Denkmaldatenbank
Schillertheater mit Werkstatt und Studio, Magazin und Werkstattgebäuden
09020358 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Charlottenburg |
Adressen | Bismarckstraße 110 Schillerstraße 9 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Theater & Funktionsgebäude |
Datierung | 1950-1951, 1959 |
Entwurf | Völker und Grosse (Architekt) |
Das in seiner heutigen Gestalt 1950-51 nach Entwurf der Architekten Heinz Völker und Rudolf Grosse errichtete Schiller Theater, Bismarckstraße 110, Schillerstraße 9, ist für die Theatergeschichte Berlins wie auch architektonisch von besonderer Bedeutung. (1) Der Ursprungsbau war 1905-07 als eines der ersten Volkstheater nach Entwurf der bekannten Theaterarchitekten Jacob Heilmann und Max Littmann entstanden, die den sozialkünstlerischen Anspruch durch eine Gleichwertigkeit der Sitzreihen und den Verzicht auf privilegierte Rang- und Logenplätze im Zuschauerraum zum Ausdruck brachten. Dieses seinerzeit viel beachtete Reformtheater, das noch im Kern des heutigen Baus erhalten ist, wurde 1937-38 von Paul A. O. Baumgarten zu einem repräsentativen Staatstheater mit zwei Rängen und großer Mittelloge für die NS-Führung umgebaut. (2) Nach Kriegszerstörung und Neuordnung der Theaterlandschaft in der geteilten Stadt entstand das Schiller Theater als erster Theater-Neubau West-Berlins. Im modern gestalteten Zuschauerraum wurde mit der Anordnung der Sitze im Parkett und auf einer Empore an der Rückseite auf die Idee des Volkstheaters zurückgegriffen. 1959 ergänzte man das Gebäude durch den Magazin- und Werkstättenbau Schillerstraße 9 nach Plänen des Charlottenburger Hochbauamtes und 1976 durch ein Werkstattgebäude am östlichen Grundstücksrand an der Bismarckstraße. Der Zuschauerraum wurde 1980 modernisiert, das Theater 1993 geschlossen. Seit einem Umbau 2009-10 wird das Schiller Theater als Interims-Spielstätte von anderen Berliner Bühnen genutzt. (3)
Der heutige, weit von der Straßenflucht zurückgesetzte Bau stimmt in Standort, Grundfläche und Gliederung in die Funktionsbereiche Foyer, Zuschauerraum und Bühne mit dem Vorgängerbau überein. In seiner äußeren Gestaltung ist das Gebäude jedoch bestimmt von streng kubischen Bauformen, einer glatten Travertinverkleidung der Wandflächen und der vorgewölbten Glaswand des Foyers im ersten Obergeschoss zur Bismarckstraße sowie im Inneren durch eine zeitgenössische künstlerische Ausstattung. Über eine halbrunde Freitreppe erreicht man die Eingangstüren, die von einem breiten Vordach überdeckt werden. Hinter den goldeloxierten Profilen der großen Glasfront sind die Fensterflächen im oberen Foyer in Glasschliff nach Entwurf von Ludwig Peter Kowalski, ausgeführt von August Wagner, angebracht. Die 28 Meter lange Wand im unteren Foyer, die die Rundung der Glasfront aufnimmt, ist mit einem Relief in Gipsstuck von Bernhard Heiliger geschmückt, die Treppenaufgänge mit großen abstrakten Wandbildern aus farbig eingelegtem Gips von Hans Kuhn. (4) Der Bühnenbereich war erheblich erweitert worden und verfügte über die neueste Technik. (5) Das Äußere, Foyers und Umgang sind weitgehend im Originalzustand erhalten, der Zuschauerraum, der ursprünglich mit hellen Ahornleisten ausgekleidet war, wurde 1980 erstmals stark verändert. (6)
(1) NBW 3 (1948), S. 662-667; Bauen und Wohnen 6 (1951), S. 673 f.; Krohn, Gerhard/Hierl, Fritz: Formschöne Lampen und Beleuchtungsanlagen, München 1952, S. 63, 111, 128, 155; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 306-309, 311; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil V, Bd. A, Bauten für die Kunst, Berlin-München 1983, S. 70-73, 94-98, 113, 125 f.; Geschichtslandschaft Berlin, Orte und Ereignisse, Bd. 1, hrsg. v. Helmut Engel, Stefi Jersch-Wenzel, Wilhelm Treue, Charlottenburg, Teil 1, Die historische Stadt, Berlin 1986, S. 408-442; Beseler, Hartwig/Gutschow, Niels: Kriegsschicksale Deutscher Architektur, Verluste, Schäden, Wiederaufbau, Eine Dokumentation für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1: Nord, Neumünster 1988, S. 149; Wörner, Martin/Mollenschott, Doris/Hüter, Karl-Heinz: Architekturführer Berlin, 5. Aufl. Berlin 1997, S. 163, Nr. 268; Bauen in Berlin, 1900-2000, hrsg. v. Josef Paul Kleihues, Jan Gerd Becker-Schwering, Paul Kahlfeldt, Ausstellungskat., Berlin 2000, Kat. Bd., S. 221; Nitsch, Ute: Charlottenburg-Wilmersdorf von A bis Z, Ein Lexikon, hrsg. v. Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin 2003, S. 228 f.; Cobbers, Arnt: Staatsoper im Schiller Theater Berlin (Die neuen Architekturführer Nr. 163), Berlin 2010; Baukunst der Nachkriegsmoderne, Architekturführer Berlin 1949-1979, hrsg. v. Adrian von Buttlar, Kerstin Wittmann-Englert, Gabi Dolff-Bonekämper, Berlin 2013, S. 64, 69 f.
(2) Bereits 1936 war für den Ausbau der Bismarckstraße der Vorplatz umgestaltet und das ursprüngliche Restaurationsgebäude abgerissen worden. Vgl. Geschichtslandschaft Charlottenburg 1986, Teil 1, S. 430.
(3) Cobbers, Arnt: Staatsoper im Schiller Theater Berlin (Die neuen Architekturführer Nr. 163), Berlin 2010.
(4) Das Theater verfügt darüber hinaus über eine bemerkenswerte Sammlung von Bildnissen (Porträtköpfe, Reliefs, Graphiken und Ölgemälde) bekannter Dramatiker, Regisseure und Schauspieler. Vgl. Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 311, Abb. 352-359.
(5) BW 52 (1961), S. 805-807.
(6) Die Parkettbestuhlung gelangte in den Delphi-Palast in der Fasanenstraße.
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 306-311 (mit weiterer Lit.)
- BusB V A 1983 / Seite 113, 125
- Krohn, Gerhard/Hierl, Fritz/ Formschöne Lampen und Beleuchtungsanlagen, München 1952 / Seite 63, 111, 128, 155
- Neue Bauwelt 3 (1948) 42 / Seite 662-667
- Hoffmann, Hubert/ Das neue Schillertheater in Berlin =Bauen und Wohnen 6 (1951) / Seite 673f.
- Grzywatz, Berthold/ Schiller-Theater =Geschichtslandschaft, Charlottenburg 1, 1986 / Seite 408-442
Kontakt
Juliane Stamm
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