Denkmaldatenbank

Haus Schuldenfrey

Obj.-Dok.-Nr. 09011957
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Dahlem
Adressen Garystraße 26
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1931-1932
Entwurf Scharoun, Hans (Architekt)
Ausführung Jacobowitz, Georg (Baugeschäft)
Bauherr Schuldenfrey, Karl (Ingenieur)

Ein Wohnhaus mit zwei hintereinander gestaffelten Pultdächern sticht an der Garystraße heraus. Es ist das Haus Schuldenfrey, Garystraße 26 (1), das Hans Scharoun 1931-32 für den Ingenieur Karl Schuldenfrey erbaute. (2) Es gehört zu Scharouns vom organischen Bauen geprägten Einfamilienhäusern der 1930er Jahre, bei denen er zu sehr unterschiedlichen, avantgardistischen Lösungen gelangte.

Beim Haus Schuldenfrey schmälerten allerdings eine Reihe von äußeren Bedingungen Scharouns Möglichkeiten, ein Haus mit großzügigen Raumzusammenhängen und einer individuellen Wohnlandschaft zu entwerfen. Zum einen war das Grundstück schmal und tief geschnitten, zum anderen waren die finanziellen Mittel des Bauherrn beschränkt. Auch war auf dem Grundstück zusätzlich eine Garage unterzubringen. Dennoch vermochte Scharoun, dem Haus eine einzigartige Prägung zu geben mit einem unter funktionalen Gesichtspunkten von Innen nach Außen entwickelten Grundriss. Er ersann einen ein- bis zweigeschossigen länglichen Hauskörper mit steilem Pultdach, der nur auf der rückseitigen Schmalseite eine Aussparung für die Gartenterrasse hat. Dem Wohnhaus wurde zur Straße eine Garage mit einem gegensinnig geneigten Schrägdach vorgestellt. Die beiden stark abfallenden Dächer sind seitdem in ihrer zickzackförmig aufsteigenden Dynamik (3) das kennzeichnende Merkmal des Hauses. An den charakteristisch versetzten Pultdächern entzündete sich ein Disput mit der Baupolizei des Bezirksamtes Zehlendorf, die die originelle Dachgestaltung strikt ablehnte. Erst als Scharoun sich an die obere städtische Behörde wandte, wurde das Haus Schuldenfrey in seiner ungewöhnlichen Formgebung genehmigt.

Der Hauseingang liegt an der westlichen Längsseite. Das Erdgeschoss ist in Längsrichtung in zwei unterschiedliche Raumzusammenhänge aufgeteilt: den östlich gelegenen, mit über 11 Metern Länge die gesamte Haustiefe einnehmenden zentralen Wohnraum mit Kamin und einen durch Einzelräume gegliederten westlichen Hausteil. An den großzügigen Wohnraum schließt zum Garten an der Südseite eine Terrasse mit großflächiger Verglasung und einer Pergola aus einem geschwungenen Rohrgerüst an. Im westlichen Hausteil liegen beiderseits der Eingangsdiele mit der Haustreppe Küche, Bad sowie die Schlaf- und Kinderzimmer. Unterhalb des Pultdaches befindet sich über dem Wohnzimmer ein weiterer Raum, der von giebelseitigen Bullaugenfenstern belichtet wird - ein aus dem Schiffsbau entlehntes Motiv, das Scharoun wiederholt in seinen Entwürfen verwandte. Ein nicht zu hoher Haussockel ermöglicht im Untergeschoss noch einen zusätzlichen Wohnbereich, sodass trotz der beengten Grundstücksverhältnisse eine größtmögliche Raumausnutzung erzielt wird. Das für das Werkverständnis von Scharouns Einfamilienhäusern der 1930er Jahre wichtige Haus ist bis in Details erhalten.

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(1) Rave/Knöfel 1968, Obj. 189; BusB IV C, S. 229, Obj. 1905; Weber 1982, S. 58; Tönnesmann, Andreas: Im Dritten Reich. In: Hans Scharoun, Architekt in Deutschland 1893-1972, hrsg. v. Christine Hoh-Slodczyk, Norbert Huse, Günther Kühne, Andreas Tönnesmann, München 1992, S. 56.

(2) Aus den Bauakten geht hervor, dass anfangs auch Adolf Rading am Entwurf beteiligt war, der von 1927-33 eine Bürogemeinschaft mit Hans Scharoun in Berlin unterhielt.

(3) Tönnesmann, Andreas: Im Dritten Reich. In: Hans Scharoun, Architekt in Deutschland 1893-1972, hrsg. v. Christine Hoh-Slodczyk, Norbert Huse, Günther Kühne, Andreas Tönnesmann, München 1992, S. 56.

Literatur:

  • Rave/Knöfel: Bauen seit 1900, 1963 / Seite Objekt 189
  • Topographie Dahlem, 2011 / Seite 155
  • Architekten- und Ingenieurverein Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil, Band IV C, Berlin 1975 / Seite 229, Objekt 1905
  • Weber 1982 / Seite 58
  • Tönnesmann, Andreas: Im Dritten Reich, in: Hoh-Slodczyk/ Huse/ Kühne/ Tönnesmann (Hrsg.): Hans Scharoun, Architekt in Deutschland 1893-1972, München 1992 / Seite 56
  • Aujourd´hui allemangne, Boulogne/Seine, Nr. 57-58 / Seite 4
  • Pfankuch, Peter (Hrsg.): Hans Scharoun, Bauten, Entwürfe, Texte, Schriftenreihe der Akademie der Künste Band 11, Werkkatalog, Berlin 1974 / Seite 376

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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