Denkmaldatenbank

Rotes Rathaus

Obj.-Dok.-Nr. 09011264
Bezirk Mitte
Ortsteil Mitte
Adressen Rathausstraße 15

Jüdenstraße 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9

Spandauer Straße 24

Gustav-Böß-Straße
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Rathaus
Entwurf 1857-1859
Datierung 1861-1869
Umbau 1950-1958
Umbau um 1993
Entwurf Waesemann, Hermann Friedrich (Architekt)
Entwurf Meinhardt, Fritz (Architekt)
Bauherr Stadt Berlin

Das neben der Marienkirche einzige historische Gebäude auf dem Areal zwischen Spree und Alexanderplatz ist das 1861-69 von Hermann Waesemann errichtete Rote Rathaus, Rathausstraße 15. Das stadt- und architekturgeschichtlich bedeutsame Baudenkmal ist - nach schweren Kriegsschäden in den 1950er Jahren wieder aufgebaut - auch ein Dokument des Nachkriegsstädtebaus der DDR, der nur wenige Bauten für erhaltenswert erachtete. Darüber hinaus prägt der rote Backsteinbau mit seinem markanten Turm auch heute noch eindrucksvoll die Stadtsilhouette. (1)

An der Ecke Spandauer und Rathausstraße befand sich seit dem Mittelalter das Berliner Rathaus. Als Ersatz für die Gerichtslaube aus dem 13. Jahrhundert und einen barocken Anbau von Johann Arnold Nering (1692-95) beschloss der Magistrat 1857 den Neubau auf einem wesentlich erweiterten Grundstück und schrieb einen Architekturwettbewerb aus. Obwohl Hermann Waesemann daran nicht teilgenommen hatte, wurde er 1859 mit dem Bau beauftragt. Unter Verwendung von Ideen der prämierten Entwürfe verwirklichte er zwischen 1860 und 1867 in zwei Bauabschnitten auf einem fast quadratischen Grundstück von knapp einhundert Metern Seitenlänge eine Vierflügelanlage mit Mitteltrakten, die das Innere des Blocks in drei Höfe einteilen. Der viergeschossige Bau, dessen rote Klinkerfassaden im Rundbogenstil an die märkische Baukunst anknüpfen, ist durch gleichmäßig gereihte Fensterachsen, einen umlaufenden Balkon mit dem Terrakottafries "Steinerne Chronik" (2) über dem Erdgeschoss und ein kräftiges Dachgesims akzentuiert. Der Horizontalität der Fassaden setzte der Architekt vertikale Elemente entgegen: Eck- und Mittelrisalite an allen vier Fassaden, der mächtige Turm über dem Eingangsportal sowie große Rundbogenfenster, die die Wandöffnungen im zweiten und dritten Geschoss zusammenfassen. Die Ausgewogenheit der Gliederung wird unterstrichen durch die zurückhaltende Verteilung von Schmuckelementen und die harmonische Verwendung von Sandstein und Granit an Gesimsbändern, Turmsäulen und Fenstermaßwerk. Die aufwändige Gestaltung im Inneren mit repräsentativer Eingangshalle und Treppenhaus sowie zahlreichen kostbar ausgestalteten Fest- und Sitzungssälen konnte erst 1895 abgeschlossen werden.

Das mächtige Gebäude mit seinem ehemals sogar das nahe gelegene Stadtschloss überragenden Turm verkörperte zu seiner Entstehungszeit das Selbstbewusstsein des Berliner Bürgertums. Deshalb wurde es trotz starker Kriegszerstörungen 1950 vom Ostberliner Magistrat als erhaltenswert eingestuft und bis 1958 unter Leitung von Fritz Meinhardt mit großem Aufwand wieder aufgebaut. (3) Sämtliche Dachflächen und zerstörten Fassadenteile sowie Teile des Turms und der "Steinernen Chronik" wurden originalgetreu rekonstruiert, nur die Bronzeplastiken von Friedrich I. und Wilhelm I. am Haupteingang entfernt. Im Inneren des Rathauses hingegen sind große Veränderungen vorgenommen worden, Verwaltungs- und Repräsentationsräume, vor allem im ersten Obergeschoss wurden komplett umgestaltet. Seit 1991 ist das Rote Rathaus wieder Sitz des Berliner Senats und des Regierenden Bürgermeisters. Dafür wurde das Gebäude 1990-96 umfassend renoviert. (4)


1) Vgl. Brenne 1995, S. 39-70; dies. 1996, S. 25-54; Bartmann-Kompa 1991.

2) 36 Terrakottatafeln mit Motiven zur Berliner Geschichte vom Mittelalter bis 1871, ausgeführt 1876-79, Bildhauer: Rudolf Schweinitz, Otto Geyer, Ludwig Brodwolf und Alexander Calandrelli. Vgl. Brenne 1995/1996, S. 50 und Anm. 56.

3) Meinhardt 1958.

4) Vgl. Brenne 1996, S. 47.

Literatur:

  • BusB II/III 1896 / Seite 117ff.
  • BusB III 1966 / Seite 63
  • Bartmann-Kompa: Das Berliner Rathaus, 1991 / Seite (noch weitere Quellen)
  • Jacob, Kraus: Ostdeutsche Rathäuser, 1992 / Seite 74ff, 207f. (noch weitere Quellen)
  • Damus, Das Rathaus, 1988 / Seite 35f.
  • Dehio, Berlin, 1994 / Seite 87ff.
  • Schwedler, J.W.: Dach- und Deckenkonstruktionen über dem Stadtverordneten-Saale im neuen Rathaus zu Berlin, in: Süddeutsches Submissionsblatt 19 (1869) / Seite Sp. 389-392
  • Schwedler, J.W.: Dach- und Decken-Construktion über dem Festsaale des neuen Rathauses zu Berlin, in: Zeitschrift für Bauwesen 19 (1869) / Seite 387-390
  • Leitholf, Otto: Erweiterung des Sitzungssaales der Stadtverordneten im Berliner Rathaus, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 41 (1921) / Seite 229-231
  • Zeitschrift für Bauwesen 22 (1872) / Seite .
  • Zeitschrift für Bauwesen 24 (1874) / Seite .
  • Der Regierende Bürgermeister / Senatskanzlei (Hrsg.): Das Rote Rathaus, Amtssitz und Wahrzeichen in der Mitte Berlins (Faltblatt), Berlin 2023 / Seite https://www.berlin.de/rbmskzl/_assets/publikationen/senat_fl yer-rotes-rathaus_de_bf.pdf?ts=1699574406
  • Meinhardt, Fritz: Wiederherstellung des Berliner Rathauses, in: Deutsche Architektur 7 (1958) 3 / Seite 148-152
  • Architektur der DDR 13 (1964) / Seite 330ff.
  • Berlin - Photographien von Waldemar Titzenthaler, 1990 / Seite 49 (von 1907)
  • Waetzoldt, Bibliographie zur Architektur im 19. Jhdt., 1977 / Seite (noch weitere Quellen)
  • Topographie Mitte/Mitte, 2003 / Seite 195 f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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