Denkmaldatenbank

Landwirtschaftliche Hochschule, Museum für Naturkunde, Geologische Landesanstalt und Bergakademie

Obj.-Dok.-Nr. 09011177,T
Bezirk Mitte
Ortsteil Mitte
Adressen Invalidenstraße 42, 43, 44
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Hochschule & Museum
Entwurf 1874
Datierung 1875-1889
Umbau 1892, um 1905, 1909, 1913
Entwurf Tiede, August (Architekt)
Bauherr Preußischer Staat

Gegenüber dem Platz vor dem Neuen Tor, herausgehoben aus der umgebenden Mietshausbebauung, setzen drei naturwissenschaftliche Museums- und Institutsbauten von herausragender architekturhistorischer und baukünstlerischer Bedeutung einen eindrucksvollen stadträumlichen Akzent. Die im Zeitraum 1874-89 entstandene Gebäudegruppe Invalidenstraße 42-44, Landwirtschaftliche Hochschule, Museum für Naturkunde, Geologische Landesanstalt und Bergakademie (1) ist mit der Geschichte der Berliner Universität und der Entwicklung ihrer naturwissenschaftlichen Institute und deren wissenschaftlichen Sammlungen eng verbunden. Mit den umfangreichen Neubauvorhaben auf dem Gelände der ehemaligen Königlichen Eisengießerei " (...) sollten die Beziehungen der Studierenden zu den wissenschaftlichen Sammlungen der Bergakademie und der Landwirtschaftlichen Hochschule und ihre bequeme Teilnahme an diesen der Anwendung der Naturkunde gewidmeten Anstalten gesichert werden". (2)

Das Hauptwerk des seit 1867 im Ressort Museumsbauten der Ministerialbaukommission tätigen Architekten August Tiede zeigt ein Formenrepertoire in der Nachfolge Schinkels. Tiede hatte an der Bauakademie studiert und war später dort Professor. Dem Zeitgeschmack entsprechend verwendete er Formen der italienischen Renaissance. Mit der Realisierung der Gesamtanlage ergab sich nicht nur eine völlige Neuordnung des Geländes der ehemaligen Königlichen Eisengießerei, sondern es wurde auch ein wirksamer städtebaulicher Abschluss am Platz vor dem Neuen Tor geschaffen.

Die beeindruckende Monumentalität resultiert aus der symmetrischen Anlage des Naturkundemuseums als zurückliegendem Hauptgebäude mit Ehrenhof und den flankierenden Hochschulbauten. Grund- und Aufrisse aller Gebäude sind nach einem einheitlichen Prinzip gestaltet, das sich in der rhythmischen Reihung der Rundbögen und in differenzierten Maßverhältnissen ausdrückt.

Neben der Großform der Baukörper und ihrer Fassadengliederung trägt die Gestaltung der Innenräume wesentlich zur künstlerischen Gesamtwirkung bei. Namentlich die großen Lichthöfe mit zweigeschossigen umlaufenden Bogengalerien und die großzügige Anlage der Haupttreppen zeigen eine für alle Institute gemeinsam entwickelte architektonische Grundidee.


1) Vgl. BusB 1896, Bd. II, S. 282; o.V., Die Königliche geologische Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin, in: Zeitschrift für Bauwesen 32 (1882), Sp. 7-12, Sp.153-162, Taf. 7-14.

2) Vgl. Kleinwächter 1891, Sp. 1.

Literatur:

  • Topographie Mitte/Mitte, 2003 / Seite 629-633

Teilobjekt Landwirtschaftliche Hochschule

Teil-Nr. 09011177,T,001
Sachbegriff Hochschule
Datierung 1876-1880
Umbau 1906-1907
Umbau 1909
Entwurf Tiede, August (Architekt)
Entwurf Gerhardt, E.
Ausführung C. Burchardt (Baugeschäft)
Adressen Invalidenstraße 42

Parallel zu den Arbeiten an der Bergakademie erfolgte 1876-80 der Neubau für die Landwirtschaftliche Hochschule, Invalidenstraße 42, ebenfalls nach Plänen August Tiedes. Der Fassadenaufbau und die Gruppierung der Flügel um den glasüberdeckten Innenhof gleichen dem Gebäude der Bergakademie. Die innere Ausstattung überrascht mit einer vielfältigen und andersartigen Materialwahl. Die dreiarmige Haupttreppe besteht aus Marmor und Stuckmarmor, die Säulen aus rotem Granit. In die Terrazzofußböden sind farbige Mosaiken eingelegt. Die Konstruktion der Nebentreppen besteht aus einem raumgreifenden gusseisernen Strebewerk. Aus Quadern errichtete Kuppeln überwölben die Treppenhalle. Im Kuppelgewölbe eines Hörsaales entfaltet sich schirmartig eine Stuckdekoration. Die ursprünglichen Farbfassungen und Bemalungen sind unter späteren Anstrichen verborgen.

