Denkmaldatenbank

Realgymnasium Oberschöneweide, Gymnasium Fritjof Nansen

Obj.-Dok.-Nr. 09020165
Bezirk Treptow-Köpenick
Ortsteil Oberschöneweide
Adressen Zeppelinstraße 76, 78, 80
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Schule
Datierung 1910-1911
Entwurf Hamacher, J. Th. (Architekt)
Bauherr Gemeindeverwaltung Oberschöneweide

Dem Realgymnasium Oberschöneweide wurde bewusst ein Standort unmittelbar neben dem geplanten Rathaus zugewiesen, demonstrierte doch die höhere Lehranstalt, dass sich der Industrievorort zu einem lebendigen Gemeinwesen entwickelt hatte. (1) Das Schulgebäude an der Zeppelinstraße 76/80, erbaut 1910-11, beherbergte ein reformiertes Gymnasium. Gemeindebaurat J. Th. Hamacher entwarf eine malerische Baugruppe in den Formen der Hochrenaissance und des Frühbarock. Vorbild waren die Schulen des Berliner Stadtbaurats Ludwig Hoffmann, bei denen sich historische Motive mit einer monumentalen Wirkung verbinden. Hamacher hatte selbst einige Jahre für Hoffmann gearbeitet. Das Hauptgebäude wendet sich zur Zeppelinstraße, während Seitenflügel und Turnhalle die Fontanestraße begleiten. Vorgelagert ist das Direktorenwohnhaus. Die vielgestaltigen Baukörper mit verputzten Fassaden werden von steilen Walmdächern überspannt. Alle gliedernden und dekorativen Teile bestehen aus Kunststein. Das Bild des Realgymnasiums wird von Giebeln mit geschwungenen Voluten, teils mit aufgesetzten Obelisken, geprägt. Die Giebelgestaltung ist von deutschen Renaissancebauten des frühen 17. Jahrhunderts abgeleitet. Ludwig Hoffmann nutzte dieses Motiv für die Gestaltung großer öffentlicher Bauten in Berlin. (2) An die südliche Schmalseite lehnt sich die Turnhalle ein, ein Saalbau mit fünf Volutengiebeln und einer vielgestaltigen Dachlandschaft. Das zweigeschossige Direktorenwohnhaus wirkt in den Straßenraum an der Kreuzung von Zeppelin- und Fontanestraße. Den Haupteingang des Realgymnasiums markieren Altan und Portalvorbau in frühbarocken Formen. Betritt man das Schulgebäude, dann erreicht man eine weiträumige gewölbte Eingangshalle im Eckbereich von Haupt- und Seitenflügel. Die ursprüngliche Ausmalung mit einer weitaus reicheren Farbigkeit ist noch in Teilbereichen zu sehen. Der Wandbrunnen gegenüber dem Haupteingang ist ein kostbares Werk des Jugendstils. Die Gewölbehallen wiederholen sich in den beiden Obergeschossen. Angeschlossen sind jeweils der gewölbte Flur des Hauptbaus und der hofseitige Treppenturm. Im dritten Stockwerk des Seitenflügels ordnete Hamacher die Aula des Realgymnasiums an. Hier überwiegen klassizistische Formen. Ein Tonnengewölbe mit Kassettenfeldern überspannt den festlichen Raum. An der Eingangswand ist eine Empore ausgebildet, die weit in den Raum auskragt, aber in der Mitte von Säulen und einer Attika über dem Eingang getragen wird. Das Realgymnasium, heute Isaac-Newton-Oberschule, wurde zwischen 1994 und 2001 restauriert.


1) Bau- und Kunstdenkmale Berlin II, S. 329-330; BusB V C, S. 397; Treptower Schulgeschichte 1995, S. 64-66; Dehio Berlin 2000, S. 235-236; Seeböck 2000, S. 35-36; Materialsammlung von Waltraud Krause im Heimatmuseum Oberschöneweide; Nutzungsgeschichte: 1905 Gründung des Realgymnasium Oberschöneweide, Schulbetrieb anfangs in der Gemeindeschule an der Frischenstraße, 1908 Einführung eines reformierten Lehrplans, damit Reformrealgymnasium nach Frankfurter System, 1911 Eröffnung des neues Schulgebäudes, 1915 Umbenennung in Hindenburg-Schule (Reformrealgymnasium mit Realschule), 1920 Umbenennung in Humboldt-Schule, 1938 Umbenennung in Zeppelin-Schule, Oberschule für Jungen, 1946 Umbenennung in Fridtjof-Nansen-Schule, höhere Lehranstalt für die männliche Jugend, nach 1945 Verlegung der Wilheminenschule, höhere Lehranstalt für die weibliche Jugend, in das Realgymnasium, 1950 Vereinigung beider Einrichtungen zur Fridtjof-Nansen-Oberschule, 1951 Unterbringung der 19. Schule im Erdgeschoss, 1956 Vereinigung der Fridtjof-Nansen-Oberschule mit der Eichendorff-Schule und Verlegung des Schulbetriebs nach Spindlersfeld, 19. Schule übernimmt das gesamte Gebäude, Umbenennung in Karl-Liebknecht Oberschule (19. Polytechnische Oberschule), 1991 Verlegung der 19. Schule in die Wattstraße, stattdessen übernimmt die 3. Gesamtschule das Gebäude, 1992 Umbenennung in Fridtjof-Nansen-Oberschule (Gesamtschule), 2001 Schließung der Gesamtschule, Verlegung der Isaac-Newton-Oberschule (Realschule) in die Zeppelinstraße.

2) Vergleichbar sind die Giebel am Stadtbad Oderberger Straße 57/59 in Berlin-Prenzlauer Berg, 1899-1902, an der Gemeindedoppelschule Dunckerstraße 64-66 in Berlin-Prenzlauer Berg, 1898-99, und an der Handwerkerschule Straulauer Platz in Berlin-Friedrichshain, 1904. Betrachtet man den Aufbau der Baugruppe mit zwei Flügeln, Eckturm im Hof und Giebelachsen, dann lässt sich das Realgymnasium mit dem Schulbau Görschstraße 43/44 in Berlin-Pankow, 1909/10 von Carl Fenten, vergleichen.

Literatur:

  • BusB V C 1991 / Seite S. 397
  • Topographie Treptow-Köpenick/Nieder- und Oberschöneweide, 2003 / Seite 121 f.

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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