Denkmaldatenbank

Franziskaner Klosterkirche

Obj.-Dok.-Nr. 09011276
Bezirk Mitte
Ortsteil Mitte
Adressen Klosterstraße 73A

Littenstraße
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Kirche
Fertigstellung um 1300
Bauherr Franziskaner-Orden

Ein weiterer Zeuge aus der frühesten Zeit der Berliner Stadtgeschichte ist die Ruine der Franziskaner-Klosterkirche, Klosterstraße 73A. Der letzte Überrest des seit 1249 in Berlin nachweisbaren Franziskaner-Klosters, das nach Kriegsschäden 1968 abgetragen wurde, markiert im weitgehend veränderten stadträumlichen Zusammenhang die Lage der für die Geschichte Berlins so bedeutenden Klosteranlage, deren Gebäude sich nördlich an die Kirche anschlossen. Nach der Reformation 1539 aufgelöst, wurde 1574 in einem Teil des Klosters das berühmte "Gymnasium zum Grauen Kloster" eingerichtet. (2) Der Bettelorden hatte das Grundstück von den askanischen Markgrafen, deren Berliner Sitz - das "HoheHaus" (3) - nördlich des Klosters stand, als Schenkung erhalten. Daraus ergab sich zum einen die Lage am äußersten Stadtrand und die Nutzung der Kirche als Begräbnisstätte für die Landesherren, zum anderen die besondere architektonische Qualität des Kirchenbaus, der sich von den gleichzeitigen Stadtkirchen deutlich abhob und eine Vorreiterrolle für die Entwicklung der gotischen Baukunst in Berlin und Umgebung einnahm. Die Ruine lässt noch heute die Schönheit der plastischen Details und die eindrucksvolle Raumschöpfung der Kirche erkennen, die vor ihrer Zerstörung als bedeutendstes gotisches Bauwerk Berlins galt.

Von der dreischiffigen kreuzgewölbten Backsteinbasilika, um1260-70 errichtet, sind Reste der Westfassade sowie der Langhauswände, die durch spitzbogige Arkaden auf kräftigen Pfeilern mit kapitellgeschmückten Diensten und durch kleine Obergadenfenster gegliedert waren, erhalten. (4) An dem um1300 angefügten einschiffigen Chor mit 7/10 Polygonschluss erkennt man im Inneren in der Sockelzone Spitzbogennischen, darüber hohe Fenster mit fein profilierten Gewänden, deren im 19. Jahrhundert erneuertes Maßwerk zum Teil nochvorhanden ist. Strebepfeiler an Langhaus und Chor lassendie schlichte Gliederung des Außenbaus erkennen, an der turmlosen Westfassade sind ein Spitzbogenportal mitprofiliertem Gewände, flankiert von Blendnischen, darüber ein großes Fenster und der mit rautenförmigem Blendmaßwerk belegte Giebel erhalten. (5) Einige der wertvollen Ausstattungsstücke der Klosterkirche sind heute in der Marienkirche zu finden.


1) Vgl. BusB VI (mit weitereren Literaturangaben), S.338f.; Badstübner/Badstübner-Gröger 1987, S. 15f. und189f.

2) Die erste höhere Schule Berlins wurde von vielen bedeutenden Persönlichkeit besucht, unter anderem von Schinkel, Schadow und Bismarck. Darüber hinaus war das Kloster 1571-84 die Wirkungsstätte des Gelehrten und Arztes Leonhard Thurneysser, dem auch die erste gründliche Restaurierung der Kirche 1584-85 zu verdanken ist. Vgl.Kieling 1987, S. 43ff.

3) Die sogenannte "Aula Berolinensis", ein gotisches Backsteingebäude aus dem 13. Jahrhundert, befand sich auf dem Grundstück ehem. Klosterstraße 75, heute Parkplatz auf der Nordseite der Grunerstraße. Bei Abrissarbeiten des Königlichen Lagerhauses 1931 wurden im Inneren Reste eines hochgotischen Portals, das zum ersten Sitz der märkischen Landesherren gehört hatte, freigelegt und ins Märkische Museum gebracht. Eine Barocktreppe aus dem Gebäude befindet sich heute im Schloss Köpenick und eine Stuckdecke im Schloss Schönhausen. Vgl. unter anderem Badstübner/Badstübner-Gröger 1987, S. 189.

4) Zu Fragen der Datierung und nach einem vermuteten erstenFeldsteinbau, vom dem sich Reste eventuell im nördlichenSeitenschiff erhalten haben vgl. Seyer 1987, S. 67ff. undBadstübner/Badstübner-Gröger 1987, S. 15f.

5) Das nach Ordensregeln turmlose Gotteshaus - es hatte nur einen Dachreiter - erhielt 1842-44, dem romantischen Architekturbild der Zeit entsprechend, durch Ferdinand von Quast und Wilhelm Berger zwei schlanke Westtürme, einen neuen Dachreiter und einen Säulengang, der die Kirche zur Straße abgrenzte. Dieser Bauzustand ist auf alten Fotografien häufig wiedergegeben. 1926-30 wurden die Zutaten des 19. Jahrhunderts, die den Charakter der Bettelordenskirche verfälschten, entfernt. Vgl. Kieling1987, S. 43.

Literatur:

  • Bau- und Kunstdenkmale Berlin I, Berlin 1983 / Seite 68ff.
  • Dehio, Berlin, 1994 / Seite 55f.
  • BusB I/II 1877 / Seite 62, 118, 251
  • BusB II/III 1896 / Seite 148ff.
  • Badstübner, Kirchen, 1987 / Seite 15f., 28f, 93f, 99, 189f.
  • Gottschalk, Wolfgang, Altberliner Kirchen in historischenAnsichten, Würzburg 1985 / Seite 165f.
  • Müther, Bautradition, 1956 / Seite 86
  • Topographie Mitte/Mitte, 2003 / Seite 209-211
  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, Heft 23, Kirchenruine des Grauen Klosters in Berlin, Petersberg 2007

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

Verkehrsanbindungen