Flachbau für Hörsäle und Bibliothek, der einen Vorplatz mit Tiefgarten und Brücke einfasst. (1) Das Hauptgebäude wurde 1963-67 nach Entwurf von Hermkes ausgeführt, 1967-69 folgten der ebenfalls von ihm geschaffene Hörsaaltrakt sowie die beiden südlichen Flügel des Flachbaus von Hans Scharoun; die von Herta Hammerbacher entworfene Gartenanlage entstand 1970-71. Der bautechnisch wie auch gestalterisch innovative Komplex stellt ein außergewöhnliches Beispiel für den Hochschulbau der 1960er Jahre und für die technischen Neuerungen des Bauens jener Zeit dar. Allerdings gab es aufgrund der Bauweise mit Beton-Fertigteilen und der verwendeten Materialien schon bald Probleme - 1991-93 musste das Hauptgebäude umfassend saniert und mit neuen Fassadenplatten versehen werden. (2)
Die Vorgaben für Standort und Bauform aus den beiden Bebauungsplänen, aber auch die Ambitionen der beiden Hochschullehrer Hermkes und Scharoun (3), für die Lehre neue Wege zu beschreiten, fanden ihren Ausdruck in der architektonischen Gestaltung des Gebäudes. So schuf Hermkes für die wegen der Nord-Süd-Ausrichtung des Hochbaus schwierige Belichtung der Atelier- und Unterrichtsräume dreieckige Fenstererker, die sägezahnartig aus der Fassade vorkragen und den Längsseiten eine plastisch-expressive Wirkung verleihen. Zudem markieren die nach Süden ursprünglich mit Waschbeton- (heute Granit-) Platten verkleideten Erkerreihen die Geschosse, in denen die um etwa einen Meter höheren Unterrichtsräume angeordnet sind, während die flacheren Büroebenen an den einfachen Fensterreihen zu erkennen sind. Die unterschiedlichen Geschosshöhen verdeutlichen die spezielle Stahlbetonskelett-Konstruktion: An den Längsseiten eines tragenden Mittelteils, der aus zwei Erschließungskernen, Treppenhallen und Lichthöfen besteht, sind die neun Obergeschosse konstruktiv unabhängig voneinander angefügt; verbunden sind sie durch einläufige, frei gespannte Treppen in offenen Lichthöfen, die in ihrer unregelmäßigen und kühnen Anordnung an die Architekturfantasien von G. B. Piranesi erinnern. Das konstruktive System aus runden Betonstützen und Spannbetondecken ermöglichte die nicht tragenden Fassaden und Innenwände wie auch das vollverglaste Sockelgeschoss, das die Obergeschosse wie schwebend erscheinen lässt. Die innen und außen sichtbaren Konstruktionselemente des Gebäudes, für die die Betonfertigteile vor Ort auf der Baustelle angefertigt wurden, aber auch die Materialsichtigkeit und die offene Verlegung der Versorgungstechnik sollten zugleich als Anschauungsmaterial für die Architekturstudenten dienen. (4)
Diesen Zweck verfolgte auch die Wandgestaltung im Foyer des Flachbaus, den Hans Scharoun ursprünglich für das Institut für Städtebau sowie für das Fachgebiet Gartenkunst und Landschaftsgestaltung entwarf. (5) 40 Mustertafeln aus unterschiedlichen Werksteinsorten sind hier als Schmuckwand zu Lehrzwecken angebracht. (6) Eine weitere Parallele der beiden höchst unterschiedlichen Bauteile ist die Nutzbarkeit der Treppenhäuser und Foyers als Ausstellungs- und Kommunikationsflächen. Zum Hörsaaltrakt, in dem Hermkes zwei Säle übereinander und die Cafeteria anordnete, gelangt man sowohl vom Hauptgebäude als auch vom Eingang zum Flachbau über offene Treppen und Flure, die auch als Foyer für die Hörsäle fungieren. (7) Damit dient der Trakt als Verbindungs- und Gelenkstück der gesamten Anlage, was sich auch am Außenbau zeigt: An der Südseite zum Innenhof sind die gleichen Fassadenplatten wie am Hochhaus angebracht, an den Außenwänden des Hörsaals die dunklen Schieferplatten des Scharoun-Baus. Hans Scharoun setzte bei dem Entwurf für das zwei- bis viergeschossige Gebäude (8), das sich südlich an den Hörsaaltrakt anschließt, den kubischen Bauteilen von Hermkes organischere Formen entgegen: Im Grundriss vermied Scharoun den rechten Winkel und schuf den zweiflügeligen Bau mit mehrfach abgeknickten und gestaffelten Außenwänden. Die Straßenfassaden nach Süden und Osten sind mit einem gleichmäßigen Fensterraster gegliedert und mit schwarzen Schieferplatten verkleidet, während die Hofseiten zum Tiefgarten fast vollständig verglast sind. Die Grenze zwischen den Bauteilen ist von außen kaum wahrnehmbar und innen nur an unterschiedlichen Bodenbelägen und Treppen zu erkennen.
