Denkmaldatenbank

Wohnanlage Westendallee

Obj.-Dok.-Nr. 09020350
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Westend
Adressen Westendallee
77, 77A, 77B, 78, 79, 80, 81, 81A, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Wohnanlage
Datierung 1921-1923
Entwurf Entwurfsbüro der Reichbahn
Ausführung Industriebau AG
Bauherr Stadt und Land GmbH

Eine in Neu-Westend einzigartige städtebauliche Figur besitzt die dreigeschossige Wohnanlage Westendallee 77-91, die sich mit ihren 19 Hauseinheiten beinahe von der Einmündung in die Schaumburgallee bis hin zur Reichsstraße in einer auffälligen lang gestreckten Reihung erstreckt und den Brixplatz im Westen flankiert. (1) Sie entstand 1921-23 als erste Wohnbebauung am neu angelegten Brixplatz (damals Sachsenplatz) durch das Entwurfsbüro der Reichsbahn. Die Siedlung in zurückhaltender traditionalistischer Gestaltung steht beispielhaft für das Bemühen der Reichsbahn, die dramatische Wohnungsnot infolge des Ersten Weltkriegs durch Eigeninitiative zu mindern und ihren Beamten bezahlbaren, attraktiv gelegenen und architektonisch ansprechenden Wohnraum bereitzustellen. Bauherr war die Stadt und Land GmbH. Die nordsüdlich ausgerichtete Wohnanlage auf dem 2,4 Hektar umfassenden Geländestreifen zwischen Westendallee und Bahntrasse zeichnet sich durch den rhythmischen Wechsel von drei Zeilenbauten und drei Einzelhäusern aus. Dezente strukturelle Unterschiede bringen Abwechslung in die Gleichförmigkeit der Wohnanlage, so etwa die Abschlüsse mit Walmdach und Satteldach, das Vor- und Zurückweichen, die gartenseitig vorspringenden Mitteflügel sowie die Mischung aus Drei- und Vier-Zimmerwohnungen. Durch den Austausch der Fenster ist das stimmige Erscheinungsbild der Fassaden mit zarten Klassizismen - Kubatur, Eckrustizierung und Themenfenster - beeinträchtigt. Ungeachtet dessen, gehört die Reichsbahn-Siedung zu den fortschrittlichen Wohnanlagen der frühen Nachkriegszeit in Berlin nach 1918. Der Übergangsbereich zwischen Bebauung und Bahntrasse ist geprägt durch Gartenland, dessen zahlreiche kleine Mietergärten ursprünglich die Selbstversorgung der 150 Wohnparteien mit Obst und Gemüse garantieren sollte. Darin knüpft die Wohnanlage an die Ideale der Gartenstadtbewegung des 19. Jahrhunderts an, weist aber zugleich formal schon voraus auf die Berliner Großsiedlungen in moderner Zeilenbauweise, die in baldiger zeitlicher Nachfolge entstanden.


(1) Tischert, Hans und Siedler, Eduard Jobst: Alfred Gerschel, Architekt, Bauten und Entwürfe, Berlin 1931; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. A, Die Voraussetzungen, Die Entwicklung der Wohngebiete, Berlin 1970, S. 278, II; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. B, Die Wohngebäude, Mehrfamilienhäuser, Berlin-München-Düsseldorf 1974, S. 398, Nr. 937.

Literatur:

  • BusB IV A 1970 / Seite 277 (Obj. 123) Übersichtsplan
  • BusB IV B 1974 / Seite 398 (Obj. 937)

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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