Denkmaldatenbank

Ensemble Charité

Obj.-Dok.-Nr. 09011079
Bezirk Mitte
Ortsteil Mitte
Adressen Charitéplatz 1, 2

Hannoversche Straße 11

Invalidenstraße 80, 86, 88, 90

Luisenstraße 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13A

Schumannstraße 22

Alexanderufer
Denkmalart Ensemble
Sachbegriff Krankenhaus & Bauwerksensemble

Die Charitéstraße führt zum Haupteingang des Krankenhausareals der Charité, Schumannstraße 20-21 und setzt sich als Erschließungsweg auf dem parkähnlichen Grundstück fort. Am historischen, seit dem frühen 18. Jahrhundert genutzten Standort zwischen Schumann-, Luisen-, Invalidenstraße und Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal entstand in den Jahren 1897-1917 eine neue planmäßig errichtete Anlage, in die bereits bestehende ältere Gebäude integriert wurden und die bis heute durch Neubauten ergänzt wird. (1) Durch die freie Anordnung der Baukörper ergeben sich vielfältige Raumbeziehungen unter Einbindung des umgebenden Gartenraumes.

Für den umfassenden Neubau der Charité am Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die alten Klinikgebäude des 18. und 19. Jahrhunderts weitgehend abgerissen, darunter die große Dreiflügelanlage der "Alten Charité", die 1785-1800 Karl von Gontard und Georg Christian Unger nach dem Abbruch des alten Pesthauses von 1710 erbaut hatten, (2) und die "Neue Charité", die 1831-34 nach Plänen von Ludwig Ferdinand Hesse errichtet worden war. Bis heute ist von der alten Charitéanlage als bedeutendstes Gebäude aus dem 19. Jahrhundert das so genannte Pockenhaus von 1836-37 erhalten. 1911-12 wurde zu der Anlage an der Invalidenstraße das Zahnärztliche Institut von Max Guth hinzugefügt. Über das Gelände der Charité verteilt stehen Standbilder oder Büsten verdienter Wissenschaftler, die hier gearbeitet haben. In der Nähe des Ausgangs Hannoversche Straße kann man noch ein Stück der Akzisemauer finden, die unmittelbar hinter der Charité die Stadtgrenze Berlins bildete.

Die Freiräume und Grünanlagen sind in der nahezu 300-jährigen Geschichte der Charité oftmals verändert worden. Zunächst dienten die zum Krankenhaus dazugehörigen umfangreichen Ländereien der Selbstversorgung und der Finanzierung des Krankenhauses. (3) Zwischen 1822 und 1845 entwarf Peter Joseph Lenné die drei wichtigsten Gartenanlagen der damaligen Charité und begleitete fachlich die Arbeit des Gartenkünstlers L. Eyserbeck für den Gartenhof der "Neuen Charité". Für Berlin und vermutlich auch für Deutschland stellten diese Anlagen erste Beispiele für die Bewältigung neuartiger Anforderungen an die Gartengestaltung dar. Nicht nur die Schönheit der Anlagen war das Ziel sondern auch ihre therapeutischen und psychologischen Wirkungen. (4) Die in landschaftlicher Form gestalteten Erholungsgärten waren mit reichhaltigem Blumen- und Strauchschmuck ausgestattet, verfügten über diverse schattige Ruheplätze und enthielten ein umfangreiches Wegenetz für die Bewegung der Kranken. (5) Der vollständige Neubau der Charité nach Plänen von Kurt Diestel war nur unter Aufgabe der bestehenden Grünanlagen möglich. Die verbleibenden Freiräume wurden unter seiner Leitung als großzügig wirkende Grünzüge gestaltet, mit hainartigen Baumpflanzungen, Solitärgehölzen und Strauchgruppen. Eine einfache Wegeführung und eine Vielzahl von Sitzplätzen boten trotz der stark eingeschränkten Fläche noch Möglichkeiten zum Aufenthalt im Freien. Lediglich im Bereich der 1911 fertig gestellten Nervenklinik gab es geschlossene Gartenanlagen, die auf die speziellen Therapieanforderungen abgestimmt waren. (6) Im Zweiten Weltkrieg wurden mit den Gebäuden auch die Grünanlagen erheblich geschädigt. Die Grundstruktur, Lage der Gebäude und Erschließung der Anlage ist zu einem Großteil erhalten, die historische Substanz der Grünanlagen jedoch weitgehend zerstört worden. Neben wenigen Altbäumen besteht teilweise noch die charakteristische Fassadenbegrünung mit wildem Wein aus den 1930er Jahren. Wenige Bereiche mit historischer Pflasterung sowie alte Klinkermauern und ein Gitterzaun an der Schumann- und Luisenstraße sind überkommen. (7)


1) Vgl. für die Geschichte der Charité: BusB 1896, Bd. II, S. 420-428; Esse 1850; Jaeckel 1963; Scheibe 1910; Grosser/Luther/Wirth 1985.

2) Friedrich Nicolai beschrieb die Charité im 18. Jahrhundert folgendermaßen: "Vom Unterbaume kommt man dicht an den Palisaden durch die Charitéstraße bis zum Charitéhause. Es liegt am äußersten nordwestlichen Ende Berlins. König Friedrich I. ließ hier 1710 ein Pesthaus bauen, als die Pest in der Mark zu wüten anfing. Als die Gefahr vorbei war, ward es zu einem Hospitale und Arbeitshause gewidmet. König Friedrich Wilhelm widmete es 1726 zu einem allgemeinen Krankenhaus und zugleich zu einer Schule für Ärzte und Wundärzte. Er ließ es 1727 ansehnlich erweitern, alle nötigen Wirtschaftsgebäude aufführen und schenkte demselben sehr ansehnliche Kapitalien." Vgl. Nicolai 1786, S. 91.

3) Detaillierte Beschreibung der landwirtschaftlich genutzten Gärten in: Gandert, Klaus-Dietrich, Gartenhistorische Untersuchung zur Charité, Berlin 1992, Gutachten im Auftrag der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, S.31ff. Zur städtebaulichen Entwicklung des Gebietes nördlich der Dorotheenstadt sowie zur Gründung der Friedrich-Wilhelm-Stadt seit 1830 siehe: Grosser/Luther/Wirth 1983; Luther/Wirth 1987.

4) Vgl. Gutachten Gandert 1992, S. 82.

5) Die Entwürfe Lennés und Eyserbecks sind detailliert beschrieben in : Gutachten Gandert 1992, S. 40-56.

6) Ebenda, S. 61ff.

7) Kossel, H., Außenanlagen der Charité/Bestandsaufnahme, im Auftrag der Senatsverwaltung für Bau-und Wohnugnswesen, Berlin 1993.

Literatur:

  • Wirth/ Luther/ Grosser: Zur Topographie und baulichen Entwicklung der Charité, in: Zeitschrift für die gesamte Hygiene 31 (1985) / Seite 15, (Repräsentative Literaturauswahl)
  • BusB II/III 1896 / Seite 420-428
  • Esse, C. H.: Geschichtliche Nachrichten über das Königliche Charité-Krankenhaus zu Berlin, 1850 / Seite 30
  • Topographie Mitte/Mitte, 2003 / Seite 606 ff.
  • Scheibe, O.: 200 Jahre Charité-Krankenhaus zu Berlin / Seite .
  • Wille, F. C.: 200 Jahre "Entbindungsanstalt der Charité", zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Geburtshilfe in Berlin, 1927 / Seite .

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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