(1) BW 56 (1965), S. 359, 688-670; Berliner Bauwirtschaft 16 (1965), S. 525; Rave, Rolf/Knöfel, Hans-Joachim: Bauen seit 1900 in Berlin, Berlin 1968, Nr. 26; Bauverwaltung 18 (1969), S. 405-409; Pfankuch, Peter (Hrsg.): Hans Scharoun, Bauten, Entwürfe, Texte (Schriftenreihe der Akademie der Künste, Bd. 10), Berlin 1974 (Neuaufl. 1993), S. 406; Rürup, Reinhard (Hrsg.): Wissenschaft und Gesellschaft, Beiträge zur Geschichte der Technischen Universität Berlin 1879-1972, Bd. 2, Berlin/Heidelberg/New York 1977, 215-237; Blundell-Jones, Peter: Hans Scharoun, Stuttgart 1979, S. 86 f.; BW 71 (1980), S. 1980; Pevsner, Nikolaus/Honour, Hugh/Fleming, John: Lexikon der Weltarchitektur, München 1987, S. 272, 556 (2. Aufl., in der 3. Aufl. 1992 nicht mehr enthalten); Gausmann, Dagmar: Der Ernst-Reuter-Platz in Berlin, Die Geschichte eines öffentlichen Raumes der fünfziger Jahre, Münster 1992 (Oktogon, Bd. 8). 1992, S. 110-112; Geist, Johann Friedrich/Kürvers, Klaus/Rausch, Dieter: Hans Scharoun, Chronik zu seinem Leben und Werk, Berlin 1993, S. 138, 155; Der Campus, Ein Architekturführer durch das Gelände der Hochschule der Künste und der Technischen Universität Berlin, hrsg. v. Michael Bollé, Berlin 1994, S. 87 f.; Wörner, Martin/Mollenschott, Doris/Hüter, Karl-Heinz: Architekturführer Berlin, 5. Aufl. Berlin 1997, S. 163, Nr. 269; Bachmann, Christoph/Suckale, Robert: Die Technische Universität Berlin und ihre Bauten, Ein Rundgang durch zwei Jahrhunderte Architektur- und Hochschulgeschichte, Berlin 1999, S. 166-174; Bauen in Berlin, 1900-2000, hrsg. v. Josef Paul Kleihues, Jan Gerd Becker-Schwering, Paul Kahlfeldt, Ausstellungskat., Berlin 2000, S. 294; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil V, Bd. B, Hochschulen, Petersberg 2004, S. 103-107, 291 f.
(2) Probleme: Asbesthaltige Materialien, brüchige Waschbetonplatten, schlechte Wärmedämmung; Maßnahmen: Entkernung bis auf den Rohbauzustand, Austausch der Waschbetonplatten gegen grauen Granit, eine neue Fensteröffnung an der südlichen Schmalseite im ersten Obergeschoss des Treppenhauses, Dachterrasse an der Ostseite geschlossen. Vgl. Brachmann/Suckale 1999, S. 169.
(3) Hermkes war 1955-69 Professur für Baukonstruktion und Entwerfen an der TU, Hans Scharoun hatte dort 1947-58 den Lehrstuhl für Städtebau inne. Das Lehr- und Raumprogramm beschreibt Hermkes in seinem Erläuterungsbericht von August 1967. Vgl. Brachmann/Suckale 1999, S. 172.
(4) Brachmann/Suckale 1999, S. 172 f.
(5) Durch Umstrukturierung der Fachbereiche wurde der Flachbau bereits nach wenigen Jahren ganz von der Architekturfakultät genutzt.
(6) Schröder, Johannes/Schirrmeister, Gerda: Naturwerkstein auf dem Campus der Technischen Universität Berlin, Berlin 2017, S. 43-48.
(7) Die sechseckige Grundrissform des großen Hörsaals nimmt vermutlich Bezug auf den kleinen sechseckigen Pavillon, den Hermkes schon in seinem Bebauungsplan von 1955 vorgesehen hatte. Vgl. Brachmann/Suckale 1999, S. 175 f.
(8) Von der Straße nicht sichtbar ist das Untergeschoss, das sich mit seinen Fensterflächen nur zum Tiefgarten öffnet. Vgl. Brachmann/Suckale 1999, S. 179.
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 243
- Der Abend / Seite 7.11.1964, S. 13
- Bauwelt 56 (1965) 23 / Seite 359, 668-669
- Bauwelt 56 (1965) 13/14 / Seite .
- Berliner Bauwirtschaft 16 (1965) 16 / Seite 525
- Rave, Knöfel/ Bauen seit 1900, 1968 / Seite .
- Die Bauverwaltung 18 (1969) 8 / Seite 404ff., besonders S. 409
- Reclam Berlin, 1977 / Seite 454
- Jones, Peter Blundell/ Hans Scharoun. Eine Monographie, Stuttgart 1979 / Seite 86-87
- Jaeger, Falk/ Bauen in Deutschland, Stuttgart 1987 / Seite 36
- Architektenausbildung an der TU Berlin. Eine Bestandsaufnahme, hrsg. v. TU Berlin, 1987 / Seite 4
- Juckel, Lothar/ Hans Scharoun in
Baumeister, Architekten, Stadtplaner, 1987 / Seite 558 - Architekturführer Berlin, 1989 / Seite 89, Nr. 145
- Lexikon der Weltarchitektur, München 1971 / Seite 242, 506
- Lexikon der Weltarchitektur, München 1987 / Seite 272, 556
- Der Campus, 1994
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