1906-09 entstand ein Erweiterungsbau für das physikalische und tierphysiologische Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule. Der Landbauinspektor im Ministerium der öffentlichen Arbeiten E. Gerhardt entwarf das Hörsaalgebäude mit zwei großen übereinander liegenden Hörsälen, Pfeilerfassade mit großflächiger Verglasung und einer vornehmen Haupttreppe. Die Auswertung von Erfahrungen beim Bau des physiologischen Institutes in Wien führte zur Übernahme von Formdetails im Sinne der Wiener Sezession und zur Anwendung einer modernen raumsparenden Baukonstruktion. Die Rabitzdecke ist "durch aufgelegte Stuckprofile dem Saalgrundriss entsprechend aufgeteilt, farbig abgetönt und durch Freihandmalerei geziert." (1) Sämtliche Wand- und Deckengliederungen, das Gestühl, die schmiedeeisernen Brüstungen sind original erhalten. Unter den späteren Anstrichen befindet sich die ursprüngliche Ausmalung. Die an den Hörsaaltrakt anschließenden Seiten- und Querflügel treten mit Zwerchgiebeln und einem Erker in Formen der deutschen Renaissance in Erscheinung.


(1) Vgl. o.V., Die Neubauten der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 31 (1911), S. 266.

Literatur:

  • Bau- und Kunstdenkmale Berlin I, Berlin 1983 / Seite ..
  • BusB II/III 1896 / Seite ..
  • BusB II/III 1896 / Seite 284
  • N.N./ Die Neubauten der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin in
    Zentralblatt der Bauverwaltung 31 (1911) / Seite 250-253, 265-268
  • Topographie Mitte/Mitte, 2003 / Seite 632

Teilobjekt Museum für Naturkunde

Teil-Nr. 09011177,T,002
Sachbegriff Museum
Datierung 1883-1889
Umbau 1915-1916
Entwurf Tiede, August (Architekt)
Ausführung Wessel (Baufirma)
Adressen Invalidenstraße 43

Das in den Jahren 1883-89 für die Aufnahme der naturkundlichen Sammlungen der Universität errichtete Museum für Naturkunde, Invalidenstraße 43, nimmt den weitaus größeren Grundstückteil ein und bildet das Kernstück der Anlage. Nach August Tiedes Entwurf sollte die Vorderfront mit den Nachbarbauten durch seitliche Hallen zu einem geschlossenen Ganzen verbunden werden, was aus Kostengründen nicht zur Ausführung kam. Die zum Vorplatz gerichtete Südfassade zeigt die gleiche Rundbogenarchitektur und Materialkombination wie die benachbarte Bergakademie und Landwirtschaftliche Hochschule - glatte Quaderflächen aus Brohler Tuffstein, Gesimse und bauplastischer Schmuck aus Rackwitzer und Alt-Warthauer Sandstein. Allein der höher geführte und mit einer Attika bekrönte Mittelbau ist durch eine Säulenordnung und reicheres plastisches Dekor in seiner Bedeutung hervorgehoben. Im zweiten Obergeschoss schmücken die Reliefbildnisse von Christian Gottfried Ehrenberg, Alexander von Humboldt und Christian Samuel Weiss die Wandfläche. Zu beiden Seiten flankieren die Gelehrtenstandbilder von Johannes Müller und Leopold von Buch das Hauptportal. Im Unterschied zur Schauseite erhielten sämtliche Hoffassaden eine einfache, jedoch sorgfältig gegliederte Ziegelarchitektur.

"Die innere Ausstattung der Räume ist ebenso die denkbar einfachste, um den Blick von den ausgestellten Gegenständen nicht abzulenken". (1) In dieser zeitgenössischen Bewertung klingt ein neues museales Prinzip an, welches das Museumsgut selbst zum bestimmenden Kriterium für das Raumprogramm und die Raumgestaltung erhebt. Das gewählte Raumsystem erlaubt eine übersichtliche Präsentation der Schausammlungen. Schlanke Rundstützen aus Eisen tragen die Quer- und Längsriegel einer neuartigen Deckenkonstruktion aus vorgefertigten Teilen. Stuckbekleidungen zieren die Säulenkapitelle und Trägerflansche, Gipsgusskappen die Deckenunterseiten. Schablonierte Bemalungen vervollständigen die dekorative Ausschmückung. Im Vordergebäude verbinden zwei kreuzgewölbte, steinerne Aufgänge aus belgischem Kalkstein die Geschossebenen. An den Durchdringungsstellen der Seiten- und Querflügel übernehmen außergewöhnlich breite eiserne Treppen mit Oberlicht diese Funktion.

