Denkmaldatenbank

Königliche Porzellan Manufaktur, KPM

Obj.-Dok.-Nr. 09020348
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Wegelystraße 1

Englische Straße
5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Produktionsgebäude & Verwaltungsgebäude
Datierung 1868-1872, 1955-1962
Entwurf Möller, Ferdinand Hermann Gustav & Boethke, Emil (Architekt)
Entwurf Grimmek, Bruno (Architekt)
Bauherr Königliche Porzellan Manufaktur

Unmittelbar nördlich des Charlottenburger Tores erstreckte sich einst bis zur Spree das große Gelände der Königlichen Porzellan-Manufaktur (KPM), Wegelystraße 1. (1) Das 1751 in Berlin von Wilhelm Caspar Wegely gegründete Unternehmen, das 1763 vom Preußischen König Friedrich II. übernommen und gefördert wurde, war 1867 mit seiner Fabrikation auf das Grundstück am damaligen Schafgraben in Charlottenburg umgezogen. Das heutige, sehr viel kleinere Firmengelände hinter dem Ernst-Reuter-Haus zwischen Wegely- und Englische Straße mit dem von sanierten Backsteinbauten umgebenen Werkhof geht auf die umfassenden Baumaßnahmen zwischen 1998 und 2004 zurück. Dabei wurden erhaltene Manufakturgebäude des 19. Jahrhunderts sowie einige Bauten der 1950er Jahre saniert und zum Teil rekonstruiert, viele Bauteile jedoch abgerissen und große Flächen des ehemaligen Betriebsgeländes verkauft. Darüber hinaus wurden die Produktionsstätten modernisiert und durch neue Anlagen ergänzt. 2006 verkaufte der Berliner Senat die KPM in Privatbesitz. (2) Die erhaltenen Bauten sind wichtige Zeugnisse für die wechselvolle, mehr als 250-jährige Geschichte des Unternehmens, das einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der Porzellan-Herstellung in Berlin und Preußen geleistet sowie die baulichen Veränderungen im Industriegebiet am Salzufer maßgeblich beeinflusst hat.

Als 1867 die Fabrikation der erfolgreichen Königlichen Porzellan-Manufaktur in der Leipziger Straße aus Platzgründen verlegt werden musste, entwarf der Architekt und Direktor der KPM Gustav Möller für das neue Firmengelände zwischen Spree und Landwehrkanal zusammen mit Baumeister Julius Boethke einen Gesamtbauplan, der 1868-72 umgesetzt wurde. (3) Das Herz dieser seinerzeit hoch modernen Anlage war der heute wieder hergestellte rechteckige Werkhof mit vier ein- bis dreigeschossigen Fabrikationsgebäuden (4); der Schafgraben wurde als Transportweg mit kleinem Binnenhafen ausgebaut. In den ersten Jahrzehnten in Charlottenburg entwickelte sich die KPM zu einem weltbekannten und wirtschaftlich erfolgreichen Unternehmen, das Werksareal wurde kontinuierlich erweitert und ausgebaut. (5) Erst durch den Neubau für den Deutschen Gemeindetag an der Charlottenburger Chaussee wurde das Firmengelände 1938 deutlich verkleinert und stadträumlich abgeriegelt. Nachdem 1943 ein Teil der KPM-Gebäude bei Luftangriffen zerstört worden war, ließ der Berliner Senat 1955-62 die Fabrikation unter Einbeziehung aller noch nutzbaren und ausbaufähigen Gebäude nach Plänen von Bruno Grimmek wieder aufbauen. (6) In den 1990er Jahren war das landeseigene Unternehmen so unwirtschaftlich geworden, dass das Werksgelände weiter verkleinert und in die städtebauliche Planung für das neu entstehende, so genannte KPM-Quartier einbezogen wurde. Zwischen 1998 und 2004 ließ man die Gebäude nach Plänen des Architekturbüros Gerkan, Marg und Partner sanieren, rekonstruieren und teilweise erneuern.

Von den 1962 fertig gestellten Bauten von Bruno Grimmek ist heute nur noch das im schrägen Winkel angesetzte, bis zur Wegelystraße reichende Gebäude für die Fertigung erhalten, das zur Straße teils verglast, teils mit weißen und kobaltblauen Elementen verkleidet wurde. Der stark verkleinerte und entkernte Kopfbau erhielt eine anthrazitfarbene Aluminiumfassade. Die Backsteinfassaden der um den Hof angeordneten historischen Gebäude wurden saniert oder erneuert, wobei die ehemalige Dreherei und Formerei an der Südseite bereits in den 1950er Jahren mit vielen originalen Details wieder aufgebaut worden war. Die 1871 errichtete Halle für den Ringkammerofen mit 22 Brennkammern wurde zum Ausstellungs- und Verkaufsraum umgebaut, davor zum Hof eine breite Freitreppe aus Beton mit großen Vitrinen angefügt. Im Inneren wurden die Zwischendecken entfernt und das Tragwerk des Hallendaches, dessen Eisenfachwerkbinder zu den ältesten in Berlin erhaltenen gehört, saniert. Das stark beschädigte Ziegelmauerwerk der Fassade wurde rekonstruiert, die Fenster der Hoffassade bis zum Boden verlängert. Die ursprünglich eingeschossige Schlämmerei an der Ostseite des Hofs stockte man auf, wobei Farbe und Gliederung der historischen Backsteinfassaden mit Lisenen, Ziegelbändern und Segmentbogenfenstern aufgenommen wurden. Alte und neue Bauteile sind durch einen Fries voneinander abgesetzt. Der Innenhof ist heute einheitlich gepflastert sowie mit Bänken und Stufen aus Sichtbeton gegliedert. (7)


(1) Möller, Gustav: Die Verlegung der Königlichen Berliner Porzellan-Manufactur. In: ZfB 23 (1873), Sp. 269-306, Taf. 34-40; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 616-622; Geschichtslandschaft Berlin, Orte und Ereignisse, Bd. 1, hrsg. v. Helmut Engel, Stefi Jersch-Wenzel, Wilhelm Treue, Charlottenburg, Teil 1, Die historische Stadt, Berlin 1986, S. 497-522; Hildebrand, Werner/Lemburg, Peter/Wewel, Jörg: Historische Bauwerke der Berliner Industrie (Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, hrsg. v. Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz, H. 1), Berlin 1988, S. 68 f.; Röde, Volker (Hrsg.): Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland, Bd. 2, Stuttgart 1998, S. 68; Architektur Berlin 2004, Baukultur in und aus der Hauptstadt, Architektenkammer (Hrsg.), Berlin 2004, S. 55-57; Engel, Helmut: Baudenkmal Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin, Berlin 2004; Hettlage, Bernd: KPM Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin, Berlin 2007.

(2) Das Unternehmen war ab 1763 im Besitz des preußischen Königs, nach 1918 Staatseigentum, umbenannt in Staatliche Porzellan-Manufaktur Berlin, und nach 1945 von der britischen Besatzungsmacht dem Land Berlin übertragen worden. Als Eigenbetrieb des Landes wurde er 1988 in eine GmbH umgewandelt und wieder Königliche Porzellan-Manufaktur genannt.

(3) Seit 1817 gab es an dieser Stelle eine Gesundheitsgeschirr-Manufaktur mit schlichten Bauten. Das große Grundstück lag verkehrsgünstig zwischen Charlottenburger Chaussee und Spree und war durch den Schafgraben unterteilt. An dieser Stelle waren bereits seit dem frühen 18. Jahrhundert Loh- und Walkmühlen, Gerberei und Bleicherei angesiedelt. Ein Teil der bestehenden Bauten der alten Manufaktur östlich des Schafgrabens wurde erhalten und umgebaut. Auf dem Areal westlich des Schafgrabens entstanden vier neue Fabrikationsgebäude. Vgl. Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 616 f.; Geschichtslandschaft Charlottenburg 1986, Teil 1, S. 502-506.

(4) Dem Ablauf der Produktionsschritte folgend, waren das die Schlämmerei, die Formerei, die Ofenhalle mit einem neuartigen Gaskammerofen und die Halle zum Glasieren und Schleifen. Vgl. Möller, Gustav: Die Verlegung der Königlichen Berliner Porzellan-Manufactur. In: ZfB 23 (1873), Sp. 272 ff.

(5) Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 617. U.a. wurden auf dem Gelände der Porzellan-Manufaktur die Chemisch-Technische Versuchsanstalt, die Porzellane entwickelte und herstellte, und das von Friedrich Wilhelm IV. gegründete Königliche Institut für Glasmalerei untergebracht.

(6) Nach dem Krieg war die Produktion vorübergehend nach Selb in Bayern verlegt worden. Die Neubauten waren Betonskelettbauten mit einer Ziegel- oder Spaltklinkerverblendung; an der Wegelystraße entstand ein Kopfbau mit Verkaufsräumen. Der Graben wurde zugeschüttet. Vgl. Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 620 f.

(7) Engel, Helmut: Baudenkmal KPM, Berlin 2004; Hettlage, Bernd: KPM Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin, Berlin 2007.

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 616-622
  • Hildebrand/ Lemburg/ Wewel: Historische Bauwerke, 1988 / Seite 68-69
  • Reissig: Staatliche Porzellanmanufaktur Berlin (KPM9, in: Geschichtslandschaft, Charlottenburg 1, 1986 / Seite 497-522
  • Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland, Bd. 2, Stuttgart 1998 / Seite 68-69
  • Findbuch zu den Beständen der Ruhrstahl-Gruppe, Duisburg 1998 / Seite 44-51
  • Lorenz, Werner; May, Roland; Staroste, Hubert: Ingenieurbauführer Berlin, Petersberg 2020 / Seite 108f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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