Ein nördlicher Erweiterungsbau von 1915-16 schließt sich mit weiteren Sammlungsräumen an die bestehenden Flügel an und verknüpft das Raumgefüge mit dem 1909 fertig gestellten Erweiterungsbau der Landwirtschaftlichen Hochschule und den älteren Wohngebäuden um 1860 an der Habersaathstraße.


(1) Vgl. o.V., Das Museum für Naturkunde der Universität Berlin, in: Zeitschrift für Bauwesen 41 (1891), Sp. 5.

Literatur:

  • Bau- und Kunstdenkmale Berlin I, Berlin 1983 / Seite 344f.
  • BusB II/III 1896 / Seite 230
  • N.N.: Neubau des Museums für Naturkunde in Berlin, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 9 (1889) / Seite 483-484, 507-508
  • Kleinwächter, F.: Das Museum für Naturkunde der Universität Berlin, in: Zeitschrift für Bauwesen 41 (1891) / Seite Sp. 1-12
  • N.N.: Das Museum für Naturkunde in Berlin, in: Wiener Bauindustrie-Zeitung 7 (1889) / Seite 127
  • N.N.: Architekten-Verein zu Berlin (Exkursion zum Museum für Naturkunde in der Invalidenstrasse), in: Deutsche Bauzeitung 22 (1888) 87 / Seite 525, 527
  • Topographie Mitte/Mitte, 2003 / Seite 633
  • Lorenz, Werner; May, Roland; Staroste, Hubert: Ingenieurbauführer Berlin, Petersberg 2020 / Seite 110f.

Teilobjekt Geologische Landesanstalt und Bergakademie

Teil-Nr. 09011177,T,003
Sachbegriff Hochschule
Datierung 1875-1878
Umbau 1890-1892
Umbau 1913
Umbau 1928
Umbau um 1965
Entwurf Tiede, August (Architekt)
Entwurf Laske, Fritz (Baumeister)
Entwurf Gehm (Baumeister (?))
Ausführung F. Pumplun (Baugeschäft)
Ausführung Hochtief
Adressen Invalidenstraße 44

Die Geologische Landesanstalt und Bergakademie, Invalidenstraße 44, wurde als erster Bauteil 1875-78 fertig gestellt. Die Vierflügelanlage ist um einen zentralen, glasüberdeckten Innenhof mit Galerien und Säulenumgang angelegt. Der Eindruck einer Italienreise, die August Tiede 1859 unternahm, könnte eine Erklärung für das italienische Ambiente sein. Die Rundbogenarchitektur der Fassade wirkt weit in den Raum der Luisenstraße, bildet die Begrenzung des Platzes vor dem Neuen Tor und leitet zum Vorgarten des Naturkundemuseums über.

Gemäß seiner Bestimmung als Lehr- und Forschungsanstalt für das Bergwerkswesen und als Geologisches Landesmuseum wurde beim Bau der Akademie eine Vielzahl von erlesenen Natursteinmaterialien verwendet, die der Architekt ihrer natürlichen Farbwirkung entsprechend miteinander kombinierte. Für vornehme Abstufungen von Grau nutzte er Weiberner Tuff, Striegauer Granit, Niedermendinger Basaltlava und Vogelskauper Trachyt. Eingebunden in den hellen Ocker des Rackwitzer Sandsteins, setzen schwedischer Granit und Lahnmarmor "Schupbach schwarz" rote und schwarze Akzente. Die Materialfarben von Eisen und Bronze für Figuren und Kapitelle ergänzen die Palette. Am Osteingang waren ursprünglich zwei Figuren der so genannten "Florentinischen Hunde" aus der Königlichen Eisengießerei von Bildhauer Hopfgarten aufgestellt, von denen noch eine Figur existiert. Der Nordbau wurde 1913 für die Wohnung des Präsidenten und das Magazin der Geologischen Fachbibliothek errichtet. Nach Kriegsbeschädigung vereinfacht wieder hergestellt, waren um 1965 weitere Ausbesserungen an den Hauptfassaden notwendig, wobei anstelle von Tuffstein Cottaer Sandstein verwendet wurde.

Mit der Herrichtung des Gebäudes für das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen wurden die zwischenzeitlich vermauerten Arkaden der zweigeschossigen zentralen Halle wieder geöffnet und die erhaltenen Repräsentationsbereiche restauriert (Architekt Max Dudler, 1996-2000).

Literatur:

  • Bau- und Kunstdenkmale Berlin I, Berlin 1983 / Seite 344
  • BusB II/III 1896 / Seite 282
  • N.N.: Die Königliche Geologische Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin, in: Zeitschrift für Bauwesen 32 (1882) / Seite Sp. 7-12, 153-162
  • Topographie Mitte/Mitte, 2003 / Seite 631 f.

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Juliane Stamm
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